PÖNIs BLOG (157): „SUPERNOVA“; LIAM NEESON; RIDLEY SCOTT; „DIE KUNST DES TOTEN MANNES“; Ein HASE hat ’ne PHASE; LEONARD COHEN

0.)   Vorige Woche waren es 19 neue Filme, die für die bundesweiten Kinos zum Start vorgesehen waren. In dieser Woche sind es „nur“ 15. Ich habe mir D I E zum Besprechen herausgesucht, mit denen ich lohnenswerter Weise PRO oder KONTRA einhergehe. Deshalb nicht wundern, wenn Streifen wie „Boss Baby“ und „Résistance – Widerstand“ aus dem Besprechungsraster fielen.

1.)   GROSSARTIG WÄRMEND. Titel = „SUPERNOVA“. GB 2019; B + R: HARRY MACQUEEN; K: DICK POPE; 95 Minuten. Bedeutet: Mit SUPERNOVA wird ein Stern bezeichnet, der noch einmal kurzzeitig hell aufleuchtet, bevor er explodiert. Seine Lebenszeit beendet. Während seine Materie im Weltall herumschleudert, um alsbald neue Himmelskörper zu bilden. Die menschliche Existenz ist ähnlich infiltriert. Beispiel: DAS PAAR: Sam (COLIN FIRTH) und Tusker (STANLEY TUCCI). Der Pianist und der Schriftsteller. Sie leben schon ein ganze Ewigkeit zusammen und sind gerade mit ihrem Campingbus zu einer Reise durch die ländlich-phantastische nordenglische Berglandschaft aufgebrochen. Wir erfahren, dass es aller Wahrscheinlichkeit-nach die letzte gemeinsame Tour zu den – herbstlich-betörenden  – Gebieten des Lake District sein wird, wo man sich einst kennenlernte. Und wo in der Nähe Familie, Freunde und Bekannte warten. Sam, der erfolgreiche Pianist, hat sich – fast – von seinem Beruf verabschiedet, um sich ganz seinem geliebten Lebensgefährten zu widmen, der an Demenz erkrankt ist. Und der demnächst nicht mehr DER sein wird, der er war. Während Sam einen letzten Konzertauftritt vorbereitet, wird Tusker wohl sein aktuelles Schreibwerk nicht mehr „schaffen“.

Das Thema „Demenz“ war kürzlich in dem meisterlichen Anthony Hopkins-Epos „THE FATHER“ (s. Kino-KRITIK) im seelischen Blick- und Mittelpunkt; hier folgen mit ebenso meisterlichen Bewegungen zwei herausragende Akteure: Der britische „Oscar“-Preisträger COLIN FIRTH („The King’s Speech“/s. Kino-KRITIK) und der zweifache US-amerikanische „Golden Globe“-Preisträger STANLEY TUCCI (u.a. „In meinem Himmel“/2009). Zwei Typen. Bilden eine Einheit. Sind als innig verbundenes Paar eingespielt. Lassen ihre Liebe spüren wie am ersten Tag. In ihrem alten Wohnmobil sind sie unterwegs, um Stätten der Vergangenheit zu besuchen. Wobei – unterwegs beginnt ihre individuellen Vorstellung von der Zukunft zu kollidieren. Sam und Tusker müssen sich mehr und mehr fragen, so schwerer es auch  zunehmend fällt, was es eigentlich heute bedeutet, einander zu lieben. Im Angesicht der zu erwartenden „Dramatik“ einer unheilbaren Krankheit. WIE dies von den – „unauffälligen“ – beiden Jahrgang 1960-Schauspielern sanft-pointiert ummantelt wird, lässt „Supernova“ zu einem Gefühlsereignis blühen.

Seit 1991 fängt der (zweifach „Oscar“-nominierte) britische Kameramann DICK POPE immer wieder großartig-„passende“ Bilder für den britischen Regisseur Mike Leigh ein (2014/“Mr. Turner – Meister des Lichts“/s. Kino-KRITIK). So auch behutsam hier, wenn es darum geht, die ruhige Nähe von Körper, Mimik, Gesicht – sowie der Hände – in zusammenhängenden, atmosphärischen, räumlichen Landschaftseinklang zu bildern: „Es geht nicht um Fairness, es geht um Liebe“. Während die belebende Ironie von Sam und Tusker eine wunderbare Vertrautheit ausstrahlt. Selten haben wir es mit einem Beziehungsfilm (= ein  schändliches Wort, ich weiß; pardon) zu tun, der dermaßen von so viel Wärme, HERZlichkeit und Lebenslust und Trauer erfüllt ist. Ohne – zu – viele Worte bemühen zu müssen. „Supernova“ bedeutet ehrliche Emotionen einwirken zu lassen. Der, nach „Hinterland“/2013, zweite Autoren-Spielfilm von HARRY MACQUEEN ist kein Krankheitsfilm, sondern vermittelt empathische Tiefe mit sagenhaft viel Seelen-Menschlichkeit (= 4 1/2 PÖNIs).

