PÖNIS BLOG 296 (12.07.24): rbb; ISABELLE HUPPERT; EASY RIDER-HIT; MINIONS 4; „TO THE MOON“; „AXEL. F.“; JOS STELLING; Soft-SONG

Unter dem Titel  rbb QUEER  präsentiert das rbb-Fernsehen seit 2018 eine eigene Filmreihe jenseits der Hetero-Norm: beeindruckendes Kino mit berührenden Liebesgeschichten, überzeugenden Coming-of-Age-Filmen, verbunden mit atmosphärischen Außenseiter:Innen-Porträts. Vom 18. Juli bis zum 29. August 2024 laufen donnerstags ab 23 Uhr sieben queere Filme,  fünf davon als deutsche Erstausstrahlung. Anschließend sind alle Filme für 30 Tage in der ARD-Mediathek zu sehen.

1.)      HERZ. CHARAKTER. Wunderbar. UNNAHBAR. Titel = „MADAME SIDONIE IN JAPAN“ von ÉLISE GIRARD  (Co-B + R; Fr/D/Schweiz, Japan 2022; Co-B: Maud Ameline; Sophie Filliéres; K: Céline Bozon; M: Gérard Massini; 95 Minuten; deutscher Kino-Start: 11.07.2024). Ich bewundere SIE. ISABELLE HUPPERT. SIE ist eine Ausnahmeerscheinung. Nicht nur auf der Leinwand, auch im realen Leben – bei der Berlinale – wirkt die 1953 in Paris geborene Künstlerin distanziert. Eigentlich unerreichbar. Isabelle Huppert umgibt eine Aura, die für sie zum Karriere-Sprungbrett angelegt ist. „Motto“: Zerbrechlich. Unbedingt willensstark. Dabei: Voller Rätsel. Ihr maskenhaftes Mienenspiel („Die Spitzenklöpplerin“), das zugleich grenzenlose Verzweiflung, Trauer und feminine Kraft vermittelt, ist zu ihrem faszinierenden Markenzeichen geworden. ISABELLE HUPPERT, die vom französischen Kino gerne auch als „die kühle Intellektuelle“ benannt wird. „Man fühlt kaum je mit ihr, aber sie lässt einen nur schwer los“,  lobte sie „unschlagbar“ die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Ihre Auszeichnungen füllen Bände. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ im Jahr 2011 nannte sie einen weiteren Grund für ihre „speziellen Charaktere“ auf der Leinwand und auf der Bühne: In ihren komplexen und eigensinnigen Charakteren verstecke sich Kraft, Verzweiflung, Farbe und Verderben. Und etwas von ihrer Aura.

Mit ihrem neusten Filmwerk trifft sie wieder ins Volle.

Japan, heute. Sidonie Perceval (ISABELLE HUPPERT), eine hochgeschätzte französische Schriftstellerin, trauert noch immer um ihren verstorbenen Ehemann. Anlässlich der Wiederveröffentlichung ihres ersten Buches (vor vielen Jahren) wird sie nach Japan eingeladen, wo sie von ihrem dortigen Verleger empfangen wird. Er nimmt sie mit nach Kyoto, in die Stadt der Schreine und Tempel. Während die beiden gemeinsam durch die japanische Frühlingsblüte fahren, beginnt Madame langsam (und selber erstaunt), sich gegenüber Kenzo (TSUYOSHI IHARA) zu öffnen. Doch der Geist ihres Ehemannes (AUGUST DIEHL) folgt Sidonie. Erst wenn sie in der Lage ist, ihn „endgültig“ gehen zu lassen, wird sie wieder bereit für die Liebe sein.

„Mit dieser Filmreise wollte ich über die Trauer sprechen, aber auch über die Wiedergeburt, über die Liebe, die zurückkommt, wenn man sie nicht mehr erwartet“ (Regisseurin Élise Girard).

Sich auf diesen Film und seine drei berührenden Interpreten einzulassen, ist ein herrlich empathischer Gewinn (= 4 1/2 PÖNIs).

