0.) Eine der populärsten deutschen Synchronstimmen ist verklungen: WOLFGANG DRAEGER. Der Hamburger wurde 95 Jahre alt. Im ARD-Kinderfernsehen „Sesamstraße“ verlieh Draeger z. B. dem großen gelben Vogel Bibo seine Stimme. Aber seine stimmliche Hauptarbeit erreichte Millionen Menschen – ER WAR D I E DEUTSCHE SYNCHRON-STIMME VON WOODY ALLEN! Die besondere Stimme des US-Schauspielers sei für ihn nie ein Problem gewesen, sagte Draeger 2015 in einem dpa-Interview: „Weil ich zum Teil selbst so bin. Ich bin ein Stotterer und ich habe einen Hang für Psychopathen und Irre. Wenn ich die Rollen nicht nur sprechen, sondern spielen müsste, würde ich sie genau so anlegen. WOODY ALLEN, das bin in vielen Dingen praktisch ich“. Ade, lieber Wolfgang Herbert Kurt WOODY-Draeger (9. Januar 1928 in Berlin; +23. Januar 2023 in Hamburg).
1.) MANN UND FRAU. Oder umgekehrt. Titel = „CAVEMAN“ von Laura Lackmann (B + R; basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Rob Becker; D 2020; K: Pascal Schmit; M: Till Brönner, mit Arne Schumann und Josef Bach; 100 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.01.2023). „Männer und Frauen“ passen einfach nicht zusammen, versuchen es ab er immer wieder. So beziehungsweise so ähnlich formulierte es einst LORIOT. DER bekanntlich seit 1951 die Ehe liebevoll praktizierte. Also „das Nicht-Zusammenpassen“ als Liebeserklärung deutete.
„CAVEMAN“ lautet der deutsche Titel des Ein-Mann-Stückes „Defending the Caveman“. Der kalifornische Comedian ROB BECKER arbeitete seit 1988 an dem Stück und betrieb dafür sorgfältige Recherchen in wissenschaftlichen Disziplinen wie Anthropologie, Psychologie und Soziologie. 1991 führte er „Defending the Caveman“ erstmals in San Franzisco auf, bevor er damit in Dallas, Washington D.C., Philadelphia und Chicago in ausverkauften Häusern spielte. „Defending the Caveman“ ist das am längsten aufgeführte Solostück in der Geschichte des New Yorker Broadways, wo es seit 1995 läuft. Rob Becker selbst spielte die Rolle des Caveman bis 2003. Kurz vor der Jahrtausendwende sicherte sich der Isländer Óskar Eiriksson die Europa-Lizenzen für das Stück., In Deutschland widmete sich der Schauspieler Kristian Bader der Übersetzung und Überarbeitung des Stückes, dem er den gekürzten Titel „CAVEMAN“ gab. Gemeinsam mit ESTHER SCHWEINS, Regie, brachte Kristian Bader die deutsche Fassung auf die Bühne des „Schmidts Tivoli“ in Hamburg sowie in die „Kulturarena Berlin“, wo am 27. Juli 2000 die deutschsprachige Uraufführung stattfand. Er übernahm auch die Titelrolle. Bis heute hat er den Höhlenmenschen, der seine Frau unbedingt verstehen will, weit über 1000-mal gespielt. „Caveman“ wurde in mehr als 70 deutschen Städten aufgeführt. Weltweit haben mehr als vierzehn Millionen Menschen das Ein-Mann-Stück im Theater gesehen. Die Aufführungen fanden in 25 Sprachen und in mehr als 55 Länder statt. Motto: „CAVEMAN“, ein Hit! (Ich habe in den 2000er-Jahren insgesamt fünfmal das komische Ein-Mann-Stück erlebt. Für EXTREM GUT befunden).
