THE REPORT

PÖNIs: (4,5/5)

„THE REPORT“ von Scott Z. Burns (Co-Produzent; B + R; USA 2018; Co-Produzent: Steven Soderbergh; K: Eigil Bryld; M: David Wingo; 120 Minuten; deutscher Kino-Start: 07.11.2019; Plattformstart auf „Amazon Prime Video“: 29.11.2019); betrachten wir es so – der Mensch, zumal Senats-Bediensteter, also im „sicheren“ öffentlichen Dienst tätig, hat die Möglichkeit, angenehm, abgesichert und bequem zu leben. Wenn er sich „normal“ „verhält“. Also eher unauffällig. „Einvernehmlich“. „Schwierig“ wird es für ihn dagegen, wenn er sich „tatsächlich“ wie vehement wie moralisch „angestachelt“ für seine Aufgabe einsetzt und vor allem geradezu fanatisch auf Wahrheit und Gerechtigkeit pocht. Besteht. Und „davon“ nicht loslassen kann oder will. Dann allerdings hat er das Problem, kein Privatleben mehr zu haben, darf sich Tag und Nacht mit „seinem“ Thema befassen, muss als leidenschaftlicher Solo-Aktivist gegen viele Windmühlen von Widersachern antreten und akzeptieren, nicht gerade „Everybodys Darling“ zu sein. Schon gar nicht im politischen Washington, wo man gerade dabei ist, den Terror-Schock vom 11. September 2001 „irgendwie“ „amtlich“ zu verdauen. Anzugehen. „Zu rächen“. Was bedeutet: Schuldige zu jagen, festzunehmen, zu überführen. Zudem: Die CIA ist sauer/wütend/angepisst/aufgebracht und beschämt, dass überhaupt dieser Terroranschlag „passierte“ und das amerikanische Volk von der „ruhmreichen CIA“ nicht beschützt werden konnte. Der Auftrag lautet nun: schnelle „Lösungen“. Erwünscht. Heißt: Terroristen an den Pranger. Unverzüglich. Eben: so bald wie möglich. Dabei interessieren die Rechte von Menschen eher weniger. Bleiben innerhalb dieser riesigen, gemeinen Unruhe im Land gerade auf der Strecke. „Die Quote“ für „überführte Terroristen“ soll „stimmen“. Dabei offenbart sich mehr und mehr die verwerfliche Skrupellosigkeit bei der „amtlichen Wahrheitsfindung“. Und DIE Kehrtwendung von der Demokratie.

„Sollte ein amerikanischer Soldat so niederträchtig sein, einen Gefangenen zu verletzen, rate ich ihnen aufrichtig, ihn so streng zu bestrafen, wie es die Schwere des Verbrechens erfordert … Denn durch solches Verhalten bringen sie Schande, Schmach und Verderben über sich und ihr Land“ (George Washington).

Der Typ heißt: Daniel J. Jones (ADAM DRIVER). Geht seiner Chefin, der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein (ANNETTE BENING), engagiert zur Hand. Daniel ist gescheit, arbeits-besessen, unerbittlich und absolut verlässlich in Sachen Demokratie-leben-und-handeln. Also beginnt er mit den umfangreichen Ermittlungen. Wühlt sich durch Berge von Akten, Mails, Memos, stößt auf viele Ungereimtheiten und kann schließlich den Verdacht gründlich belegen, dass die CIA durch „erweiterte brutale Verhöre“ tatsächlich folterte, um schneller an erwünschte „Wahrheiten“ heranzukommen. Sein „The Torture Report“, „Der Folter-Report“, umfasst mehr als 6.000 Seiten, von denen 2014 „zusammenfassende“ 500 Seiten schließlich veröffentlicht werden, während der Rest zur geheimen Verschlusssache erklärt wird. Für viele ist Jones ein Held, für andere ein Verräter. Der danach selbst auf der Abschussliste steht.

Der hochgradig aufrichtige Spielfilm verfolgt die Jagd des Daniel J. Jones nach den Tatsachen. Und Verantwortlichen. Ist nicht an heroischen Emotionen und betäubenden Action-Motiven interessiert, sondern an puren, spannenden Detail- Fakten. Die sich weitaus schlimmer anschauen, besser: anhören, als künstlich aufgeputschte Bedrohungsszenarien. Weil der Kopf ständig angespannt-entsetzt mitarbeitet: Folter ist keine Methode, um „Wahrheit“ herauszufiltern und verwischt die Zusammenhänge zwischen Täter und Opfer. Deshalb ist dieser monumentale Polit-„Hörspiel“-Thriller so fundamental wichtig in diesen „American First“-Fake-Zeiten. Bemüht sich – Ensemble-mutig – um die (Auf-)Klärung bei einem der übelsten Polit-Skandale der jüngsten USA-Zeiten und stellt dabei grausam-ironisch fest: Die illegalen CIA-Methoden brachten praktisch keine verwertbaren Ergebnisse beim Kampf gegen den Terrorismus zustande. Die meisten Ergebnisse wurden mit konventionellen Ermittlungen erzielt. Und: Zu Anklagen gegen CIA-Verantwortliche kam es nicht.

„The Report“ wühlt mächtig auf. Setzt einen überragenden, extrem überzeugenden, glaubhaften ADAM DRIVER als Daniel J. Jones in Bewegung, dessen phänomenale schauspielerische Bandbreite enorm ist, vom „Star Wars“-Bösewicht Kylo Ren bis zuletzt zum Anti-Rassismus-Streiter in Spike Lees Volltreffer „BlacKkKlansman“ (s. Kino-KRITIK) reicht. ANNETTE BENING als seine Chefin ist hier eine ehrenwerte Stichwortgeberin und exzellente liberale „Mentorin“ für ihren viel attackierten Handlungsbevollmächtigten Daniel.

Der Autoren-Regisseur SCOTT Z. BURNS, bekannt durch seine formidablen Drehbücher für die Steven Soderbergh-Produktionen „Contagion“ (2011/s. Kino-KRITIK) und „Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen“ (2013/s. Kino-KRITIK), schuf mit seinem zweiten eigenen Spielfilm – nach „The Half Life of Timofey Berezin“ (2006) – einen der besten Polit-Thriller für das KINO-Jahr 2019 (= 4 1/2 PÖNIs).

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