0.) Hallo Pöni,
Schau mal! Ich muss Dir unbedingt Chico vorstellen. Hier in Memmingen ist der Kater stadtbekannt! Er gehört einer Dame, aber geht jeden Tag nach draußen und begeistert die Menschen in der Stadt. Geht im Netto einkaufen, holt sich in der Apotheke Leckerchen oder legt sich zu den Leuten ins Eiscafé – wie bei uns gestern – und genießt seine Streicheleinheiten. Was für eine tolle Katzengeschichte, oder?
Liebe Grüße aus Bayern, Carrie
1.) SENÓR BOSS! Eine Wucht: J A V I E R B A R D E M! Titel = „DER PERFEKTE CHEF“ von Fernando León De Aranoa (B + R; Spanien 2020; K: Paul Esteve Birba; M: Zelta Montes; 120 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.7.2022). Wenn man einen Film schaut und dies nicht merkt, dass man einen Film beobachtet, weil man dermaßen abgetaucht ist, sich eingebunden fühlt, dann handelt es sich um ein „BESONDERES WERK“. Um ein Meisterwerk. Vor allem auch, wenn man ihn im (spanischen) Original einverleibt, mit deutschen Untertiteln, und dies intensiv dazu beiträgt, dass man sich mit Film, Personal, Atmosphäre, Tiefgang, Bewegungen und Sprache faszinierend verbunden fühlt. Und so wird und wirkt auch klar, dass dieser Film zu den herausragenden Erlebnissen des Kinojahres 2022 zählen wird. Will sagen, schon an dieser Kritikstelle, die unbedingte Besichtigungsempfehlung gilt! Für dieses empathische wie gedankliche Ausnahme-Goldfilmstück.
Die Örtlichkeit – irgendwo in der spanischen Provinz. Mit Kleinstadt-Nähe. Dort befindet sich d a s Unternehmen – übersetzt: Blanco Waagen. Kein Schreibfehler, sondern tatsächlich – Industriewaagen werden hier produziert (und nicht etwa Autowagen). Etwas heruntergekommene große Lettern signalisieren draußen, an der riesigen Wand der Produktionshalle, was hier angesagt ist, „verlangt“ wird, nämlich, übersetzt: Fleiß, Ausgewogenheit sowie natürlich: Zuverlässigkeit. Signale, Anordnungen, die vom kompetenten „väterlichen“ Chef kommen, von Senór Julio Blanco (Javier Bardem). Einer, wie er sich präsentiert, einer ganz und gar lieben, mit sanften Tönen versehenen außerordentlichen und dabei sehr fürsorglichen Führungsfigur. Dem speziell seine „Fabrik-Menschheit“ am Ausnahme-Herzen liegt. Von wegen, wie er öfters gerne erklärt: Ich glaube an Gleichgewicht und Gerechtigkeit. Herr Blanco ist fest davon überzeugt, dass seine Worte Gesetz bedeuten, weil schließlich seine Entscheidungen das Wohl der Firma bestimmen. Einem quasi familiären Familienverbund. Diese Einstellung hat Senór Blanco Reichtum beschert, Respekt eingebracht und viele blecherne, porzelanige Auszeichnungen. Die in seinem privaten Haus eine feinsinnig ausgeleuchtete Wand becircen. Aber – jetzt gilt es, sich den letzten fehlenden „Teller“ noch einzuverleiben, um „komplett“ zu sein. Dabei handelt es sich um den Preis für exzellente Unternehmensführung der Regierung. In diesem Jahr soll es endlich damit klappen. Doch die glanzvolle Fassade beginnt zu bröckeln. Als plötzlich unerwartete Probleme auftauchen. Weil sich der gütige Blanco mit einem entlassenen Mitarbeiter, einem deprimierten Produktionsleiter (dessen häusliche Liebe „wackelt“) und einer listigen Praktikantin herumtun muss. In einem geradezu grotesken Wettlauf gegen die Zeit, von wegen: Die Prüfungskommission der Regierung steht bald vor dem Werktor, ist der doch sonst so liebe Buana-Chef hektisch bemüht, die Probleme seiner Angestellten schnellst-möglichst zu lösen. Allerdings überschreitet er dabei allerhand moralische Grenzen. Doch was tut man nicht alles für den begehrten Erfolg.
Begeisternd: Mit einer köstlichen, wunderbar-bissigen schwarzen Komödie kehrt „Oscar“-Preisträger, kehrt Superstar JAVIER BARDEM („No Country for Old Men“/s. Kino-KRITIK; der brillante Bond-Bösewicht in „Skyfall“/s. Kino-KRITIK) in sein Heimatland Spanien zurück. Liefert mit einem bestechenden Auftritt als souveräner Patriarch einer erfolgreichen „Fabrik-Familie“ eine Glanzleistung als Führer ab, dem die Kontrolle über sein souverän geführtes Reich zu entgleiten droht. In seiner dritten Zusammenarbeit mit dem Autoren-Regisseur León de Aranoa („Montags in der Sonne“; Loving Pablo“) zieht dieser Seelen-Akrobat alle Register seines grandiosen Könnens und präsentiert Firmenchef Blanco als eine unvergessliche Figur des modernen Kinos. Zuhause wurde dieser „perfekte Chef“ für gleich 20 GOYAS (von 28 einheimischen „Oscar“-Möglichkeiten) nominiert und bekam diesen höchsten spanischen Filmpreis u. a. für den „Besten Film“; für die „Beste Regie“; für das „Beste Drehbuch“ und für den „Besten Hauptdarsteller“ JAVIER BARDEM. Selten traf die Verbindung packende GESELLSCHAFTSKRITIK und vortreffliche, hartnäckige UNTERHALTUNG so zielsicher. Wunderbar! (= 5 PÖNIs).