Jetzt – die CAVEMAN-Filmversion. Im Kino. Der Sprung. Weg von der Kleinkunstbühne und hinaus auf die Große Leinwand. Mit zwei Hauptfiguren. Auf der einen Personalseite: Robert „Bobby“ Müller (MORITZ BLEIBTREU), gegenüber die Gattin Claudia Müller (LAURA TONKE). Weiterhin auftauchend: Mehrere Ensemble-Stimmlagen. Innerhalb der bekannten Situation: Frau, die bemühte Sammlerin, Mann der aktive Jäger. In der heutigen Zivilisation. Die allerdings mit vielen Problemen behaftet /ausgestattet ist. Zum Beispiel bei Bobby. Dem Loser. In Sachen Autoverkäufer. Eine Niete. Mit Null-Abschlüssen. Aber er hatte ja schon als Kind die Vorstellung, unbedingt, also lieber, Comedian zu werden. Und jetzt sieht er endlich die Chance, sich im regionalen Comedy-Club zu beweisen. Mit dem perfekten Thema, denn kürzlich ist ihm nämlich der Caveman – sein imaginärer Freund aus der Steinzeit – begegnet. Und DER füttert ihn geradezu bei den sich häufenden Treffs mit kreativen Ideen. Was da so wirklich zwischen den Geschlechtern angesagt/angezeigt ist. Und wie man „damit“ umgeht, um sich endlich „richtig“ verstehen zu können. Gemeinsam. Doch Claudia lässt „Bobby“ nicht frei, und DER ist angepisst. Weil Claudia Streit anfackelt. Eine Viertelstunde vor dem Bühnenstart. Schleppt er sich an die Rampe und ändert spontan sein Programm. Will jetzt dem Publikum die aktuelle Unvereinbarkeit von Frauen und Idioten detailliert erklären. Der moderne Mann, meint Bobby, ist in der modernen Welt gescheitert. ER nimmt die Publikumsgemeinde mit auf einen wilden und immer ulkiger werdenden Ritt durch seine Beziehung. Mit der bestimmenden Claudia. Schlussoffensive-Abstimmung des Publikums: Robert = Ich Vollidiot?! Du, Claudia, die emotionsgeladene Lehrerin?! Lenkerin?! Bestimmerin? Gott bewahre. Beziehungsweise wer auch immer.
Bin Kerl. Finde Claudias als Beziehungsleiterinnen fürchterlich. Mag Verständigung. Im fairen 50 : 50-Rhythmus. Oder auch schon mal 60 : 40. Jeder darf Seins einbringen. Auftun. Vortragen. Um dann, von wegen, gerne abstimmen. Fair Abstimmen. Stelle fest: Diese lauthals tönenden Claudia & Co.s gehen mir zu sehr auf den Bestimmungssack. Und was sich da als Freundesgesindel mit diversen Ratschlägen einfindet/einbindet (siehe WOTAN WILKE „Hippie“-MÖHRING) oder der unsägliche Jürgen Vogel)…., hört mir doch auf. Irgendwie haben zu viele hier was auf dem Keks. Oder? Ich lasse gerne das aufgemischte, aufgewühlte Parkett-Volk entscheiden. Meine Caveman-Laune steigt (= 3 1/2 PÖNIs).
