PÖNIs BLOG (233): „KLONDIKE“; SAM MENDES; „ROTER HIMMEL“; L O R I O T; CRONENBERG Junior; TV-TIPPs; SHANIA TWAIN

0.)    Familiendrama und Antikriegsfilm: 3sat zeigt an diesem SAMSTAG, 22. April ab  22.50 Uhr im Rahmen einer Free-TV-Premiere anlässlich des Filmfestivals „go East“ (26. April bis 2. Mai 2003) den ukrainisch-türkischen Spielfilm „KLONDIKE“ von der ukrainischen Regisseurin Maryna Er Gorbach. In der 3satMEDIATHEK steht der Film bis zum 22. Mai 2023 zum Abruf bereit. „KLONDIKE“ erzählt die Geschichte von Irka (OXANA CHERKASHYNA) und Tolik (SERGIY SHADRIN), die sich mit den üblichen Gedanken werdender Eltern befassen. Doch gleichzeitig werden sie Zeugen, wie sich der Konflikt zwischen  separatistischen Milizen, die von Russland unterstützt werden, und der ukrainischen Armee zunehmend verschärft. Während eines Angriffs verlieren sie die Wohnzimmerwand ihres Hauses. Fortan leben sie mit einem Blick in die offene ukrainische Landschaft, in der unmittelbaren vor ihren Augen Unvorstellbares geschieht. Tolik würde die Gegend am liebsten verlassen, doch Irka will bleiben. Im Januar 2022 hatte der Film Premiere beim Sundance Film Festival und gewann dort den Regiepreis. Auf der Berlinale wurde der Film mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet und belegte beim Panorama Publikumspreis den zweiten Platz. Beim Friedenspreis des Deutschen Films – Die Brücke gab es einen Spezialpreis.

1.)    DIE FAMILIE VOM KINO. Titel = „EMPIRE OF LIGHT“ von SAM MENDES (B + Co-Produzent + R; GB/USA 2022; K: Roger Deakens; M: Trent Reznor; Atticus Ross; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.04.2023). Mit zwei formidablen „Oscar“-Künstlern an der Rampe bewegt sich dieses filmische Drama exorbitant: SAM MENDES und OLIVIA COLMAN. Mendes UND: „American Beauty“ (1999, 5 PÖNIs); „Road to Perdition“ (2002/s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs); „James Bond 007: Skyfall“ (2012/s. Kino-KRITIK /5 PÖNIs); „1917“ (2019/s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs). Olivia Colman UND: „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ (2019/s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs); „Frau im Dunkeln“ (2020/s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs). (Für ihre Rolle als Elisabeth II. in der Serie „The Crown“ erhielt sie 2021 einen Emmy als beste Hauptdarstellerin). 

Eigenes: Das Berlin-Charlottenburger „Kant – Kino“. War in den 1950er Jahren ein beliebtes regionales Lichtspielhaus. Besetzt mit einem überwiegend weiblichen Team, das sich öfters – berichtete meine Mutter – mit dem männlichen Firmen-Chef fetzte. Weil DER ein Dino-Ferkel war. Heute längst im Knast sitzen würde als „Harvey Weinstein“- Typ. Zum Film: Der dauert, bis er seine Erzählung rafft. Der Regisseur Mendes hat den Autoren Sam nicht im Griff. Hält sich mit zu vielen Begegnungen und „Belästigungen“, also Nebenschienen, auf, bevor – endlich – die wieder einmal sensationelle OLIVIA COLMAN das dramaturgische Heft in ihre Hände bekommt. In dieser südenglischen Kleinstadt am Meer. In den Anfangs-1980er-Britannien-Jahren. Als Kinofoyer-Lenkerin-Hilary-Leiterin, die mit ihrer Einsamkeit ebenso zu tun hat wie mit ihrer Krankheit. Und loslegt. Auch als sexuelle Erfüllungsgehilfin, um den Kinotempel-Boss Mr. Ellis (COLIN FIRTH) bei Laune zu halten. Damals, als dieser die täglichen Gesellschaftsregeln „freundschaftlich“ bestimmte.