2.)   EIS-(LKW-)WESTERN. Titel = „THE ICE ROAD“. Von JONATHAN HENSLEIGH (B + R); USA 2020; K: Tom Stern (= der viel für CLINT EASTWOOD-Filme gefilmt hat); 109 Minuten. ER, Jahrgang 1952, lässt nicht locker. Gibt nicht auf: LIAM NEESON. Hier ist er wieder heldisch in Aktion. Als erfahrener Road-Trucker Mike McCann begibt er sich mit seinem behinderten Bruder Gurty (MARCUS THOMAS) und einigen weiteren tapferen Freiwilligen (darunter LAURENCE FISHBURNE) auf eine hochgefährliche Rettungsmission. Sie transportieren mit gewaltigen Trucks die tonnenschwere Ausrüstung, die für die Bergung verschütteter Kumpel dringend benötigt wird. Es gibt aber nur einen Weg zur Mine, und der führt über die gefährlichen Ice Roads der gefrorenen Seen im äußersten Norden Kanadas. Die Mission gerät zum Wettlauf gegen die Zeit: Schmelzendes Eis, Lawinen sowie ein brutaler Schneesturm sorgen für Zuhauf-Gefahren. Während den eingeschlossenen Minenarbeitern so langsam der Sauerstoff ausgeht. Doch die eigentliche Bedrohung für diese spektakulären Bemühungen kommt von ganz anderer Seite  – jemand spielt ein dreckiges, falsches, gemeines Spiel. „Sheriff“ Mike muss sich nicht nur beeilen, sondern auch gigantisch bemühen, damit hier eine Rettungschance überhaupt noch besteht. Konventionelle Thriller-Story um miesen Geld-Adel, durchsetzt mit gigantischen, wahnsinnig-aufbrausenden exzellenten Action-Szenen um Anführer Mike-LIAM (= 3 PÖNIs).

3.)   ME TOO. Titel = „THE LAST DUEL“. Von RIDLEY SCOTT (USA/GB 2020). Drehbuch: Ben Affleck; Matt Damon; Nicole Holofcener. K: DARIUSZ WOLSKI; 152 Minuten.  Es sind 24 Jahre her, dass Matt Damon und Ben Affleck das Drehbuch zum Film „Good Will Hunting“ verfassten und 1997 jeweils mit einem „Oscar“ dafür ausgezeichnet wurden. Ihre neueste Drehbuch-Zusammenarbeit basiert auf einem mittelalterlichen Ereignis in Frankreich, angesiedelt 1386, das auf Tatsachen basiert. Und heutzutage nach ME TOO klingt. Eine französische Adlige, die attraktive Marguerite (JODIE COMER), behauptet, vergewaltigt worden zu sein. Ihr Gatte, dem sie dies berichtet, ist Ritter Jean de Carrouges (MATT DAMON). Der Beschuldigte ist sein bester Freund und zugleich ein angesehener gesellschaftlicher Aufsteiger namens Jacques Le Gris (ADAM DRIVER). Der weist die Anschuldigungen zurück. Eigentlich wäre damit alles bereinigt, denn Frauen haben generell in dieser Zeit keinen Anspruch auf Wahrheit  beziehungsweise Wahrheitsfindung. Doch Jean will dies nicht akzeptieren. Fordert den ehemals Verbündeten Jacques zu einem Duell im Rahmen eines Gottesurteils heraus. Wohlwissend, dass seine Marguerite auf dem Scheiterhaufen endet, sollte er das Duell letzten Endes verlieren. Wie damals, anno 1950, als Japans Meisterregisseur Akira Kurosawa in dem dann zum Klassiker mutierten Samurai-Drama „Rashomon“ die Begriffe „Wahrheit“ und „Wirklichkeit“ kritisch hinterfragte, zeigt auch Ridley Scott die Tragödie aus drei Perspektiven. Wir erleben diese Historiengeschichte in einem Rahmen von 152 Minuten: zuerst aus den Augen von Jean de Carrouges, dann mit dem Blick von Jacques Le Gris, dem Beklagten, und schließlich durch die Perspektive von Marguerite. Dabei werden immer wieder Verweise der Historie mit den aktuellen (ME TOO-)Geschehen verbunden. Um sich schließlich dem titelgebenden DUELL in einer unglaublich brachialen Dimension zu widmen. Mit sagenhaften Action-Details. Wobei DARIUSZ WOLSKI mit seiner Kamera ganze Werksarbeit leistet. Übrigens – es ist die letzte gesetzlich verankerte französische Konfrontation dieser brutalen eisigen „Aufklärung“. Bei der es weniger um tatsächliche Aufklärung und mehr um die Ignoranz und Egozentrik von „Mann“ geht. Um schließlich in ein monumentales, heroisch (supergefilmtes) Gefecht mit allem lauten Drum und ungebremsten Dran auszuarten (= 3 PÖNIs).