2.) JUGEND-DRAMA. Titel = „CLOSE“ von Lukas Dhont (Co-B + R; Belgien/Fr/Niederlande 2021; Co-B: Angelo Tijssens; K: Frank van den Eeden; M: Valentin Hadjadj; 105 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.01.2023). Léo und Rémi, beide 13 Jahre jung, sind beste Freunde und stehen sich nah wie Brüder. Sie sind unzertrennlich, vertrauen sich und teilen alles miteinander. Mit dem Ende des Sommers und dem Wechsel auf eine neue Schule gerät ihre innige Verbundenheit plötzlich ins Wanken – mit tragischen Folgen. Weil der eine Bub nicht versteht, warum sich der Andere von ihm löst. „Close“ ist im ersten Teil eine Hommage an die Freundschaft. Beschreibt wie wichtig es ist, in Verbindung zu bleiben; sich Zeit zu nehmen für die, mit denen sich eine tiefe Sympathie ergeben hat. Um dann im zweiten Teil davon zu erzählen wie schwer es ist, sich in einer Gesellschaft zu behaupten, die gebunden ist voller Normen, Rollenklischees und Vorurteile. So dass es immer schwerer wird, die eigene Identität in der Gemeinschaft aufrecht zu halten. „CLOSE“ wurde beim vorjährigen Cannes-Festival mi dem „Großen Preis der Jury“ ausgezeichnet. In den Hauptrollen überzeugen die beiden jugendlichen Debütanten EDEN DAMBRINE und GUSTAV de WAELE. Doch nach einer berührenden ersten halben Filmstunde gerät ihr Film auf eine dramaturgische Bahn, die mit der laufenden Handlung und Erzählung unerwartet brachial bricht. Wodurch der Film sich „kaputt“ läuft. Und verliert (= 3 PÖNIs).
3.) DIFFUS. Titel = „THE SON“ von Florian Zeller (Co-B + R; ist eine Adaption des gleichnamigen Bühnenstücks des französischen Autoren-Regisseurs; GB 2021; Co-B: Christopher Hampton; K: Ben Smithard; M: Hans Zimmer; 123 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.01.2023). Kein sonderlich guter Film. Ein Paar hat sich scheiden lassen. Ein Jahr danach möchte der 17jährige Nicholas (ZEN McGRATH) nicht weiter bei seiner Mutter Kate leben (LAURA DERN), sondern bei seinem Vater Peter (HUGH JACKMAN) und dessen neuer Lebensgefährtin Beth (VANESSA KIRBY). Wo gerade das Familienglück durch die Geburt der gemeinsamen Tochter immens ist. Allerdings kann sich Vater Peter nicht so ausgiebig mit seinem Teenager-Sohn befassen, weil neben den familiären Verpflichtungen seine erfolgreiche Arbeit für große Herausforderungen sorgt. Vor allem zeitlich. Und, um es höflich zu beschreiben: Sohn Nicholas ist ein ständiger „Unruheherd“. Der die Regeln des Zusammenlebens weder beherrscht noch akzeptiert. Obwohl der Vater sowie Mutter Kate sich alle tolerante Mühe geben, „hantiert“ der Sohn oft eigenmächtig, undiszipliniert, unhöflich, aggressiv. Aufrührerisch.
Mit „The Father“ hatte Florian Zeller im Vorjahr mit der Verfilmung seines eigenen Theaterstücks – dank des Hauptakteurs ANTHONY HOPKINS – einen Riesen-Debüt-Erfolg (s. KINO-KRITIK/5 PÖNIs). Dagegen hakt seine zweite Bühnen-Adaption. Die Geschichte um einen offensichtlich erheblich depressiven jungen Mann wirkt bemüht. Eher unangenehm-„aufdringlich“ denn empathisch identifizierbar. Während „der Bengel“ einen auf den Nervengeist geht. Und während II – Hugh Jackman sich ebenso unangenehm in seiner permanent wackelnden Vater-Figur bewegt. Sein Spiel ist voller nervöser Unruhe, die weder angemessen gebändigt wird noch ausreichend interessiert. „The Son“ ist teilweise oberflächlich, ziemlich langweilig, und Sir Anthony Hopkins mischt leider nur kurz „nebenbei“ mit (= 2 PÖNIs).