Das EMPIRE ist ein zwar in die Jahre gekommener, aber immer noch Ausstattungs-prächtiger, am Meer befindlicher südenglischer Filmpalast, in dem die Rollen, sprich Positionen, fest verteilt sind. Der Kinobesucherstrom ist überschaubar. Das Kinointeresse schwächelt. Für die Mitarbeiter/Innen, eine bunt zusammengewürfelte Truppe/Gruppe skurriler wie „exotischer“ Typen, ist „Empire“ originelle Arbeitsstätte und unterhaltsame Familie zugleich. So auch für Hilary Small, die nach längerer Abwesenheit dorthin zurückgekehrt ist. Hilary hat sich verändert; sie wirkt abwesend und erheblich zurückgenommener als früher. Geht routiniert ihrer Arbeit nach und erträgt stoisch die Übergriffigkeiten des Tempelherrn. Als Stephen (MICHAEL WARD), ein charismatischer, eifriger  junger Afroeuropäer, im Empire anfängt, entsteht zwischen Hilary und Stephen eine spontane Zuneigung. Die beiden Außenseiter finden einander den Halt, nach dem sie offensichtlich lange gesucht haben. Doch nach und nach werden sie von der Wirklichkeit eingeholt, sowohl von rassistischen Attacken gegen Stephen außerhalb des Kinos ebenso wie von übellaunigen Begebenheiten innerhalb des Hauses. Können sich dabei – dadurch gemeinsame Zukunftspläne überhaupt entwickeln?

Bindungen. Wie entstehen sie? Begegnungen. Wie funktionieren sie? Freundschaft. Wie kommt sie zustande. Liebe. Wann ist sie „möglich“? Wie „machbar“? Sam Mendes konzentriert sich darauf, was Menschen eigentlich dazu beflügelt, aufeinander zu achten, aufzupassen, sich für diese (positiven) oder jene (ablehnenden) Gefühle zu entscheiden? Der zweifache „Oscar“-Kamera-Preisträger ROGER DEAKENS zelebriert beeindruckend-erzählerische Bilder, um von diesem Leben zu erzählen, das Sam Mendes damals, als junger Mann, erfühlte. Mit Kino und Bildern. Kein Meisterwerk, vor allem aber dank der großartigen OLIVIA COLMAN sehr-pikant-sehenswert (= 4 PÖNIs).

2.)    SOMMEREI. Titel = „ROTER HIMMEL“ von CHRISTIAN PETZOLD (B + R; D 2022; K: Hans Fromm; 103 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.04.2023). Anfangs war „Yella“ (2007/s. Kino-KRITIK /1), und der Film war schrecklich. Dann aber folgten Stimmungsbeweger wie „Jerichow“ (2009/s. Kino-KRITIK /3 PÖNIs); „Barbara“ (2012/s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs); „Transit“ (2018/s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs) und „Undine“ (2020/s. Kino-KRITIK /BLOG 89 /4 PÖNIs). Seit „Transit“ ist – die am 23. Februar 1995 in Mainz geborene – PAULA BEER – entdeckt. Für ihre darstellerische Leistung in „Undine“ wurde sie 2020 mit dem Silbernen Bären der Berlinale sowie mit dem Europäischen Filmpreis entdeckt. Und „ROTER HIMMEL“, der leichte 18. Spielfilm von Petzold,  bekam auf der 73. Berlinale, wo er im Wettbewerb lief, den „Großen Preis der Jury“.

