0.) Als der Stuttgarter-„TATORT“ „Der Welten Lohn“ erstmals bei der ARD am 1. November 2020 lief, war die Zustimmung enorm. Was nicht verwundert(e), zählen doch RICHY Müller (als Thorsten Lannert) und FELIX KLARE (Sebastian Bootz) zu den zuverlässigsten, sprich mit-zu-den-besten Serien-Ermittlern. So dass wir uns auf die erstklassige ARD-Spannungswiederholung an diesem Sonntag (ab 20.15 Uhr) freuen können (s. TV-KRITIK /4 PÖNIs).
1.) SIE IST S E H R ZU MÖGEN. Titel = „IM HERZEN JUNG“ von Carine Tardieu (Co-B + R; Fr/Belgien 2020; Co-B: Sólveig Anspach; Agnés Tardieu; Raphaele Moussafir; K: Elin Kirschfink; M: Eric Slabiak; 114 Minuten; deutscher Kino-Start: 03.08.2023). Die privaten Regularien sind klar – Frau 70, Mann 45, das funktioniert n i e. Lautet die gesellschaftliche Beziehungsvorgabe. 1971 gab es mal die Leinwand-Ausnahme, als sich „HAROLD UND MAUDE“ begegneten, doch es dauerte, bis diese Filmentdeckung 1983 kultig wurde. 2023 erleben wir – endlich – wieder eine neue Ja-wie-nennt-man-„so etwas“ überhaupt-Beziehung? Schlage bei der schlauen WIKIPEDIA nach, wo es heißt: Als Gerontophilie bezeichnet man das dauernde beziehungsweise überwiegende sexuelle Interesse an älteren Menschen. Sie ist dem Überbegriff der Chronophilien untergeordnet. Oft wird nur die sexuelle Fixierung eines jüngeren Menschen auf ältere Menschen als Gerontophilie bezeichnet. Die begehrte Altersspanne ist nicht eindeutig zu bestimmen. Der deutsche Arzt und Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld (1868 – 1935) definierte die Differenz bei etwa fünfzig Lebensjahren. Na also.
FANNY ARDANT. Geboren am 22. März 1949 in Saumur, Maine-et-Loire. Sie zählt zu den herausragenden Schauspielerinnen Frankreichs. Filme wie „Die Frau nebenan“; „Auf Liebe und Tod“ (1983) oder „8 Frauen“ (2002) oder … oder… sind unvergessen. Dank ihrer Mitwirkung. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete sie mit einer Reihe bedeutender Filmemacher zusammen, darunter ihr Entdecker und Lebensgefährte Francois Truffaut sowie Alain Resnais, Volker Schlöndorff und Michelangelo Antonioni.
Eigentlich hat die 70jährige Shauna (FANNY ARDANT), eine unabhängige Frau, die früher als Architektin arbeitete, mit ihrem Liebesleben abgeschlossen. 15 Jahre sind vergangen, seit sich Shauna und Pierre (MELVIL POUPAUD) einmal kurz getroffen haben, in dem Krankenhaus, in dem er als Arzt tätig ist. Schon damals fühlten sie sich zueinander hingezogen. Als sie sich jetzt wieder treffen, ist es um Sie-Beide geschehen, auch wenn die Umstände nicht unbedingt dafür sprechen: Shauna hat eigentlich mit „Romantik“ abgeschlossen, Pierre, 45, führt ein glückliches Familienleben und schätzt seine Frau (CÈCILE DE FRANCE) und seine beiden Kinder sehr. Shauna zögert, doch das Begehren und die Gefühle füreinander sind so stark, dass Widerstand zwecklos wird. Die Liebe pustet über das ungleiche Paar wie ein Blitz. Praktisch: Die Gefühle mischen sich diskussionsresistent ohne Punkt und Komma und Semikolon unverzüglich ein. Das ist halt so und so ist das halt.