4.) SCHLIMME SPUREN. Titel = „TILL – KAMPF UM DIE WAHRHEIT“ von Chinonye Chukwu (Co-B + R: USA 2021/2022; Co-B: Keith Beauchamp; Michael J P. Reilly; Co-Produktion u.a.: Barbara Broccoli; Whoopi Goldberg; K: Bobby Bukowski; M: Abel Korzeniowski; 130 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.01.2023). Die historische Filmbiografie basiert auf dem Leben von Mamie Till-Mobley (1921 – 2003), deren 14-jähriger Sohn Emmett 1955 in den US-Südstaaten einem rassistisch motivierten Lynchmord zum Opfer fiel. – Dieser Film ist die entsetzliche, wahre Geschichte über das entschlossene Handeln einer Mutter, deren Mut die Welt veränderte. Nach einem furchtbaren Verbrechen im Mississippi wird ihre couragierte Suche nach der Wahrheit zum Symbol einer Bewegung und eines Kampfes für Gerechtigkeit. –
Mit „TILL – KAMPF UM DIE WAHRHEIT“ setzt die Autoren-Regisseurin Chinonye Chukwu ein Leinwanddenkmal für eine Frau, die als Herz einer neuen Bewegung in die Geschichte einging. Die Hauptrolle spielt DANIELLE DEADWYLER als Mamie Till Mobley, deren Sohn Emmett (JALYN HALL) im Sommer 1955 bei einem Familienbesuch brutal gelyncht wird, weil er eine weiße Frau „unsittlich“ angesehen haben soll. Ihr Sohn darf nicht umsonst gestorben sein. In ihrer Trauer beschließt Mamie Till Mobley, dass die Bilder von Emmetts bis zur Unkenntlichkeit entstelltem Leichnam veröffentlicht werden werden und um die Welt gehen sollen. Ihr Mut wird zum Zündfunken für die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Dieser Film ist Mamie Till Mobleys Vermächtnis und zeigt in eindrucksvollen Bildern, wie der Aufschrei über die unfassbare Ungerechtigkeit den Weg für längst überfällige Veränderungen bereitete. CHINONYE CHUKWU, die als erste Afroamerikanerin den Grand Jury Prize beim Sundance Film Festival gewann, führte Regie und schrieb auch am Drehbuch mit. Ein bedeutsamer, wichtiger Film zum Erinnern und Nichtvergessen. Von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) erhielt „TILL“ das Prädikat „besonders wertvoll“. Der Film leiste „in der Tradition von Meisterwerken wie ‚Mississippi Burning‘ oder ‚Selma‘ (…) einen unverzichtbaren Beitrag zur aktuellen Rassismus-Debatte“ (= 5 PÖNIs).
5.) TV-TIPPS: Am nächsten MITTWOCH (1.2.) zeigt ARTE ab 20.15 Uhr den kanadisch-französischen Spielfilm „ABSTURZ INS LEBEN“ von Thomas Vincent. Thema/Motto: Paul Sneijder (THIERRY LHERMITTE) hat als einziger einen Fahrstuhlunfall überlebt. Auch seine Tochter starb dabei. Paul ist ein gebrochener Mann, der mit dem Leben nicht mehr klarkommt. Vor allem nicht mit den ehrgeizigen Plänen seiner Ehefrau. Er zieht eine radikal Wende vor – wird Hundeausführer. Diese Dramödie basiert auf dem Roman „Der Fall Sneijder“ von Jean-Paul Dubois und ist sehr sehenswert. Mein zweiter TV-Spielfilm, den ich empfehlen möchte, heißt „IN DER SCHUSSLINIE“. Ist ein Thriller von 2014, der mit MICHAEL DOUGLAS hauptrollen-besetzt und hierzulande ab 25.9.2015 nur im HEIMKINO veröffentlicht wurde. 3SAT lässt ihn am nächsten FREITAG (3.2.) ab 22.25 Uhr laufen. Lohnt sich (s. Heimkino-KRITIK / 4 PÖNIS).
6.) MUSIK: ER ist mein Favorit === JOE COCKER. Besonders in dieser LIVE-SHOW. Mit dem Song „THE LETTER“!!! Meine Nummer 1 für diese Woche. Unbedingt!
Wünsche eine cockrige Cocker-Woche. Mit viel heißem Sound-Dampf.
HERZlich: PÖNI Pönack
email: kontakt@poenack.de