Zwei Freunde. Leon (THOMAS SCHUBERT) und Felix (LANGSTON UIBEL). Verbringen gemeinsamen Juni-Urlaub an der Ostsee. In der Nähe von Ahrenshoop nisten sie sich im Ferienhaus der Felix-Familie ein. Wollen dort künstlerisch tätig sein. Leon beabsichtigt, sein zweites Buch fertigzustellen, und Felix will seine Bewerbungsmappe mit Fotos für die Kunsthochschule zum Thema „Wasser“ aufbereiten. Kreativer Stress ist annonciert. Leon wird bald Besuch kriegen von seinem Verleger Helmut (MATTHIAS BRANDT), ist demzufolge nervös; Felix urlaubert locker. Nadja  (PAULA BEER) taucht auf, eine attraktive junge Frau, in deren Begleitung Rettungsschwimmer Devid (ENNO TREBS) herum-scharwenzelt. Nachts ist von nebenan deren schalliges Bettgeflüster zu hören. Was den eifersüchtigen Leon empfindlich stört. Dann aber interessiert sich Nadja für Leon. Der wirkt irritiert-glücklich.

Sommer. An der See. Mit vielen Empfindungen. Und Reaktionen. Mit drei „normalen“ Beteiligten und einem starken Neurotiker. Der, mal mehr, mal weniger, über seine innerlichen Hardcore-Gefühle stolpert. Die Tage verlaufen so. Wie halt so städtische Abseitstage fließen.     Dann brennt es. Das Feuer kommt immer näher.

Es sind schwebende, wie aus der Welt gefallene Tage. Und so wie ein Funke genügt, um die ausgetrockneten Wälder um sie herum in Brand zu setzen, geschieht es den jungen Menschen  mit ihren Gefühle und Hoffnungen, mit der Liebe. Es gibt das Glück und die Sehnsucht, aber auch Eifersucht, Empfindlichkeiten, Spannungen. Dann schlagen die Flammen über“, lenkt der Anfangstext im Presseheft. „Verleger“ Matthias Brandt wirkt überflüssig; „besitzt“ natürlich eine typische Film-deutsche Krankheit; Thomas Schubert mimt den „Ich weiß eigentlich nicht so recht , aber möchte-schon….“-Leon; ein Heine-Gedicht wird zur intellektuellen Tisch-Stärkung benötigt, und das gleich zweimal; und der Rest sind halt so verschiedenartige Scharmützel-Wehwehchen. Mit dezenten Ausbrüchen. Die am besten, liebevollsten und faszinierendsten die wunderbare PAULA BEER füllt. Und dann ist ja da noch das Feuer, das Opfer fordert. Na ja. Wie gesagt: Wenn PAULA BEER annonciert ist, darf man sich im Lichtspielhaus alles antun (= 3 1/2 PÖNIs).

3.)    L O R I O T  und seine TRICKS! Titel = „LORIOTs grosse Trickfilmrevue“ von Peter Geyer; Bettina & Susanne von Bülow präsentieren im Jahr von Loriots 100. Geburtstag einen Film von Peter Geyer mit den Trickfilmen von Loriot; 79 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.04.2023 (= 5 PÖNIS).     Als zentrales Motiv seines Werkes hat Loriot einmal in einem SPIEGEL-Interview die zwischenmenschliche Kommunikationsstörung bezeichnet: „Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden“.    Loriots meisterhafter Gebrauch der deutschen Sprache hat dazu geführt, dass viele Formulierungen aus seinen Sketchen in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind wie zum Beispiel: „Bitte sagen Sie jetzt nichts!“;   „Früher war mehr Lametta!“   „Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann“;   Das Ei ist hart“;    „Der Hund kann überhaupt nicht sprechen“.    „Ich lasse mir von einem kaputten Fernseher nicht vorschreiben, wann ich ins Bett zu gehen habe“.          B R A V O.  P. S.: Wenn Herr Müller-Lüdenscheid und Herr Dr. Klöbner zusammen baden, flippe ich auch heute und sicherlich weiterhin rechtschaffen aus.  Oder auch wenn Vicco von Bülow P.S. II kundtat:  „Der deutsche Film ist angenehmer als eine Nase. Denn bei der durchschnittlichen Länge läuft er nur 90 Minuten!“.    P.S. III: Die Wiederbegegnung mit LORIOT ist in 210 Kinos von Flensburg bis Garmisch-Patenkirchen in wirklich ganz Deutschland zu erleben. Und in Österreich auch.  Ach was!     (= 5 PÖNIs).