4.)   GEFÄHRLICH. Titel = „DIE KUNST DES TOTEN MANNES“. Von DAN GILROY (B + R); USA 2018; mit JAKE GYLLENHAAL; RENE RUSSO; TONI COLLETTE; JOHN MALKOVICH; 113 Minuten. Läuft, als Heimkino, bei NETFLIX. Dan Gilroy, geboren am 24. Juni 1959 im kalifornischen Santa Monica, ist vor allem Drehbuch-Autor und ab und an auch Regisseur. Sein Regie-Debütfilm war „Nightcrawler – Jede Nacht hat ihren Preis“, der im Kino-Winter 2014 auch hierzulande für Furore sorgte (s. Kino-KRITIK/ 4 1/2 PÖNIs). Hier begibt er sich in die rabiate Kunstszene von Los Angeles, wo sich „die Herrschaften“, die aufgeweckten, eitlen Kunstsachverständigen, um die Gemälde verbal keilen. Mittendrin: Morf Vandewalt (JAKE GYLLENHAAL), ein anerkannter Grizzly von Kritiker („Jegliche Kunst ist gefährlich“). In der Hauptsache: Man belauert sich. Wer kann was wo gesehen, erlebt, entdeckt haben; wo befinden sich die goldigen Entdeckungen = Gewinne. Irgendwann mischt sich „Nachwuchs“ Josephina (ZAWE ASHTON)  ein. Nachdem ein älterer Mieter in ihrem Gebäude gestorben ist, entdeckt sie dessen massenhafte Gemälde. Anstatt diese, wie vom Verstorbenen angeordnet, unverzüglich zu vernichten, beginnt sie, mit denen „zu spielen“. Womit sie die Kunstszene alarmiert. Einschließlich, und vor allem, Josephinas Chefin Rhodora Haze (RENE RUSSO). Einem geldgeilen Aas. Bald herrscht allgemein helle Aufregung; die Kunststücke des bislang unbekannten Malers sorgen für höchste Euphorie. Warum diese Kunststücke eigentlich aber besser hätten vernichtet werden MÜSSEN, wird bald klar  – , wenn die Bilder ZU LEBEN beginnen. Und all jene bestrafen, die von der Kunst des verstorbenen Künstlers profitieren. Wollen. „Velvet Buzzsaw“, so der Originaltitel, ist eine kesse, mit satirischen Elementen ausgestattete Horror-Thriller- Heimkino-Entdeckung (= 3 PÖNIs).

5.)   Deutsch-LÄPPISCH. Titel = „ES IST NUR EINE PHASE, HASE“. Von Florian Gallenberger (Co-B + R); D 2020; nach dem gleichnamigen Buch von Maxim Leo und Jochen-Martin Gutsch; 105 Minuten. Was wir hierzulande nur für einen – stark geförderten/Steuer-teuren – Humbug zu verfilmen wissen. Papa. Paul (CHRISTOPH MARIA HERBST). Mit Gattin Emilia (CHRISTIANE PAUL) und drei Kinder. (Einmal sind es sogar 4, aber da habe ich mich wohl verzählt). Paul wichst sich einen am Computer. Auffällig. „Du musst dich konzentrieren, um mit mir Sex zu haben“, spricht Paul zu Emilia. Dann hat er ’ne Kugel im Hintern. Aber die fliegt irgendwann doch heraus. „Bin ’ne frustrierte alte Frau“, tönt Emilia. Die dann kurz mal fremd vögelt. Und dies Paul erzählt. Die Folge: Gemischte Eheprobleme auf piefig. Man redet Müll. Und trennt sich auf Zeit. Also ER. Wechselt die Wohnung. „Haben Sie sich denn selbst  befriedigt?“, fragt die Assistentin im Testzentrum ihn laut. Motto: Lustigkeit kennt keine Prostata. Und Depri-Sprüche bleiben Depri-Sprüche.

Was soll DAS? Und: Warum soll das WAS SEIN? Und: Wieso wird derart Nix ins KINO gebracht? (= 1/2 PÖNI für einen versteckten Gag).

6.)   MUSIK: Neben Joe Cocker war es vor allem LEONARD COHEN, dessen Konzerte ich mir des Öfteren gerne leistete. Um dem gerade aktuellen -“ intensiven“ – James Bond-Sound mal etwas zu entgehen, setze ich für diese Woche auf einen LEONARD COHEN-Klassiker mit einem raffiniert-faszinierenden großartigen Atmo-Clip. Lieblings-Moto: „A THOUSAND KISSES DEEP“. Viel Vergnügen!

Wünsche eine GESUNDE, friedliche Stimmungswoche.

HERZlichst:   PÖNI PÖnack

kontakt@poenack.de

 

 

 

 

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