2.)     EASY-LEGENDE. Unsterblich. Titel = „BORN TO BE WILD – EINE BAND NAMENS STEPPENWOLF“ von Oliver Schwehm (B + R; USA 1968 /  2020-2023; Kreativproduzentin & Koautorin: Catherine Bainbridge; K: Gabi Kislat; Sprecher dt. Voiceover Nick St. Nicholas: Helge Schneider; M: Benoit Charest; 97 Minuten; deutscher Kino-Start: 04.07.2024). STEPPENWOLF. Gut 55 Jahre ist es her, dass der Kult-Rocksong „BORN TO BE WILD“ durch die Musikwelt flog. An der Grenze zwischen Mainstream und psychedelischem Underground eröffnete dieser Song den Dennis Hopper-/Peter Fonda-Kult-Film „EASY RIDER“  (s. Kino-KRITIK /5 PÖNIs)  und wurde zur Hymne einer ganzen Generation. Was aber nur wenige über die Band hinter diesem Song wissen, ist ihre „sonderbare“ Geschichte, die vom kriegsgebeutelten Deutschland über Toronto/Kanada nach Los Angeles führt. Gegründet 1968 von Joachim-Fritz Krauledat, besser bekannt als John Kay, wurde die Band Steppenwolf – benannt nach Hermann Hesses gleichnamigen Buch – zu einer der ikonischsten und zugleich enigmatischsten Bands in der Geschichte der Rockmusik. Dieser neue, harte Sound von Steppenwolf war ein Stich in das damalige Herz des „Summer of Love“ und beendete das Hippie-Zeitalter. Es ist kein Zufall, dass sie die allererste Band war, die das Wort „Heavy Metal“ in ihren Texten verwendete.

BORN TO BE WILD war eines der elf Tracks für die von Gabriel Mekler produzierte erste LP der Band unter dem Titel STEPPENWOLF. Sie entstand im September 1967 mit einer Aufnahmezeit von vier Tagen in  einem zum Tonstudio umgebauten Restaurant auf einem Acht-Spur-Tonbandgerät.

Es existieren mindestens 66 Coverversionen. Darunter befindet sich ein Instrumental von der Ventures (Januar 1969), vokal folgten insbesondere Wilson Pickett (Februar 1969), Slade (März 1972),  The Cult (April 1987), Kim Wilde (Oktober 2002), Status Quo (November 2003) oder Kermit der Frosch (Ozzy Osbourne)  und  Miss Piggy/LP Kermit Unpigged/September 1994). 

„Nach über fünf Jahren Arbeit an diesem Film freue ich mich, dass BORN TO BE WILD das Kino erreicht hat. Dieser Film musste einfach gemacht werden, er gehört zu der seltenen Art von Geschichten, bei der die Realität die Fiktion übertrifft“ …..   Mit dem Film entdecken wir auch die Musik von Steppenwolf wieder.    …   Mehr als ein Dutzend Original-Steppenwolf-Songs sind zu hören. Und als besonderes, exklusives Extra: das erste, noch nie veröffentlichte Demo-Band von ‚Born to Be Wild'“  (Director’s Note Oliver Schwehm).

Also nochmal rauf aufs Motorrad und ab mit der Rock-Post (= 4 PÖNIs).

3.)     KUNTERBUNT. KAUDERWELSCH. Titel = „ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH 4“ von Chris Renaud (USA 2022-2024; Co-R.: Patrick Delage; B: Mike White; Ken Daurio; Produktion: Christopher Meledandri; Brett Hoffman; 94 Minuten; deutscher Kino-Start: 11.07.24). Dreimal waren die putzig-kessen MINIONS bereits zugange. Und außerordentlich erfolgreich. Und, natürlich, beliebt. Was es alles mit diesen gelb-figürlichen, tollpatschigen Anarcho-Typchen-Schreihälse auf sich hat, diesbezüglich empfehle ich meinen ausführlichen 3-er-Kritiktext (s. Kino-KRITIK /3 1/2 PÖNIs). Zu erwähnen ist auch, dass diese kleinen Eierköpfe zwischendurch, im Juni 2015, auch ihren ersten eigenen Spielfilm namens „Minions“ präsentierten: (s. Kino-KRITIK /3 PÖNIs), der sogleich SO ERFOLGREICH war, auf dass im Juni 2022 das zweite eigene Minions-Eiergewächs im Lichtspielhaus unter dem Titel „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ zum komischen Auftauen abhottete (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs). Auch hier war viel Publikum bereit, DAS mitzumögen.

Nun also Kapitel 4. Mit viel Gebrülle, Gewusel plus Non-stop-Action und subversivem Humor. Ein ziemliches Getue. Als ’ne Fortsetzung von Teil 3. Der viel mehr zu mögen war. (Ach so, sagte ich ja schon). Worum es geht?: Na ja, vom – ehemaligen – Superschurken GRU (deutsche Stimme: OLIVER ROHRBECK) zum Vorstadt-Familienvater? (So heißt es auf dem Pressepapier). Kann passieren, wenn man beim Klassentreffen (= wenig lustig) auf seinen Erzfeind trifft (ach so), die Dinge eskalieren (aha) und man untertauchen muss (gut). Dann wird Baby Gru Junior entführt (Ach-herrjeh), und eine Rettungsaktion (na ja) beginnt. Mit dabei, klar doch, chaotische Minions, die ein Superserum eingenommen haben, was sie zu besonderen Fähigkeiten führt (oh je). Und-so-weiter – und-so-fort. Gru ist mittlerweile beweibt, mit der aktiven Frau Luca (MARTINA HILL), und weiß auch mit seinen drei neckischen Töchtern Margo, Edith und Agnes umzugehen (gähn). Habe einfach keine weitere Lust, von diesem vierten US-Kasperle-Radau zu berichten. Hat mir einfach-unverbesserlich-wenig gefallen (= 2 PÖNIs).

