EL CLAN

PÖNIs: (4/5)

Hervorragende Spannungsfilme aus Südamerika (Argentinien) sind keine Seltenheit mehr (siehe neulich „Freunde fürs Leben“, eine Co-Produktion mit Spanien; siehe den Pöni-Film des Jahres 2015 „Wild Tales – Jeder dreht mal durch“). Jetzt gilt es erneut, einen Spitzenfilm aus dieser Region zu annoncieren, der in Argentinien im Vorjahr sämtliche Kino-Kassenrekorde brach und über 2,6 Millionen Zuschauer hatte:

„EL CLAN“ von Pablo Trapero (B + R; Argentinien/Spanien 2014/2015; Co-Produktion: die Brüder Augustin + Pedro Almódovar; K: Julián Apezteguía; M: Sebastián Escofet; 108 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 14.07.2016).

Es war eine fürchterliche Herrschaft: Die Ära der Militär-Diktatur im Argentinien von 1976 bis 1983. Verschleppung, Folter und Mord zählten zur gesellschaftlichen Tagesordnung. Schätzungen zufolge wurden über 30.000 Menschen verschleppt. 1985 begannen die rechtlichen „Aufarbeitungen“ mit dem Staatsterror der Vergangenheit. Dabei sorgte auch ein Prozess für großen Wirbel, und zwar der gegen die Sippe der Puccios.

Einer weitgehend unauffälligen gutbürgerlichen Familie, die in einem Haus in einem besseren Vorort-Viertel von Buenos Aires lebt. Mit dem Patriarchen Arquimedes an der Spitze und dem ältesten Sohn Alejandro, einem Star-Spieler der Rugby-Nationalmannschaft, als populäres Familien-„Aushängeschild“. Eine scheinbar biedere, „freundliche“ Familie. Doch das genaue Gegenteil ist der mörderische Fall.

Der Familienvater Arquimedes (GUILLERMO FRANCELLA = ähnelt Hollywood-Star Chevy Chase aus den Hollywood-Achtzigern), ein feiner Anzugträger, mit sauber gestriegelten weißen Haaren, klaren blauen („treuen“) Augen und höflichem öffentlichen Auftreten, führt nur nach außen hin ein respektables Dasein. In Wirklichkeit ist er der autoritäre Chef eines Verbrecher-Clans, der Menschen entführt, im Kellerraum des Hauses „verwahrt“, Lösegeld kassiert und die Opfer mit Kumpanen umbringt. Dabei ist die ganze Familie in diese Verbrechen mit-eingebunden. Während der Militärdiktaturzeit war „der Pate“ unantastbar. Von der Obrigkeit gedeckt. Geschützt. Weil im Zirkel der Macht eingebunden. Mitmachend. Als Mitglied einer rechtsradikalen Todesschwadron mit der Entführung, Folter und Ermordung von politischen Gegnern dem System äußerst „nützlich“. Nach dem politischen Umbruch macht er einfach weiter. Mit seinem brutalen „Geschäft“. Hält sich weiterhin für unantastbar. Zwar zweifelt der älteste Sohn Alejandro (PETER LANZANI) mehr und mehr an den „Aktivitäten“ innerhalb der Familie, doch ist er längst viel zu sehr verstrickt in diese widerlichen Machenschaften und hat keine Chance, hier „einfach so“ herauszukommen. Der Alte überwacht mit eiserner Hand seine Handlanger und besteht auf eisernem Gehorsam.

Ein wahres Doppel-Leben: Doppelbödig, erbarmungslos, beklemmend. Der argentinische Drehbuch-Autor und Regisseur PABLO TRAPERO, Jahrgang 1971, auch hierzulande seit seinem Drama „Löwenkäfig“ (2008) bekannt, beschwört in dichten, atmosphärischen Spannungsbildern eine von Korruption, Angst und wirtschaftlichem Niedergang geprägte Epoche Argentiniens zwischen Diktatur und Demokratie herauf. Dabei mixt er die Genres Thriller, Polit-Drama, Familienfilm. Mit dem faszinierenden Vater-Sohn-Psycho-Duell und den Schmutz-Hilfs-Diensten der stets verständnisvollen Ehefrau und Mutter Epifania (LILI POPOVICH). Ebenso kontrastreich wie subtil: der zeit-gemäße Einsatz der Musik. Die „Kinks“ klingen fröhlich mit „Lazy Sunny Afternoon“ während einer Verhaftung; ein Kidnapping ist mit dem Klassiker „Just A Gigolo“ unterlegt.

Eine Entdeckung als argentinischer „Marlon Brando“: GUILLERMO FRANCELLA als faszinierendes Oberhaupt dieses Mörder-Clans. Außerhalb von Argentinien vornehmlich für seine großartige darstellerische Mitwirkung in dem „Oscar“-prämierten Thriller „In ihren Augen“ (2000/s. Heimkino-KRITIK) bekannt, ist er in seiner Heimat einer der populärsten Komödianten und eine wahre Show-Größe. Hier nun liefert er einen Olymp-Auftritt ab: Pedantisch-brillant; hintergründig-grausam; als Arquimedes Puccio den „ganz normalen“ Wahnsinn eines privaten Diktators und brutalen Gangsters aufregend vorführend.

„El Clan“ ist ein hochkarätiger Spannungsfilm, der an einen der besten italienischen Polit-Thriller-Filme der 1970er Jahre dramatisch erinnert: „Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“ von Elio Petri (mit Gian Maria Volonté in der Hauptrolle/s. Heimkino-KRITIK).

„El Clan“: Großartig. Mit sensibler Wucht beeindruckend wütend! (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Prokino Home Entertainment“

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