2.) TIERISCHE NA-JA-ANIMATION in Sachen SUPERHELDEN. Titel = „DC LEAGUE OF SUPER-PETS“ von Jared Stern (Co-B +Co-Produktion + R; USA 2019-2022; Co-B: John Whittington; bezogen auf Charaktere von DC Comics; Co-Produzenten u.a. Dwayne Johnson; M: Steve Jablonsky; 100 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.7.2022). Was sollen wir machen? Stellen wir doch obligatorischen Superhelden wie Superman und Batman und Wonder Woman und Green Lantern und Aquaman tierische Super-Begleiter an die Seite, die natürlich nicht nur bestens herum-zu-hüpfen, sondern auch verständlich zu sprechen verstehen?! Und zünftig auf Einzelheiten lauern wie – wieso – was – warum und überhaupt: Was wäre, wenn Haustiere auch Superkräfte besäßen und in die Enge gejagten menschlichen Superhelden helfen würden? Gedacht, getan. Superhund Krypto versammelt Figuren wie Hund Ace, Hängebauchschwein PB, Schildkröte Merton und Eichhörnchen Chip, um zu trainieren. Nebenbei verlieren diese tierischen Akteure ihre speziellen Kräfte, so dass Krypto & Anhang sich „normale“ Partnerhilfe aus einem Tierheim zwecks Hilfe besorgen müssen. Um gegen fiese Radauvertreter wie Lex Luthor & Anhang (wie Assi Lulu, ein fieses haarloses Meerschweinchen) antreten zu können. Frei nach dem ausgegebenen Motto: „Du kannst alles schaffen, wenn du nur an dich und deine Persönlichkeit glaubst“. Ach was. Der mit glatter Animation herumhopsende Streich will schlicht sein und ist es auch. Keine Ahnung, was diese Verfilmung von fliegenden Pfoten und gebremsten heldischen Superfiguren soll: Spaßig-spannende Unterhaltung wird wenig geboten; dafür gibt es im Nachspann plötzlich kleine wirkende Pointen (= 2 PÖNIs).
3.) TREFFENDER HORROR AUS SKANDINAVIEN. Titel = „HATCHING“ von Hanna Bergholm (Finnland/Schweden 2019/2020; B: Ilja Rautsi; K: Jarkko Rautsi; M: Stein Berge Svendsen; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.7.2022). Eine merkwürdige Familie. Die diktatorische Mutter ist am Dauerlächeln und wirkt dadurch unangenehm wie penetrant-aufdringlich. Der simple Vater-Gatte hält sich aus allem heraus. Der kleine nervige Sohn findet, dass die 11jährige Schwester Tinja (eine Wucht: SIIRI SOLALINNA) zu sehr „bevorzugt“ behandelt wird im Familienkreis. Was dadurch zu erklären ist – die lächelnde Mutti will, dass ihre Tochter demnächst bei einem schulischen Turnerinnen-Wettbewerb unbedingt gewinnen soll. Und dementsprechend Tinja angemessen, also knallhart, „behandelt“. Um nicht zu viel zu verraten: Bei Tinja landet ein Ei in ihrem Bett. Das stetig „wächst“. Und was dort herausklettert…..
Die Eltern kriegen lange Zeit nichts mit. Von dem düsteren Zirkus, der sich im Haus abspielt. Und sie kriegen auch nichts mit von dieser hässlichen Kreatur. Die sich hier eingenistet hat. Mit der sich Tinja verbündet. Zeitweise jedenfalls. Ein erstaunlicher Genrefilm. Als außergewöhnlich spannende Horror-konstante. Verbunden mit den empathischen Gedanken eines pubertierenden Mädchens, das sich in der Umbruchphase zur jungen Frau befindet und „dies“ erst einordnen muss. Mit den alltäglichen Schreckensvorkommnissen. Die sie nun, mal als Betreuerin, mal als „Mutter“, durchlebt. Durchatmet. Und da ist ja auch noch ihre eigene Erzeugerin, die so gerne lächelnd keift und austeilt. Wer auf speziellen skandinavischen Gruselasbest steht, kann sich hier listig-kurzweilig-knackig „amüsieren“ (= 4 PÖNIs).