Natürlich erwarten wir Brüche. Kontra-Zweifel. Rückwärtig ausufernde Empfindungen. Wie bei der täglichen Medizin – DAS muss doch „zu lösen“ sein. Aufzuhalten gehen. Von wegen, signalisieren die Filmbilder trotzig. Liebe ist nicht wie unangenehmer Kakao. Der im Ausguss verschwindet. Egal, wie viele Lebensjahre sich hier kreuzen. Irgendwann stellt Pierre fest, dass wir doch eigentlich alle dieselbe Luft atmen. Halt, denken Sie, der/die Leser/in, denken Sie nicht, dass sich hier alles nach einer schmucken Lösung wendet. Denn in „GANZ IM GEGENTEIL“ benehmen sich die Gefühle auch nicht gerade. Ja also, was passiert denn nun: Erleben, genießen Sie die einzigartige FANNY ARDANT mit ihren bezaubernden, erdrückenden, in allen ihrer emotionalen „diskreten“ Empfindungen sich benehmenden Lebens- beziehungsweise Körperbewegungen. Außen wie, vor allem, innen. Die magische Wertschätzung des Alterns summt sanft mit. Wenn die charmante FANNY ARDANT die Stimmung häutet. „Im Herzen jung“, selten war ein deutscher Kinofilm so vortrefflich/vorzüglich benannt, ist ein wunderbarer französischer Umarmungsfilm (= 4 1/2 PÖNIs).
2.) FICTION DENKT. Titel = „PARADISE“ von Boris Kunz (Co-B + R; D 2022; Co-B: Simon Amberger; Peter Kocyla; K: Christian Stangassinger; M: David Reichelt; Panic Girl; 116 Minuten; deutscher HEIMKINO-Netflix-Start: 27.07.2023). Vorstellen kann man sich heutzutage mehr als einem lieb ist. Zum Beispiel auch, dass ein Berliner Biotech-Startup, namens AEON, mit der Anführerin Sophie Theissen (IRIS BERBEN), im Dienste des kapitalistischen Fortschritts eine profitable Marke platziert hat. Mit dem Tema: Lebenszeit als Ware. Bedeutet – wer Kohle hat, zu den Reichen gehört, ist in der Lage, Lebensjahre kaufen zu können. Von jungen Menschen, die mit Geldgewinn zugeschüttet werden. Von zahlungskräftigen „zerfallenden“ Kunden. Die quasi nochmal bzw. weiterhin mit Viel-Leben herumfuchteln dürfen. Dank innovativer Technologie. Das System ist abgestimmt: Lebenszeit als Ware. Die Nicht-davon-Partizipierenden, das einfach Volk, demonstriert vor den Mauern. Allerdings ohne Tiefe und „richtige“ Typen.
Was sich nach einem packenden oder zumindest zielsicheren Kapital-Krawall anhört, zerläuft nach rund einer Dreiviertelstunde. Anbieter Netflix vermindert die spannenden Ideen und Visionen und setzt vielmehr auf Bildschirm-Brühe. Setzt auf eine private Jagd-Geschichte, in denen sich – nicht sehr charakterlich blühende – Typen duellieren, und mitten-drin befindet sich das jugendliche Hauptakteure-Paar Max (ziemlich fehlbesetzt, weil ziemlich trocken-starrig: KOSTJA ULLMANN) und Elena (auch nicht aufregend: CORINNA KIRCHHOFF/alt und MARLENE TANCZIK/jung). In deren Leben haben sich schlechte Ereignisse getan, die dazu-führen, dass die Beiden ab sofort zu den Verlierern gehören. „Wir kriegend das hin“, meint Max zu seiner „inzwischen alten“ Gattin. Und wer „so etwas“ von sich gibt, das wissen wir, handelt mit Lebensleerstellen.
Als „Paradise“ von durchaus kribbelnd zu deutschig wechselt, ist auch der Genre-Film am Absaufen. Der (Drehbuch-)Text klingt nun ziemlich matschig; die Bewegungen des Personals behaupten mehr als sie erklärend anzubieten verstehen; die Aktionen sind jetzt auf mittelmäßig getrimmtes Spannungs-Machen geeicht ; die Ab- und An-Prügeleien funktionieren wenig interessant, also gar nicht unterhaltsam, und als dann die mit doofen Ballereien ausgestatteten langen Schlussmotive wild herum-fuchteln, hat man sich längst von diesem anfangs so reizvollen fiktionalen Abenteuerportal verabschiedet. Auch – weil die Musik-hier viel zu viel (ver-)knattert – rattert, viel zu sehr lauthals chorig-brummt, und auch so schnarrig-drischt. Also fortwährend nervt, anstatt „kommentierend-tönend“ die Story musikalisch-treuhänderisch zu begleiten. Während auf meinem Zettel über die letzte halbe Stunde u.a. „schlumpfig“ als plumpes Unterhaltungsmerkmal auftaucht. Zu werten ist. Wir merken uns – so ein Zeit-Kauf bietet auch nicht die pikante Spaßgarantie, die man vom bezahlten deutschen Heimkino einfordert (= 2 PÖNIs).