4.)     FLOTTES Kintopp-UNTERHALTUNGSPROGRAMM. Titel = „TO THE MOON“ von Greg Berlanti (USA 2022; B: Rose Gilroy; Story von Bill Kirstein, Keenan Flynn; K: Dariusz; M: Daniel Pemberton; 132 Minuten; deutscher Kino-Start: 11.07.2024). Amis und Russen. Mögen sich nicht. Wir befinden uns in den Sechzigern des vorigen Jahrhunderts, und es geht um den – ebenso amtlichen wie politischen wie nervösen Wettlauf ins All. WER landet als erster „öffentlich“ auf dem Mond? Ist „besser“ als der „Gegner“? Und vermag das öffentliche Image der NASA zu verbessern?

Ergebnis – Das-Hier ist ein mit listiger Spannung, zünftigem Humor und mit knackigem Komödien-Trubel versehener, ausgestatteter Tohuwabohu-Spaß. Mit der pikanten SCARLETT JOHANSSON als  – sehr amüsante – Marketing-Wunderwaffe (Kelly Jones) und dem „bemühten“ Raketenstart-Direktor Cole Davis (CHANNING TATUM) in den Hauptparts. Vor dem Hintergrund des historischen Ereignisses der Apollo 11-Mondlandung treffen scharfsinnige Pointen und – mitunter vorhersehbare – fetzige Emotionsbewegungen aufeinander. Als das Weiße Haus die Mission als ZU-Wichtig-zum-Scheitern erklärt, bekommt die eifrige Kelly Jones die heimlich-offizielle Anweisung, eine Fake-Mondlandung als Backup zu inszenieren. Nun wird’s urig. Und der eigentliche Countdown kommt ins Schwitzen….

Auch, weil der immer beeindruckende Moe Berkus auf- beziehungsweise dazwischentritt, den wir als WOODY HARRELSON kennen, schätzen, im Lichtspielhaus gerne mit-eingemeinden. Will sagen, als krähiger, also als begriffsstutziger Regierungsbeamter, wie hier, ist er immer ein lachhafter Zuhörgewinn; übrigens ebenso wie der hier ziemlich fehlgeleitete Raumfahrt-FAKE-Regisseur Lance Vespertine, dessen Herumgefasel, Gebrabbel – aktiviert vom furiosen Comedien-Star JIM RASH – prima nervt.

Typisches SCREWBALL-Komödien-Gemenge mit 60er-Jahre Geruch. Allerdings auch  – mit bisweilen etwas zu langem Atmo- Amüsemant (= 3 1/2 PÖNIs).

5.)     YOUNG-OLDIE. Titel = „BEVERLY HILLS COP: AXEL F.“ von Mark Molloy (USA 2022; B: Tom Gormican; Will Beall; Kevin Etten; basierend auf Figuren von Danilo Bach und Daniel Petrie, Jr. ; Produktion: Jerry Bruckheimer; Eddie Murphy; K: Blake Hooks; M: Lorne Balfe; 146 Minuten; deutscher HEIMKINO-Netflix-Start: 03.07.24). Geboren ist er am 3. April 1961 in New York. Bekannt wurde er als Schauspieler, Stand-up-Comedian und Sänger. Beliebt ist er auch für seine schnelle Sprechweise. In den Achtzigern (präzise: in der Kino-BRD ab 3. April 1985) leistete er zünftigen Polizeidienst ab mit der erfolgreichen Action-Komödie „Beverly Hills Cop – Ich lös‘ den Fall auf jeden Fall“. Ihr folgten zwei Fortsetzungen: 1987 /s. Kino-KRITIK /3 PÖNIs) und 1994. Heute ist er mit schmuckem, dynamischem Aussehen versehen. Ausgestattet. Sieht immer wieder young-flott aus.

