THE KING’S SPEECH

PÖNIs: (5/5)

„THE KING´S SPEECH“ von Tom Hooper (GB/Austr. 2010; B: David Seidler; K: Danny Cohen; M: Alexandre Desplat; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 17.02.2011); dies ist der zweifellos erste richtig RIESIGE Kinofilm des Jahrgangs 2011 und eine echte wie wunderschöne Überraschung! Satte 12 „Oscar“-Nominierungen sprechen (phantastische) Bände. Dabei ist er „bloß“ ein SPRACH-WESTERN. „Lediglich“ ein Duell um bzw. wegen der Sprache. Und ist doch so köstlich und schön. Über DEN sich jetzt der ohnehin schon vorzügliche britische Schauspieler COLIN FIRTH endgültig adelt.

Aber der Reihe nach, die Begeisterung noch etwas gezügelt: Der 1972 in London geborene TOM HOOPER ist im Kino, nein, war im Kino bislang ein Unbekannter. Sein erster Kinofilm war 2004 das Drama „Red Dust – Die Wahrheit führt in die Freiheit“, eine britisch-südafrikanische Co-Produktion. Kinofilm zwei folgte 2009, hieß „The Damned United“, war ein Sport-Drama, in dem Michael Sheen den legendären britischen Fußball-Manager Brian Clough („Leeds United“) spielte. Der in England sehr erfolgreiche Streifen hatte seine Weltpremiere beim Toronto-Filmfestival und wurde für verschiedene Preise nominiert. Tom Hooper aber, der sich bis dato durch hochkarätige und vielfach hochdekorierte britische TV-Projekte einen Namen gemacht hatte (Zweiteiler „Elizabeth I.“/2005, mit Helen Mirren + Jeremy Irons; Miniserie „John Adams“/2008, mit Paul Giamatti + Laura Linney), kam dadurch endgültig mit dem Kino „zusammen“. Sein 3. Kinofilm nun ist eine Adaption des noch unveröffentlichten gleichnamigen Theaterstücks von David Seidler, einem 73-jährigen britischen Autor, der sein erstes Drehbuch für Francis Ford Coppolas Film „Tucker“ schrieb (1988; mit Jeff Bridges) und vielfach für große TV-Filme den Stoff lieferte („Onassis – Der reichste Mann der Welt“/1988; „Soraya“/2003). David Seidler, der in seiner Kindheit an einem schweren Stottern litt, plante sein Skript für ein Bühnenstück, bevor er es – zunächst – „verfilmungsreif“ umschrieb. Als Bühnenstück wird „The King´s Speech“ im Frühjahr diesen Jahres am Broadway herauskommen, nach dem jetzt umjubelten Leinwand-Ereignis.

„Die Rede des Königs“ ist die authentische Geschichte des britischen Prinzen Albert, später George VI. (*14.12.1895 – †06.02.1952), Vater-König der heutigen Monarchin Elizabeth II. von Großbritannien. Als wir ihn erstmals kennenlernen, soll Prinz Albert, der Duke of York, im Jahr 1925 – auf Veranlassung seines Vaters, König George V. – die Abschlussrede für die Empire-Ausstellung im völlig überfüllten Londoner Wembley-Stadion halten. Für „Bertie“, wie er von seiner Familie (seiner Ehefrau Elizabeth, seinen Töchter Elizabeth + Margaret) liebevoll genannt wird, ist es die erste Live-Ansprache. Die auch vom immer „wichtiger“ werdenden Radio übertragen werden soll. Doch das Ganze endet in einem Desaster. Denn „Bertie“ leidet schon seit frühester Kindheit an einem schweren Stottern und bringt unter Anspannung keinen Ton heraus. Viele ärztliche wie therapeutische Hilfe hat nichts gebracht.

Die ebenso kluge wie resolute Ehefrau Elizabeth (die spätere Queen Mum/HELENA BONHAM CARTER) wendet sich daraufhin an einen, sagen wir einmal, etwas „unkonventionellen“, vielleicht auch etwas „eigenwilligen“ Sprachtherapeuten, an Mr. Lionel Logue, einen australischstämmigen Briten (GEOFFREY RUSH). Dieser energiegeladene, gewissenhafte und ziemlich „direkte“ unadlige Sir, der sich „nach Feierabend“ als Shakespeare-Mime beim Amateurtheater (vergeblich) abstrampelt, findet bei seinem feinen wie verkrampften Patienten zunächst alles andere als „Zugang“, ganz im Gegenteil. Man „feindet“ sich „korrekt“ an. Ganz Gentleman-like. Natürlich. Aber nach und nach „nähert“ man sich doch an. Mit zum Beispiel extremen Flüchen. Ganz im Sinne des Trainers (heute: des Coachs). Und des noch immer viel zu stocksteifen „Berties“. Dessen Bruder als König-Nachfolger wegen seines „lasterhaften Privatlebens“ bald ausfällt. So dass auf Albert gewichtige repräsentative wie vor allem mediale Aufgaben zukommen. Für die er nunmehr eine EXZELLENTE, SICHERE SPRACHE dringend wie ständig „benötigt“. Lionel, der „Dirigent“ und „Bertie“ George, sein Monarch. Was für eine tolle Geschichte.

