0.) = DER BLOG. Des Lebens. Die Notierung von Ereignissen. Die in Erinnerung geblieben sind. Im heutigen Nachhinein: meistens erstaunlich. Mitunter komisch. Mit reichlich Tragik-Charme. So was. In DER Art. In letzter Zeit platziere ich hier allerdings aktuelle Filmkritiken. Von wegen: für „große“ Texte herrscht derzeit zu viel (Corona-)Unruhe. Gesellschaftlich wie privat. Deshalb nutze ich die Möglichkeit für „kleines“ Text-Fieber. Und bin gespannt, wann sich DAS wieder normalisiert. Auch DAS mit dem KINO. Wo in den letzten Wochen und Monaten viele vorgesehene Starts abgesagt = verlegt wurden. Auf irgendwann demnächst. Also: Resignation?: NEIN. Vielmehr angebrachte Vorsicht?: JA.
1.) 119 Minuten spannender KRAWALL; mit (lange Zeit) provozierendem REALISMUS. Titel = „GREENLAND“. Vom Regisseur RIC ROMAN WAUGH. Geboren am 20. Februar 1968 in London, seit Jahren in den USA tätig als Autor, Produzent und früher auch als Stuntman. Davor schuf er – mit Gerard Butler als Hauptakteur und Mit-Produzent- „Angel Has Fallen“ (s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs), hier ackerte er wieder mit dem schottischen Briten in einem bzw. für einen zünftigen Action-Epos. Das eigentlich erst in der kommenden Woche in unseren Kinos anlaufen sollte, aber kurzfristig um eine Start-Woche vorverlegt wurde. Motto: Action-Futter leg‘ los.
Wir haben schon des Öfteren darüber gelesen = davon gehört: ACHTUNG, ACHTUNG, da fliegt was ungemein Gefährliches, Bedrohliches aus dem All auf uns zu. Aber auch: wie immer an uns vorbei. Denn: Würde DAS uns treffen, würden WIR nicht mehr existieren können. „Greenland“ erzählt von solch Katastrophen: Ein Kometenhagel stürmt – als totale Druckwelle – direkt auf den Planeten Erde zu. Nimmt einen anderen Verlauf als ursprünglich angenommen. Steuert DIREKT auf UNS zu. Wird bald viele(s) vernichten, wie Experten bestätigen. Und tatsächlich: Als erstes muss Florida „dran glauben“. Gerüchte verbreiten sich – nur Auserwählte können von der Regierung und dem Militär rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Wie Ingenieur John Garrity (GERARD BUTLER), der die Aufforderung bekommt, sich sofort mit seiner Gattin Allison (MORENA BACCARIN) und dem kleinen Sohn Nathan (Roger Dayle Floyd) zu einer Militärbasis zu begeben, wo sie nach Grönland ausgeflogen werden sollen. Einem letzten sicheren Ort. Währenddessen hat weltweit viele Menschen längst Schock, Wut und Panik erfasst. Die „Stärkeren“ nutzen mehr und mehr ihre „Überlegenheit“ aus. Für die Family Garrity beginnt ein übler Spießrutenlauf. Auch, weil sie teilweise auseinandergerissen werden, also mittendrin allein auf sich gestellt sind. „GREENLAND“, im Sommer 2019 in den USA gedreht, bedient die – keineswegs nur fiktiven – Gedanken: Was passiert WIE, wenn SO ETWAS einmal möglich werden sollte. Pures Katastrophen-Szenario. Drehbuch-Autor Chris Sparling stellt den dramatischen Überlebenskampf einer Familie unter apokalyptischen Bedingungen in den Mittelpunkt. Mit packenden Blick- und Action-Motiven über eine eifrig auseinanderbrechende Gesellschaft. Allerdings geht dem Spannungsdampf in der letzten halben Stunde die Puste aus, wenn es nur noch darum geht, dem Fegefeuer zu entkommen, den himmlischen Attacken auszuweichen, Schmus und Kuss „vibrieren“ zu lassen, Family-Zucker zu verbreiten. Plus der – bekannten – Auswüchse eines globalen Katastrophen-Spektakels. Da ist der Streifen längst gefuttert. Von den vorherigen zahlreichen-trickreichen Wendungen ist nur noch wenig übrig geblieben (= 3 PÖNIs).