4.) Die eher beliebigen französischen 1980er Jahre. Titel = „DIE MAGNETISCHEN“ von Vincent Mael Cardona (Co-B + R; Fr/D 2020; Co-B: Chloé Larouchi; Mael Le Garrec u.a.; K: Brice Pancor; M: David Sztanke; 98 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.7.2022). Was soll für uns davon interessant sein? WIR haben doch DIE 1980er Jahre erlebt. Genießen können. In dem wir auf den Wehrdienst (als Westberliner) verzichteten, um stattdessen (hier und dort) zu probieren. Zu experimentieren. Zu „machen“. Wir waren doch 1981: die wahren Outlaws. Plünderten die kinematographischen Entdeckungen in kleinen Lichtspielstätten. Packten vieles an, was sich bot, zum Beispiel beim RIAS, um kulturell, musikalisch, wortreich wie lauthals zu kritisieren. Zu verkünden. Fiebrige Lust. Von wegen Tonbänder, Singles, Kassetten, Mix-Tapes. LPs. Mikrofone. Konfrontationen. Studio-Verkündigungen. Termine. Es war eine Wildheit-ATMO. Eine verrückte, zum „MACHEN“ geeignete Denk- und Emotionszeit. In der fiebrigen Berlinale-Unruhe. Mit den krachenden Begegnungen. Wenn plötzlich Lino Ventura, Sydney Pollack oder Götz George Gesprächsbedarf signalisierten. Und wir IHNEN persönlich begegneten. Vergesse ich nie – 327 wöchentliche Dienstag-Abend-Sendungen „RIAS 2 Special – Film aktuell“. Ab die Post. (Ist alles auf Kassetten gespeichert). Wenn wir in KINO-Previews unseren Hörern persönlich begegnen konnten. Meine Güte, wie wurde begeistert gefeiert. Und wie hatten wir das Gefühl, endlich bewegt sich etwas. Die Tristesse der 1970er war abgehakt. Jetzt kamen echte Gefühle hoch. Im Kino wie privat. Und wenn es alljährlich in den ersten beiden September-Wochen (als Reiseleiter) in die Bretagne ging, lebte alles „französisch“-auf. Und als dann ab 1983 auch BORKUM entdeckt wurde, diese faszinierende ostfriesische Nordseeinsel. Mit diesen Luft-phantastischen Tagen und Wochen. Wo sogar das Kino pulverte. Mit Erstaufführungen. Wie am Kudamm. Nur friesischer.
Und hier? „Die Magnetischen“? Gedöns. Anfang der 1980er Jahre mit französischer Aufbruchsstimmung-Fragezeichen? Auch in der Musik. In einer verschlafenen Kleinstadt. Auf dem Dachboden laufen Radio-phone Experimente. SIE hieß Marianne, war mit ihrem Kind aus Paris zurückgekehrt und doch nur „halb“ erreichbar. Weil sich der charismatische Jerome (JOSEPH OLIVENNES) und sein introvertierter Bruder Philippe (THIMOTÉE ROBART) um sie „bemühen“. Doch Philippe bewegt sich verklemmt/verhuscht und begibt sich dann in den Wehrdienst nach Westberlin. Wo er als DJ beim Militärradio beachtlich hantiert. Aber Marianne nicht mehr erreicht. Vielleicht zu gemein, aber egal. Mich interessiert an diesem Film herzlich wenig. Figuren, Orte, Ensemble, Geschichten. Bleiben müde stecken. Musik? Okay, immerhin: Joy Division, Iggy Pop oder The Undertones. Jedoch: Was hier als allgemeingültige Jugendbewegungen zelebriert wird, ist durchschaubar. Pardon – belanglos. Ich glaube, ich müsste mal über UNS einen fetzigen Film drehen. Über die intensive 80er-Epoche. Mit UNSERER MUSIK. Von einst. Von wegen, zum Aufwärmen. Oder mir mal wieder einmal einen Truffaut-Film besorgen, Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud), DER isses. Der Rest ist magnetisches Schweigen (= 2 PÖNIs).
5.) TV-TIPP: Das SOMMERKINO im Ersten erzählt am nächsten ARD-Dienstag, 2. August, ab 22.50 Uhr, mit „THE GOOD LIAR – Das alte Böse“ von („Oscar“-Preisträger) Bill Condon die Geschichte eines gerissenen Trickbetrügers auf seinem letzten großen Beutezug. „Oscar“-Preisträgerin HELEN MIRREN und Sir IAN McKELLEN liefern sich ein undurchsichtiges Verwirrspiel mit höchstem Einsatz. Als Vorlage für den amerikanischen Kinofilm, der 2019 in London und Berlin gedreht wurde, diente der gleichnamige packende Bestseller von Nicholas Searle.
6.) MUSIK: „Top Gun: Maverick“, in unseren Kinos am 25. Mai 2022, gestartet, war ein gigantischer Kinopublikumserfolg. Heute kümmern wir uns um den großartigen LADY GAGA-SONG aus dem Tom Cruise-Movie, Titel: „HOLD MY HAND“, DER FETZT enorm, klingt wie eine 80er-Ballade und hat es verdient, in dieser Woche als LIEBLINGSSONG gekürt zu werden. Wenn ein Lied dampft, dann gerade DAS:
Wünsche eine imposante Volltreffer-Woche.
HERZlich: PÖNI PÖnack
eMail: kontakt@poenack.de