3.) KNALLIGE ITALO- OVERTÜRE. Titel = „DREI GEGEN SACRAMENTO“ von Ricardo Blasco (Co-B + R; Spanien/Italien 1963; Co-B: Albert Band; K: Massimo Dallamano /Jack Dalmas genannt; M: ENNIO MORRICONE /Dan Savio genannt; komplette Version: 94 Minuten; deutscher HEIMKINO-Plaion-explosive media-Start: 27.07.2023). Bevor Sergio Leone erst Akira Kurosawa und dann „den Amis“ erstmals – im Jahr 1964 – den Western klaute („Für eine Handvoll Dollar“), bemühte sich ein italienischer Regisseur unter dem Namen RICARDO BLASCO 1963 an einem Erstversuch. Originaltitel: „Duello Nel Texas“. Europäischer Titel: „Gringo“. Heutiger deutscher Blu-ray-Titel – s. eingangs. Der damalige Kameramann Massimo Dallamano, der hier im Vor- und Nachspann Jack Dalmas genannt wird, schuf später als Kameramann für Sergio Leone unter seinem richtigen Namen Massimo Dallamanto die passenden Bilder für die ersten beiden Sergio Leone-Italo Western („Für eine Handvoll Dollar“; „Für ein paar Dollar mehr“).
Als Soundtrack-„Veranstalter“ hier wird wird ein Dan Savio aufgeführt, hinter dem sich ENNIO MORRICONE befindet. Was aber klanglich ziemlich belanglos bleibt, sieht man mal von einem robusten Song ab, der „A Gringo like Me“ heißt und von einem Dicky Jones interpretiert wird.
Die Story ist bieder, banal, einfältig. Im amerikanisch-mexikanischen Grenzstädtchen Carterville lebt eine kleine mexikanische Familie. Die besteht aus Senior Don Diego, seinen Kindern Kindern Manuel und Lisa und dem amerikanischen Adoptivsohn Ricardo (RICHARD HARRISON), den alle nur „Gringo“ nennen. Eines Nachts wird die Farm der Familie überfallen, Don Diego wird getötet und das Gold, das er im Laufe der Jahre ansammeln konnte, gestohlen. Gringo macht sich daran, die Verbrecher zu suchen und hinzurichten. Dabei stellt sich heraus, dass die gesamte Gegend von einer bekannten Bande terrorisiert wird, einschließlich vom Sherif.
Ein „mittlerer“ Western, bei dem eifrig „Italo-Western“ geübt wurde und für dessen deutsche Synchronfassung prominente Stimmen sorgten, die zu identifizieren mir im Moment nicht möglich ist (= 2 1/2 PÖNIs).
4.) TV-TIPPS: Etwas Film-Besonderes zeigt ARTE am Montag (7.8.) ab 20.25 Uhr mit dem vorzüglichen Roadmovie „THE STRAIGHT STORY – Eine wahre Geschichte“ von David Lynch aus dem Jahr 1999; basierend auf der echten Geschichte des amerikanischen Rentners Alvin Straight (1920 – 1996), der im Sommer 1994 eine Strecke von rund 400 km mit einem Rasenmäher zu seinem Bruder Henry Straight (1914 – 1998) zurücklegte. Einzelheiten s. Kino-KRITIK (4 PÖNIs). Eine TV-Wiederholung hat ARTE für Dienstag (8.8.) ab 13.25 Uhr annonciert.
Für den nächsten FREITAG, 11.8. hat ARTE ab 20.15 Uhr den deutschen Spielfilm „IN DEN GÄNGEN“ angekündigt. Mit FRANZ ROGOWSKI , einem der besten hiesigen Schauspieler derzeit, den die „New York Times“ einen „herausragenden deutschen Sonderlingsdarsteller“ nannte (s. TV-KRITIK / 4 1/2 PÖNIs).
5.) MUSIK: ROCK-KLASSIKER. Zwei Namen, ein Song. Mal im originalen Englisch, mal auf Deutsch. C´mon Everybody ist ein Spitzen-Single-Oldie aus dem Jahr 1958. Gesang: EDDIE COCHRAN (1938 – 1960). Damals wie heute immer noch – so was von beliebt. Du bist der Wahnsinn hieß derselbe Song 2007 in unserer Sprache. Gesungen von: PETER KRAUS (Jahrgang März 1939). Meinung: Klingt angemessen-sympathisch-ulkig. Beide Versionen setze ich auf Platz 1 meiner Wochenmusiklieblinge ! Bin mal gespannt, was Ihr dazu sagt:
Tanzt weiter. Happy Time:
Mit HERZlichen PÖNI-Grüßen.
email: kontakt@poenack.de