BLUE JASMINE

PÖNIs: (4,5/5)

„BLUE JASMINE“ von Woody Allen (B + R; USA 2012; K: Javier Aguirresarobe; M: Christopher Lennertz; 98 Minuten; deutscher Kino-Start: 07.11.2013); als er zuletzt in Europa unterwegs war – siehe „To Rome With Love“ (s. Kino-KRITIK) und „Midnight In Paris“ (s. Kino-KRITIK) – war ER eher milde gestimmt. Mit humanem Blick auf seine Menschen. Und ihre eigenwilligen, vergnüglichen Charakter-Seelen. Wieder Zuhause zurück, wird Woody Allen jetzt ungleich „härter“. Erzählt von einer Frau, die sich selbst täuscht. Die nicht aufhören kann, sich etwas vorzumachen. Obwohl sie tief gefallen ist, will sie sich DAS nicht eingestehen. Dabei ist bereits ihr Vorname „verkehrt“, sie heißt in Wirklichkeit Jeanette, doch Jasmine, aus dem Song „Blue Jasmine“, „passt(e)“ besser. Schließlich war sie mit Hal (ALEC BALDWIN) verheiratet. Einem reichen Geschäftsmann. In New York. Der es aber mit seiner Gier übertrieb. Investmentbetrug. Verhaftung. Das finanzielle Aus. Selbsttötung im Knast. „Die Gattin“ von der Park Avenue steht buchstäblich vor dem Ruin. Alles ist weg. Ein paar „namhafte“ Restposten an Kleidung, das war es dann.

Rüde Erdung: Selbstgespräche, Angstzustände, die Pillen dagegen. In Wodka aufgelöst. Das uneingestandene Ausstiegsprogramm. Aus dem verführerischen Luxus-Dasein. Dennoch fliegt sie natürlich „aristokratisch“ erster Klasse gen San Francisco. Wo ihre Adoptivschwester Ginger (SALLY HAWKINS) als Supermarktkassiererin vergleichsweise „unterprivilegiert“ wohnt. Also bescheiden. Hier soll der Neustart gelingen. Für Jasmine. Die sich aber der Gegenwart nicht stellt. Von der Zukunft als Vergangenheit träumt. Zumal ihr die praktischen Fähigkeiten fehlen, für sich selbst zu sorgen. Diesbezügliche Versuche verlaufen widerwillig. Zu banal. Für die überhebliche, arrogante Tusse. Die sich dafür lieber gerne betäubt, um „dieses Milieu“ nicht wahrnehmen zu müssen. Vorübergehend. Hält sich lieber mit „eleganten Gedanken“ aus der Vergangenheit über Wasser. Demzufolge ist die Fallhöhe für diese egozentrische Ex-Lady enorm. Und wird immer unangenehmer. Wenn sie „aufwacht“. Ruiniert aufwachen muss.

Wie viele unvergessliche Frauenfiguren hat Woody Allen im Laufe seiner sagenhaften Karriere geschaffen; von solch wunderbaren weiblichen Stars wie Diane Keaton, Mia Farrow, Dianne Wiest, Judy Davis, Mira Sorvino oder Scarlett Johansson und Penélope Cruz unvergessen verkörpert. In seinen alljährlichen Werken. Und Meisterwerken. Hier nun bereitet und überlässt er einer Schauspielerin DIE BÜHNE, wie es dermaßen ereignisreich, berührend, spannend, faszinierend als GANZ GROSSES KINO bezeichnet werden darf. Denn SIE spielt sich „voll aus“: Die bereits mit einem Nebendarsteller-„Oscar“ (als Katharine Hepburn in „Aviator“/2004) belobigte, hin- und mitreißende australische Hier-Diva und grandiose Charakterdarstellerin CATE BLANCHETT.

Bereits unvergessen über viele hervorragende Auftritte in Filmen wie „Babel“, „I’m Not There“ (als Bob Dylan) oder „Elizabeth“ offenbart sie als Jasmine vollkommene Ausdrucksfähigkeiten. In Seele und Körper. Ganz (gesellschaftlich) oben wie dann eben erdig. Über kleinste Motive bis hinzu den großen – falschen – Gesten. Andeutungen. Reaktionen. Deformierungen. Strömungen. Haltungen. Diese vielen Facetten einer keineswegs nur naiven, unschuldigen Ehefrau. Ganz im Gegenteil. Wie es der Rück-Blick schließlich erklärt. Eine überragende schauspielerische Performance! Die sich erinnerungsewig unter die Haut gräbt. Die nächste „Oscar“-Nominierung ist gewiss. Für CATE BLANCHETT. Die diesen Woody Allen-Film adelt und zu ihrem eigenen, individuellen, phänomenalen Erlebnisausdruck perfektioniert (= 4 ½ PÖNIs).

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