JASON BOURNE

PÖNIs: (4,5/5)

„JASON BOURNE“ von Paul Greengrass (Co-B; Co-Produzent + R; USA 2015/2016; Co-B: Christopher Rouse; K: Barry Ackroyd; SCHNITT: CHRISTOPHER ROUSE; M: John Powell, David Buckley; 123 Minuten; deutscher Kino-Start: 11.08.2016); Es ist einmal: kein fiktionales, sondern ein real stinkendes Märchen: Anfangs wollte er einfach nur spielen. Das liebe, neugierige, begabte Garagen-Kind. Dann merkte es, wie geil die ganze Welt auf sein erfundenes Spielzeug reagierte. Und dass sich mit Computern, Internet und Facebook Abermillionen von Dollar machen ließen. Hei, welch ein profitabler Spaß. Für offensichtlich alle. Denn alle profitierten doch von seinen Immer-mehr-Entdeckungen. Schließlich merkte auch die Regierung, was sich mit dieser riesigen, offenbar unendlichen Technik noch alles anstellen lässt. Und arrangierte sich mit dem kindlichen Genie. Du stellst mir, ganz staats-loyal und geheim, deine Erfindungen ständig zur Verfügung, und ich gebe dir viel Money und meinen amtlichen Schutz. Doch nun, nach Jahren, will das reifere Kind nicht mehr patriotisch sein. Hat genügend Geld eingenommen und verweigert Väterchen Staat, in Figuren-Gestalt des allmächtigen CIA-Direktors Robert Dewey (TOMMY LEE JONES), das neue, „sensationelle“, also noch besser und vielfältiger einsatzfähige technische Gerät. Schließlich soll nun die Hersteller-Maxime lauten: Die Kontrolle, die Überwachung des privaten Menschen, bleibt tabu. Unangetastet. Als ob dies noch möglich oder überhaupt im Interesse der Regierung wäre. Sie benutzt längst das viele „Zauber“-Material des ehemaligen Kindes namens Aaron Kalloor (RIZ AHMED), um weltweit alles, alle und jeden „sehen“, entdecken zu können. Um immer und rechtzeitig „die Übersicht“ zu haben. Um entsprechend „reagieren“ zu können, falls ihr etwas nicht in den Kram passt. In diesem ur-amerikanischen Spiel: Wir sind und bleiben die Nr.1-Entscheider auf diesem Planeten. Wir sind stärker und besser. In Sachen Ausstattung. Und Ausführung.

Der zweite, stark mithallende Konflikt in diesem fünften Werk der Jason Bourne-Thriller-Reihe. Als da waren: „Die Bourne Identität“ von Doug Liman (= hier Mit-Produzent) aus dem Jahr 2002 (s. Kino-KRITIK); „Die Bourne Verschwörung“ von Paul Greengrass/2004 (s. Kino-KRITIK = 5 PÖNIs); „Das Bourne Ultimatum“ von Paul Greengrass/2007 (s. Kino-KRITIK) sowie „Das Bourne Vermächtnis“ von Tony Gilroy/2012 (s. Kino-KRITIK) mit Jeremy Renner als Aaron Cross-„Quasi-Bourne“. Nun ist der britische Autor und Regisseur PAUL GREENGRASS, am kommenden Sonntag wird er 61 (= 13. August 2016), in die Spielleitungsführung zurückgekehrt und bestätigt einen weiteren furiosen Action-Kracher „mit Köpfchen“. In dem Jason Bourne, alias MATT DAMON, inzwischen 45, sich wieder viel und schnell durch die Welt-Räume (wie Griechenland, Italien, London, Berlin, Las Vegas) bewegen und harte Attacken überstehen muss. Denn der aktuelle CIA-Boss Robert Dewey (das Knattergesicht Tommy Lee Jones in einer „Oscar“-Paraderolle) hat ihn für „vogelfrei“ erklärt. Bournes Wissen über die CIA-Killerprogramme und mögliche diesbezügliche Netz-Veröffentlichungen könnten für viele – Entscheider wie Handlanger – im demokratischen USA-Amerika, höchst unangenehm sein. Doch Jason ist kein Snowden, dessen Name des Öfteren fällt, sondern weiterhin ein Amnesie-Fighter, der endlich herausbekommen will, was einst mit ihm passierte und warum damals sein Vater vor seinen Augen durch eine Autobombe umgebracht wurde. Deshalb wird er wieder gnadenlos gejagt. Per Bild und durch Killer. Und durch Asset (VINCENT CASSEL), einen brutalen Profi-Mörder, den Dewey extra auf Bourne angesetzt hat, weil dieser mit Jason noch eine böse alte Rechnung offen hat. Leichen pflastern dessen Weg.