4.)    GEWALT SORGT FÜR REICHE WOHLSTANDSLAUNE! Titel = „INFINITY POOL“ von Brandon Cronenberg (B + R; Kanada/Kroatien/Ungarn 2022; K: Karim Hussain; M: Tim Hecker; 117 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.4.2023). Was nicht so alles passieren kann. Unberührte Strände; Sonne pur und Personal, das einem jeden Wunsch von den Augen abliest  – der Autor James Foster (ALEXANDER SKARSGARD) und seine Gattin Em Foster (CLEOPATRA COLEMAN) genießen den perfekten Urlaub. Aber als sie mit der Verführerischen und gleichzeitig mysteriösen Gabi Bauer (MIA GOTH) das Gelände des einsam gelegenen tropischen Inselressorts verlassen, kommt es zu einem tragischen Unfall  – und plötzlich gibt es für das Paar keinen Weg zurück …

Worum – Warum? Sie finden sich in einer Parallelwelt voller Gewalt, grenzenlosem Hedonismus und unaussprechlichem Horror wieder; lernen die perverse Subkultur dort kennen und sehen sich vor eine unvorstellbaren Wahl gestellt, denn die Null-Toleranz-Politik für Verbrechen bestimmt: hingerichtet werden, oder, wenn man es sich leisten kann , also mehr als genug Kohle besitzt, um dabei – von wegen sonstiger Langeweile – zuzusehen, wie man stirbt; beziehungsweise wie sein Klon = Doppelgänger das „übernimmt“. Alles klar? Schließlich sorgt an diesem touristischen Extremfleck Detective Thresh (THOMAS KRETSCHMANN) für den speziellen, fiebrigen und gesetzestreuen Horror-Tourismus-Spaß. „Infinity Pool“ ist der dritte Spielfilm des am 10. Januar 1980 in Toronto, Ontario geborenen Autoren-Regisseurs und Sohn des Filmemachers David Cronenberg: BRANDON CRONENBERG. Dessen Figuren-Ensemble-hier komplett eine Ausgeburt darstellt von aller-extremer Hässlichkeit, von verdorbener Fratzen-Gemeinheit und von ekelhafter, blutvoller Perversität. Selten so dreckig gestaunt (= 3 PÖNIs).

5.)    TV-TIPPs: Ein französischer Spielfilm sorgte Mitte März 2016 für provokantes Aufsehen. Titel = „DER WERT DES MENSCHN“. Von Stéphane Brizé. Mit VINCENT LINDON in der Hauptrolle. Ein Film, der es versteht, Bauch UND Kopf in wütende Wallung zu bringen. WDR-TV hat ihn am kommenden DONNERSTAG, 27.4. ab 23.30 Uhr auf dem Sendeplan. Und – s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs).       Einen Tag später, FREITAG, 28.4., präsentiert ARD One ab 21 Uhr den Sönke Wortmann-Hit: „FRAU MÜLLER MUSS WEG“ von 2014 , den ich ebenfalls empfehle  (s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs).

6.)    MUSIK: „FOREVER and for ALWAYS“ ist ein Lied der kanadischen Country-Sängerin SHANIA TWAIN, das am 7. April 2003 in den USA im Radio erstmals veröffentlicht wurde, Es war die dritte Country-Single aus ihrem vierten Studioalbum Up (2002), das sich ebenso hervorragend verkaufte wie nun dieser Song. Habe einen Clip entdeckt, in dem Shania Twain diese wundervolle Musikalität live bei einem Las Vegas-Auftritt singt; neben ihr befindet sich (aus Geburtstagsgründen) „with Willie Nelson“.  Mein Nummer 1 Lieblingsmusik-Volltreffer in dieser Woche. Unbedingt:

Wünsche viel beste Musikalität in dieser Woche.

HERZlich:   PÖNI Pönack

eMail:  kontakt@poenack.de

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