Und was für ein gewichtiger leichter, feiner Film. Ganz und gar unangestrengt warmherzig. Mit einer geradezu grandiosen Köstlichkeit an britischem Sprachwitz-Charme, an feinem Pointen-Reichtum, an völlig kitschresistentem Handhaben. Mit einem erstklassigen GIGANTISCHEM Darsteller-Potenzial. INSGESAMT wie im Detail: Das Ensemble ist formidabel ausgestattet, mit vorzüglichen Akteuren wie HELENA BONHAM CARTER (die böse Bellatrix Lestrange aus den „Harry Potter“-Abenteuern; oder die garstige „rote Königin“ aus „Alice im Wunderland“, oder die Woody Allen-Ehefrau in „Geliebte Aphrodite“/1995). Die hier mit souveräner, pragmatischer Kraft und enormer Ausstrahlung den geliebten Mann „souverän“ lenkt. GUY PEARCE hat als lebenslustiger Aussteiger-König die Sympathien sowieso auf seiner Seite; MICHAEL GAMBON gibt den strengen George V., der die Staatsraison über die väterlichen Gefühle stellt. Und damit quasi einst der Auslöser war… Während der hierzulande gesichtsbekannte, aber noch unentdeckte rundliche TIMOTHY SPALL, der Peter Pettigrew aus „Harry Potter“, einen überaus reizvollen WINSTON CHURCHILL-passt-schon gibt, vorführt. Exquisit.

Aber die Rampe der Bühne gehört zwei darstellerischen Edelleuten von ungeheurer Präsenz: Dem Australier GEOFFREY RUSH (59), der für seine Rolle des begnadeten, behinderten Pianisten David Helfgott in „Shine – Der Weg ins Licht“ 1996 mit dem „Oscar“ bedacht wurde, sowie natürlich dem 49-jährigen Briten COLIN FIRTH, über die „Bridget Jones“-Filme, das „Tatsächlich … Liebe“-Schmankerl (2003), die „Mamma Mia!“-Show (2008) und zuletzt als „A Single Man“ aufgestiegen. Hier ist SEIN Olymp: Als „normaler Adliger“ besticht, entzückt, erstaunt, brilliert Colin Firth mit einer auf den Poren-Punkt genau gebrachten überzeugenden Körper- und Gesten-Haltung. Ist einfach sensationell in der gelungenen Mischung aus seriöser Standfestigkeit und menschlicher Schwachseele. Die sich unorthodox öffnen muss, um endlich normal sprechen zu können. Und diese innere emotionale Quadratur tatsächlich vollzieht. Colin Firth kriegt dies einfühlsam wie liebevoll komisch HIN. Eine unglaubliche Präsentation. Bei dem Thema Stottern. Wie peinlich, gar blöd hätte DAS ausgehen können … aber von wegen bzw. ganz im Gegenteil. Man sollte dies IM ORIGINAL (mit deutschen Untertiteln) vernehmen, so köstlich wort-eindringlich, durchdringlich gestaltet sich dieses Herantasten an Silben, Sätze & Trauma-Überwindung.

„The King´s Speech“ ist eine erstklassige Komödien-Symphonie; eine zauberhafte Komposition von intelligentem Spiel und Humor. Zu dem natürlich auch der unerbittliche, ebenso faszinierende „Lehrer“ Geoffrey Rush seine provokanten Pointen superb beisteuert. Wie diese Beiden sprechen, blicken, gehen, sich anschauen, sich anbrüllen, aufeinander zugehen, sich „verbrüdern“, gehört zum KÖSTLICHSTEN KINO seit langem.

Definitiv: Wir haben den ersten MUSS-Kinofilm in 2011; mit übrigens auch einem sich musikalisch behutsam einfügenden, stimmungsleitenden SOUNDTRACK von Alexandre Desplat sowie natürlich der unbedingt auch erwähnenswerten passenden, unaufdringlich glänzenden Ausstattung von EVE STEWART und den „stimmungsvollen“ Kostümen von JENNY BEAVAN.

Ein absolutes Rundum-Vergnügen: HERRLICH (= 5 PÖNIs).

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