Die neue Assistentin des CIA-Chefs, Heather Lee (ALICIA VIKANDER), betrachtet die Anordnungen ihres Vorgesetzten, anders. Kritischer. Und emotionaler. Sie hilft Bourne in einigen heiklen Momenten und hat offensichtlich die Absicht, die ihrer Meinung nach „überholten“, entmenschlichten Methoden vom alten Robert Dewey auszuhebeln. Um das Aggressions-Fieber in der CIA-Zentrale in Langley herunterzufahren. Natürlich könnte ein Erfolg sie „nach oben“ und Jason Bourne vielleicht dorthin zurück, also „nach Hause“, bringen. Nebenbei gedacht. Fazit:

1.) Eine überschaubare Jagd-Story. Die natürlich mit den filmischen Bourne-Erlebnissen zuvor zu tun hat. Bourne hat kaum etwas Längeres (mit seiner deutschen Stimme von Simon Jäger) zu sagen und darf seine Matt Damon-Sportlichkeit und deren Charisma unter hammerharten Beweis stellen: Die Duelle sind heiß choreographiert. Matt Damon mit bondiger Daniel Craig-Ausstrahlung. Knochentrocken. Der ganze physische Kerl; doch ebenso packend dabei:

2.) Der politische wie gesellschaftliche Gedanke, siehe oben, zum Text-Anfang. Wer (zu-)hören kann, merkt auf. Der Zauberlehrling, der einst die moderne Technik im guten wie im praktischen, also eigentlich menschenfreundlichen, menschen-hilfreichen Sinne entwickelte, hat selbige längst nicht mehr unter eigener Kontrolle. Ganz im Gegenteil: Der undemokratische George-Orwell-Staat („1984“) ist längst „Schweine“-aktiviert. Per Telefon in allen Variationen; per Satelliten, die dich auf dem Kieker haben (können); per Computer mit seinen vielen Facetten; per Überwachungskameras, die überall immer umfangreicher und ausgeklügelter werden. Wer dabei allerdings vor wem beschützt, behütet und wer von wem eigentlich bewacht, überwacht, kontrolliert, ausgespäht wird UND WARUM, ist völlig unübersichtlich. Fest steht aber: Das Individuum hat keine individuelle Chance. Mehr. Signalisiert dieser Film, der einen diesbezüglich, aber auch:

3.) Wegen seiner letzten langen Verfolgungsjagd in LAS VEGAS, die in – vorläufig – ewiger Action-Erinnerung bleiben wird: Denn was hier Paul Greengrass mit seinen technischen, sprich handwerklichen Team- & Stunt-Haudegen und seinem Co-Drehbuch-Autoren & Schnitt-Weltmeister und „Oscar“-Preisträger CHRISTOPHER ROUSE (2008 für „Das Bourne Ultimatum“) zustande bringt, ist bestes Adrenalin-Augen-Power-Futter. „Fast & Furious 8“ muss sich demnächst mächtig anstrengen, DA MIT zu halten.

4.) Zuvor aber auch: ATHEN. Wütende Bürger-Proteste und handfeste Feuer-Aktionen gegen die EU-Spar-Auflagen. Wo wir hinblicken, Atmosphäre-Dynamit. Mittendrin: Jason Bourne, den sie jagen. Heimisches illegales CIA-Bodenpersonal in Autos sowie durch Asset, den Killer; alle gelenkt von Ortungen aus CIA-Langley. Über zwanzig Minuten im dampfenden Anti-Kessel der explodierenden griechischen Hauptstadt. Faszinierend, cool eingefangen, aber auch bedrückend, von wegen „beiläufigen“ Gedanken, von wegen unsere ungleiche, auseinander-driftende, ausrastende Zivilgesellschaft. Inmitten eines immer undemokratischer werdenden, westlichen Gemeinwesens.

Schon erstaunlich: Der fünfte Bourne-Film knallt mächtig-gut an die Birne; setzt einmal mehr furiose Spannungszeichen. Besitzt einen stimmigen Unterhaltungs-Sog der Genre-Extraklasse (= 4 ½ PÖNIs).

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