Fürs Kino hat es heuer nicht gereicht. „Netflix“ jagt ihn seit dem 3. Juli durch die heimische Krawall-Szenerie. IHN = EDDIE MURPHY, dem wir nun erneut als Detective Axel Foley begegnen.  Der in Detroit lebt, immer noch bei der Polizei ackert und zurück-düst nach Beverly Hills. Dort ist ein guter Freund ermordet worden, außerdem will er endlich mit seiner dort lebenden erwachsenen Tochter „Frieden“ schließen („Ich bin erst so lange ein Vater, wie du eine Tochter bist“). Und dann wird viel gequatscht, fauchen ironische Sprüche hin und her, während (viel bekannte) Musik den Rüpel-Sound plärrt. Wie überhaupt  – wenig Neues an der Baller-Front. Während an der Dienst-Front immerhin Promi-Kollege KAVIN BACON korrupt stänkert. Und TAYLOUR PAIGE für den töchterlichen Generationen-Konflikt sorgt.

Alles gilt locker, also kann man augenmäßig unterhaltend blank ziehen. Zum aufregenden Beispiel, zum Beispiel, wenn eine rasante Helikopter-Action annonciert ist. Sieht – aus dem heimischen Sessel – dufte aus. Wie überhaupt, man ahnt was passiert, weil man weiß, wie alles voran zieht. Im Übrigen ist es gut, wenn man mit 63 – und als Zehnfach-Vater – soooo wunderbar geeicht noch herumtoben darf wie olle Eddie. Während seine deutsche Stimme weiterhin von DENNIS SCHMIDT-FOß posaunt wird (= 3 PÖNIs).

6.)     IHR NAME WAR NATASCHA. Titel = „NATASCHAS TANZ“ von JOS STELLING (Co-B + R; Niederlande/D 2022; englisch-niederländisch-russische OF mit deutschen UT; Co-B: Bert Rijkelijkhuizen; K: Goert Giltay; Sound Design: Jaim Sahuleka; 101 Minuten; deutschen Kino-Start: 11.07.24). Mit mehreren Filmen ist mir der am 16. Juli 1945 in Utrecht als neuntes Kind eines Konditormeisters geborene JOS STELLING über den Filmweg gelaufen. Darunter: „DER WEICHENSTELLER“ (1987 /s. Kino-KRITIK /4 PÖNIS)  sowie  „DAS MÄDCHEN UND DER TOD“ (2013 / s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs). Große Eindrücke, beeindruckende Erinnerungen. Und nun  – sein neuestes Werk: „NATASCHAS TANZ“.

Der kleine Daantje (BRAM REURINK) lebt in seiner eigenen Welt, er spricht kaum und träumt sich durch den Tag. Um ihn zu trösten, erzählt ihm seine Mutter (HADEWYCH MINIS) von einem Mädchen, das auf ihn wartet und wunderschön tanzen kann. Viele Jahre später, nachdem seine Eltern bei einem Unfall gestorben sind, lebt Daantje (WILLEM VOOGD) auf der Straße. Eines Tages trifft auf die Ex-Ballerina Natascha, die mit Männern eigentlich nichts mehr zu tun haben möchte. Doch als Natascha beschließt, an den Ort ihrer Jugend zurückzukehren  – die Datscha ihrer Großmutter, fernab der Zivilisation – geht Daantje einfach mit. Mit „Nataschas Tanz“ kehrt JOS STELLING, der Maestro des wortlosen Kinos, nach über zehn  Jahren mit einem neuen Film auf die Leinwand zurück. Mit atemberaubenden Schwarzweiß-Bildern erzählt er die berührende Liebesgeschichte zwischen zwei Außenseiter:Innen , dem Obdachlosen Daantje und der Ex-Tänzerin Natascha. Aus einem Mosaik aus wundersamen Ereignissen entwickelt der niederländische Künstler einen poetischen Film über den Sinn und über „das Gegenteil“ des Lebens. Ein Poem, das das Herz schmückt (= 4 1/2 PÖNIs).

7.)     Soft-SONG: Es war ein Stress-Programm  –  Fußball-EM, Kinofilme, Heimkino-Streifen. Zwischendurch viele Radio-Lieder. Wie SEALED WITH A KISS. Das ist ein Popsong-Leckerbissen mit viel Gefühl. Ihn schrieben Peter Udell und Gary Geld, und erstmals wurde er 1960 veröffentlicht. Insbesondere die Versionen von BRIAN HYLAND (1962) und JASON DONOVAN (1989) wurden zu internationalen Chart-Erfolgen. Insgesamt wurde das Lied von mehreren Dutzend Künstlern professionell aufgenommen. Das von Brian Hyland steht in dieser Woche an der PÖNI-Spitze:

Wünsche gute Zeiten

PÖNI Pönack

kontakt@poenack.de

 

 

 

 

 

 

 

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