2.) POLITISCH – ENGAGIERT. Titel = „THE TRIAL OF THE CHICAGO 7“. Geschrieben und inszeniert von AARON SORKIN. Der am 9. Juni 1961 in New York City/New York geborene Aaron Benjamin Sorkin zählt zu den „besten Beobachtern von Gesellschaft und Politik in den USA“ („SZ“). Ist Schöpfer und wichtigster Autor der großartigen Ami-TV-Serie „West Wing – Im Zentrum der Macht“ und bekam 2011 den „Oscar“ für das „Beste adaptierte Drehbuch“ für „The Social Network“ (s. Kino-KRITIK). Des Weiteren stammen von ihm die Drehbücher zu Hollywood-Hits wie „Der Krieg des Charlie Wilson“ (s. Kino-KRITIK); „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ (s. Kino-KRITIK); „Steve Jobs“ (s. Kino-KRITIK) und, als Autor und Regisseur, „Molly’s Game – Alles auf eine Karte“ (s. Kino-KRITIK). Sein zweiter Film als Autoren-Regisseur blickt auf einen speziellen amerikanischen Prozess aus dem Jahr 1968, in dem Sorkin zwei völlig gegensätzlich Ideen von „AMERIKA“ ablaufen lässt. Warum das HEUTE überzeugt? Man hat keine Sekunde den Eindruck, dies „geschehe“ vor rund 5 Jahrzehnten, sondern „gerade“. Das Weiße Establishment hat soeben „Einen von Ihnen“ = Richard Nixon = ins Weiße Haus republikanisch katapultiert und plant jetzt einen juristischen, also gerichtlichen Rachefeldzug gegen acht Führungsfiguren der Gegenkultur. Weil sie, darunter auch der Black Panther Party-Gründer Bobby Seale (Yahya Abdul-Mateen II), im Vorjahr in Chicago viel aufmüpfigen Gegenlärm veranstalteten. Beim Demokraten-Treffen. Zwar dafür von der einheimischen Polizei viel Prügel einstecken mussten, nun aber „richtig“ büßen sollen. In dem man deren „Schandtaten“ als geplante kriminelle Verschwörung und Aufhetzung in Sachen Volksaufstand lauthals verkündet. Und da die weiße obere Mischpoke Richter Julius Hoffman (begeisternd: FRANK LANGELLA) als „aufrechten Republikaner“ kennt und schätzt, stehen die Aussichten für die Ankläger auf ein „gerechtes Urteil“ SEHR fies-gut.
Der Film, der kurz bei uns im Kino lief und nun bei NETFLIX zu sehen ist, stimmt. Sowohl in der Tonlage wie auch in der Gerichtssaal-Aufarbeitung – Kamera: PHEDON PAPAMICHAEL – wie überhaupt: über das vortreffliche namhafte Ensemble, das formidabel eingestimmt ist in seiner pikanten, cleveren, empörten, resignierten Gegenwehr. In dem Bemühen, eklige Korruption und lächerliche Strafverfolgung in Amerika anzuprangern, geraten u.a. Stars wie SACHA BARON COHEN, EDDIE REDMAYNE, JOSEPH GORDON-LEVITT oder kurz auch MICHAEL KEATON in Top-Form. „Der Prozess gegen Chicago 7“, im Herbst 2019 filmisch gepflanzt in Chicago und Umgebung von New Jersey, ist ein cleveres, beeindruckendes Polit-Juwel und verkündet DEN Satz überhaupt: „DIESER PROZESS IST SO WAS WIE DIE OSCAR-VERLEIHUNG DER PROTESTBEWEGUNG – DA IST ES SCHON EINE EHRE, UNTER DEN NOMINIERTEN ZU SEIN“ (= 4 1/2 PÖNIs).
3.) HAGEN-NOT. Titel = „CORTEX“. Von und mit MORITZ BLEIBTREU. Der ungemein aktive Schauspieler, am 13. August 1971 in München geboren, stellt seinen ersten eigenen Film vor: Drehbuch, Produktion, Regie, Hauptdarsteller. Als Supermarkt-Sicherheitsmann Hagen. Der seit geraumer Zeit mit unkontrollierten Schlafphasen kämpft, weil er zwischen Traum und Realität nicht zu unterscheiden vermag. Worunter die sowieso schon angeschlagene Beziehung zu seiner Gattin Karoline (NADJA UHL) noch mehr belastet wird. Was mit dem Kleinkriminellen Niko (JANNIS NIEWÖHNER) ebenso zu tun hat wie mit „der Beziehung“ beider Männer. Wenn es die denn überhaupt gibt. „Cortex“ entwickelt sich zu einem Alptraum zwischen Realität und Einbildung. Mit Fragezeichen ? Wer existiert, wer traumatisiert? Was überhaupt soll hier vermittelt werden? „Cortex“, der Film, läuft 96 Minuten am Betrachter rätselhaft vorbei. Während die zahlreichen optischen wie akustischen Verweise auf die von Moritz Bleibtreu verehrten Kollegen wie David Lynch („Lost Highway“), Quentin Tarantino („Pulp Fiction“) oder Christopher Nolan („Inception“) zum Denk- und Zitat-Spiel mutieren. Mit einem tosenden Sound. Ein merkwürdiger Streifen (= 2 PÖNIs).
4.) Zur kurzen Feststellung – ein weiterer Neukinofilm: „MEIN LIEBHABER, DER ESEL UND ICH“ oder – was Dummes aus Frankreich; eine Lehrerin pocht auf unterwürfige Liebe und kriegt – in Natura – einen eigenständigen Esel (= 1; schöne Natur).
5.) MUSIK: Immer mal wieder tauchen Songs mit einem explosiven Text auf, den man nicht nur bestens versteht, sondern auch förmlich zu sehen vermag. Beispiel: ACHIM REICHEL vibriert: „DER SPIELER“. Musik, Sinn, Vortrag, Kitzel: 1 A. Damals, 1981. „Komm rüber, Spieler, Spieler komm rüber“ heißt es im Reichel-Album „Blues in blond“, auf dem sich der Spieler-Song befindet. Für mich in dieser explosiven Woche d e r packende Nervenkitzel-Reißer:
Wünsche der Gemeinde ein angemessenes Gelingen. Habt eine gewinnbringende gesunde Spiel-Woche. HERZlichst: PÖNI Pönack
kontakt@poenack.de