UNSERE SEELEN BEI NACHT

PÖNIs: (4/5)

„UNSERE SEELEN BEI NACHT“ von  Ritesh Batra (USA 2017; B: Scott Neustadter; Michael H. Weber; nach dem gleichn. Roman von Kent Haruf/2015; K: Stephen Goldblatt; M: Elliot Goldenthal; 103 Minuten; Netflix-Start: Ende September 2017);

Der indische Hollywood-Regisseur RITESH BATRA, geboren am 12. Juni 1979 in Mumbai, eroberte mit zwei Spielfilmen europäische Cineasten: „LUNCHBOX“ (2012/s. Kino-KRITIK)und „Vom Ende einer Geschichte“ (2015/s. Kino-KRITIK). Sein drittes Werk schöpft aus dem darstellerischen Hollywood-Vollen, in dem zwei Stars zum vierten Male zusammentreffen: Eben Robert Redford (81/deutsche Stimme: Kaspar Eichel), auch Co-Produzent, und Jane Fonda (79/Judy Winter), die dabei waren in: „Ein Mann wird gejagt“ von Arthur Penn (1966); „Barfuß im Park“ von Gene Saks (1967); „DER ELEKTRISCHE REITER“ von Sydney Pollack (1979/s. Kino-KRITIK) sowie hier noch einmal. Als ungleiches Paar. In der Adaption des 2015 posthum erschienenen  Romans „Our Souls at Night“ von KENT HARUF (1943 – 2014).

Wir befinden uns in einer Kleinstadt in Colorado. Louis Waters und Addie Moore leben hier nachbarlich schon seit Ewigkeiten, haben aber selten Kontakt. Beide leben allein, die Kinder sind schon lange aus dem Haus, und die jeweiligen Lebensgefährten vor Jahren gestorben. Eines Abends klopft Sie bei Ihm an der Tür. Und macht ihm einen ungewöhnlichen wie nervösen Vorschlag  –  sie fühle sich nachts einsam, kann schlecht schlafen, ob er nicht bereit wäre, bei ihr – platonisch – zu schlafen. Um die Einsamkeit gemeinsam zu bewältigen. Und die Langeweile: „Lass‘ uns zusammenschlafen; keinen Sex“. Louis zögert kurz und ist dann „bereit“. Über ihre Hintertür zieht er für die Nächte zu ihr; Hintertür = von wegen  – um bloß keinen Klatsch und Tratsch in der Gemeinde „zu ermöglichen“. Nach vielen kommunikationslosen Jahren beginnt man mit reichlich Redestoff. Was für Pointen sorgt. Wie überhaupt  –  diese lebhaften Kleinigkeiten durch Blicke, kleinen Gesten und die zunehmende Neugier vom Leben des Anderen zu erfahren, nehmen zu. Das Sich-Kennenlernen und dabei von den verwundbaren Ereignissen „einst“ zu erfahren, sorgt für spezielle Zur-Kenntnis-Nehmen-Empfindungen. So als würde man gerade aus seiner Autobiographie zitieren. Die Bindung zwischen diesen beiden Alten wächst. Als Addies Sohn Gene (MATTHIAS SCHOENAERTS) auftaucht, ist dieser von dem „Verhalten“ seiner Mutter gar nicht angetan. Dafür verstehen sich sein 7jähriger Sohn Jamie (Iain Armitage) und Louis um so besser. So dass Oma/“Opa Louis“ und Enkel Ausflüge zu planen beginnen.

Nein – keine Explosionen, keine Schießereien, keine wütenden Verbal-Duelle. Und ohne Hirnrissigkeiten. Sondern eine ebenso mehr leise als aufwühlende Ohne-Krawall-Geschichte; mitunter berührend, mit verdecktem Humor versehen, und ohne auch nur annähernd kitschig zu pusten. Mit passender Country-Musik-Begleitung (u.a. von „The Highwaymen“) und zwei sympathischen Interpreten mit Falten und kaum Schminke, deren beruhigende, stille Körpersprache imponiert. „Our Souls at Night“ hatte Uraufführung am 1. September 2017 im Rahmen der 74. Internationalen Filmfestspiele von Venedig als Hommage an Fonda & Redford, die auf dem Festival „für ihr Lebenswerk“ mit „Goldenen Löwen“ ausgezeichnet wurden. Danach wurde dieser feine 103minütige Film von Netflix eingemeindet.

Empfehlung: Empathie-Nostalgie zum puren Wohlfühlen (= 4 PÖNIs).

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