PREDESTINATION

Aufgefallen sind sie erstmals im Sommer 2010, als bei uns, im hiesigen Heimkino, ihr zweiter Spielfilm herauskam – nach ihrem unbekannt gebliebenen Debütfilm“ Undead“ von 2003: „Daybreakers“ (s. Heimkino-KRITIK). Die Rede ist von THE SPIERIG BROTHERS, das sind die australischen Zwillingsbrüder Michael und Peter Spierig, die am 29. April 1976 in der niedersächsischen Stadt Buchholz in der Nordheide (etwa 20 Kilometer südlich von Hamburg) geboren wurden. Als sie vier Jahre alt waren, beschlossen die Eltern nach Australien auszuwandern. Aufgewachsen sind die eineiigen Brüder in Sydney. Fingen schon im frühen Alter von 12 an, Kurzfilme zu drehen. Schufen später erfolgreich TV-Werbespots und drehten schließlich im Jahr 2000 ihren letzten Kurzfilm, The Big Picture“, mit dem sie auf mehreren internationalen Festivals „auffielen“ und für den sie zahlreiche Auszeichnungen bekamen.

Ihr neues Werk ist – sozusagen – der kleine, faszinierende Film-Bruder der Steven Spielberg-Vision „Minority Report“ von 2002 (s. Kino-KRITIK). Dieser Fiction-Thriller, der auf einer gleichnamigen Kurzgeschichte des amerikanischen Schriftstellers Philip K. Dick (von 1956) basiert, handelte von der wissenschaftlich-polizeilichen Möglichkeit, im Jahr 2054 in den USA Morde bereits im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern. Die Hauptrolle spielte Tom Cruise. In einer ähnlichen Ausgangssituation befinden wir uns heute:

PREDESTINATION“ von Michael und Peter Spierig (Co-Produzenten, B+R, basierend auf der Kurzgeschichte „All You Zombies“ von Robert A. Heinlein/1959; Australien 2013; K: Ben Nott; M: Peter Spierig; 97 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 05.02.2015).

ROBERT A. HEINLEIN (7. Juli 1907 – 9. Mai 1988) war ein amerikanischer Science-Fiction-Schriftsteller. Seine fantastischen Romane waren einige Male Vorlage für Hollywoodfilme („Destination Moon – Endstation Mond“/1950; „Starship Troopers“/1997). 1959 veröffentlichte er die an einem Tag geschriebene, 13 Seiten umfassende Kurzgeschichte „All You Zombies“, die 1971 hierzulande unter dem Titel „Entführung in die Zukunft“ erschien. Daraus entwickelten die Spierig-Brothers ihre aufregende Geschichte und ihren großartigen Film. Seit Erfindung der Zeitreise im Jahr 1981 – über die Apparatur USFF, einer in einem Geigenkasten versteckten Zeitmaschine „für den Feld-Einsatz“ – ist in den USA die geheime staatliche Organisation „Space Org.“ aktiv. Mit einem Rekrutierungsbüro für Menschen „mit besonderen Fähigkeiten“. Um hier die Prüfungen zu bestehen und angenommen zu werden, muss man physisch wie mental 100% fit sein. Und nicht nur vorübergehend. Sondern ständig. Denn die Aufgabe lautet: Zurück in die Vergangenheit mittels anstrengenden und mit möglichen Gesundheitsfolgen (wie Psychosen, Demenz…) einhergehenden Zeit-Sprüngen. Um Terroranschläge zu verhindern. Und damit/dadurch die Zukunft zu beeinflussen. Derzeit existieren elf Zeit-Agenten, die für „Space Org“. unterwegs sind. ETHAN HAWKE („Training Day“; „Boyhood“) hat als ein solch namenloser „Reisender“ versagt. Konnte einen Verbrecher namens „Fizzle Bomber“ Mitte der 1970er Jahre nicht ausschalten, wurde bei der Aktion dabei schwer verletzt und – zurück – wieder hergestellt. Mit neuem Gesicht. Jetzt ist er wieder los, befindet sich im New York des Jahres 1963, um die Mission endgültig zu erledigen. Vorübergehend arbeitet er als Barkeeper. Als er eines Abends einen Gast (SARAH SNOOK) bedient und näher kennenlernt, beginnt die Predestination. Die Vorbestimmung. Denn die Lebensgeschichte, die dieser Bar-Besucher, der sich „The Unmarried Mother“ nennt, ihm ausgiebig erzählt, soll sich bald schon mit seiner Existenz verbinden. Auf abenteuerliche wie schmerzhafte Weise.

Ich vermag nicht zu sagen, dass ich tatsächlich alles verstanden habe, was hier – mit Rückblenden und Jahrzehnte-Sprüngen (zwischen 1945, 1963, den 1970ern, bis zum 13. August 1985) – komplett zusammenhängt, aber darin besteht hier auch der herrlich knifflige wie charmant-exzentrische besondere Reiz. Deshalb will ich auch inhaltlich nicht mehr äußern. Sondern gleich das Fazit ziehen: über einen außergewöhnlichen, exzellenten Fiction-Noir-Thriller, dessen Dichte, Präsenz und Atmosphäre ebenso verblüffend wie paradox wie hochspannend ist. Auch über die ständig anwesende, stimmig dazugehörende Musik (von Peter Spierig), die in ihrer stimmungsvollen Exotik stark an die Genre-Anfänge eines John Carpenter erinnert, der ja auch damals für seine Knaller „Assault, „Halloween“ oder „Die Klapperschlange“ elektronische Gitarren-Klänge vom Kitzel-Feinsten zündete.

„Predestination“, der gut und gern auch „Identitätswechsel“ heißen könnte, liefert eine „passende“ Schock-Lösung. Die so etwas von klasse pointiert bebt. Und eigene Vermutungen wunderbar ad absurdum führt. Volltreffer-Verblüffend. Und noch lange nachhallt. Gedanklich. Phantastisch prickelnd. Und zu dem einmal – wie nebenbei durchhauchten Motto führt: ES IST NIE ZU SPÄT ZU WERDEN, WER MAN WERDEN SOLLTE.

Was für ein imposantes Sci-Fi-Thriller-B-Meisterwerk. Inzwischen für das hiesige Kino, leider auch für das einst so innovative Programm- bzw. Arthouse-Kino, offensichtlich viel zu „anstrengend“. Kompliziert. Nicht geschäftsnah-glatt genug. Angeblich. Wahrscheinlich. Warum eigentlich?

Dadurch: Das HEIMKINO hierzulande wird immer interessanter. Von Woche zu Woche besser. Alle (Be-)Achtung! Für jetzt „PREDESTINATION“!

Anbieter: „Tiberius Film“

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