PÖNIs BLOG (104): MY OCTOPUS TEACHER; VERGIFTETE WAHRHEIT; 3 weitere neue KINOFILME; DRAFI „dam-dam, dam-dam“ DEUTSCHER

1.) MITREISSEND – EMPATHIE-pur: Titel = „MEIN LEHRER, DER KRAKE“ERGREIFEND.  Wenn man mir am Jahresende 2020 die gewohnte Frage nach meinem „Besten Jahresfilm“ stellen wird, kann ich bereits JETZT DIESEN FILM sofort nennen: „MY OCTOPUS TEACHER“ beziehungsweise: „MEIN LEHRER, DER KRAKE“. Klingt nach einem außergewöhnlichen Ereignis. Und erweist sich auch als solches. Über die gesamten 85 Minuten. Handelt von einem wahren Erlebnis des südafrikanischen Naturfilmers und Tauchers Craig Foster. Thema: Ein Mann mittleren Alters flüchtet sich aus einer Lebenskrise hinein in die wilde Natur. Craig Foster war viele Jahre durch die Welt gereist, tat sich als erfolgreicher Filmemacher hervor, suchte als Unterwasser-Forscher nach faszinierenden Motiven und einprägsamem Doku-Sinn. Nachdem er in Kapstadt, gemeinsam mit seinem Bruder Damon Foster, eine Produktionsfirma gegründet hatte, entstanden fürs Kino, für „National Geographic“ oder für den „Discovery Chanel“ eine Menge preisgekrönte Dokumentationen. Im Jahr 2010 bekam Craig einen Burn-Out. Geriet in eine Sinn- und Lebenskrise. Fühlte sich ausgebrannt. „Ich wurde krank von all dem Druck“, erklärt er in dem Film. Der vor zehn Jahren unter der Regie von Pippa Ehrlich und James Reed und gemeinsam mit dem Kameramann ROGER HORROCKS entstand, aber heute erst erschienen ist. Bei NETFLIX. Und ein Jahr von damals beschreibt, welches der Dokumentarfilmer in einem kalten Unterwasser-Seetangwald an der Spitze Südafrikas verbracht hat. Wo er einem jungen neugierigen Tintenfisch begegnet. In dem er monatelang deren Höhle besucht und deren Bewegungen verfolgt, gewinnt er das Vertrauen des Tieres, dass ihm dann sogar einen ihrer ihrer saugnapfbesetzten Fangarme entgegenstreckt. Mit nicht für möglich gehaltenen Bewegungen beschreibt Craig Foster fortan die Auswirkungen seiner Beziehung zum Tintenfisch auf sein Leben. Die Autorin Kathleen Hildebrand ist in der „Süddeutschen Zeitung“ (4.10.2020) genauso angetan und wirbt für diese hochemotionale filmische Lebens- bzw. Meeres-Biologie:  „Ein knappes Jahr später schießt sie beim Spielen auf ihn zu und, ja, sie schmusen miteinander, schwebend, zwischen Fischen und Tang. WIE SANFTMÜTIG CRAIG FOSTER DIE WELT UNTER WASSER ERKUNDET, DIE VERBUNDENHEIT ALLER IHRER TEILE MIT DIESEM WUNDERVOLLEN, KLUGEN TIER, DAS IST ÜBERWÄLTIGEND“ (5 PÖNIs).

2.) ENGAGIERT – SPANNEND: Titel = „VERGIFTETE WAHRHEIT“Die Geschichte ist empörend, aber real. Basiert auf dem „New York Times“-Artikel „Der Anwalt, der Duponts größter Alptraum wurde“ von Nathaniel Rich. Erzählt von Unrecht und vom gigantischen Gewinn. Dafür. Und von einem Mann, der dies nicht akzeptieren will. Und deshalb einen bestialischen Kampf aufnimmt. Dabei geht die Konfrontation mit DEN MÄCHTIGEN an die Substanz von Gesundheit, privatem Frieden und immer unerträglicher werdenden Belastungen. 1988. In Cincinnati. Sein Name: Rob Bilott (MARK RUFFALO). Ein Wirtschaftsanwalt, der kürzlich seinen Karriereweg gestartet hat. Bei einer renommierten Kanzlei. Als ihn der Horror erreicht. Über eine Bedrohung, die aus dem Wasser kommt. Die inzwischen Tiere, vor allem Kühe, und Menschen erreicht hat. In der Kleinstadt Parkersburg, West Virginia. Wo die Mutter von Rob lebt. Einige Nachbarn, Farmer, vermuten hinter allem den Chemiekonzern DuPont. Der die Umwelt seit Jahren gigantisch belastet und riesig-gewinnbringend zerstört. Rob Bilott findet tatsächlich erste belastende „bestätigende“ Indizien. Meldet dies seinem Boss Tom Terp (TIM ROBBINS) und beginnt mit einer Gewissenskonflikt-Arbeit, denn der Multimilliarden-Dollar-Konzern DuPont ist ein hochkarätiger Kunde bei der Kanzlei, für die Rob tätig ist. Der angesehene Jurist wühlt sich fortan durch gigantische Aktenberge und schafft es, „daraus“ einen Fall entstehen zu lassen, auch Teflon-Skandal genannt, für den sich bis dahin weder Politik noch Gerichte befassten. Zuständig fühlten.

Dieser packende Real-Thriller beginnt 1989 („Besser Leben mit Chemie“) und beschäftigt heute weiterhin die amerikanische Justiz. Bislang erstritt der Anwalt eine Entschädigung von 672 Millionen Dollar für mehr als 3500 Menschen, die durch die Chemikalien des Konzerns geschädigt wurden. Rob Bilott erhielt 2017 für sein Engagement den Alternativen Nobelpreis. Regisseur TODD HAYNES, bekannt durch Klasse-„Alternativ“-Streifen wie der fiktiven Bob Dylan-Biografie „I’m Not There“ (2007/s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs) und „Carol“ (2015/s. Kino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs), schuf mit „Dark Waters“, Originaltitel, keine heldische Western-Abrechnung, sondern ein tief wie erschütternd eintauchendes Thriller-Drama, an dem nur auszusetzen ist, dass ANNE HATHAWAY als Gattin von  Rob Bilott nur nebenbei mitwirkt. Während „Anwalt“ BILL PULLMAN genüsslich(er) mitmischt. Bei diesem furiosen Spannungsfilm der konzentrierten, aufwühlenden, intensiven Polit- und Gesellschaft-Töne. Dem jetzt im Kino zu begegnen sich beeindruckend – wahrhaftig lohnt (= 4 PÖNIs).

3.) ERSTAUNLICH: Titel = „MILLA MEETS MOSES“ER hat eine Menge Filmfestival-Stationen – wie Venedig, London, Warschau, Chicago – absolviert und heimste viel Lob ein. Dem australischen Film „Babyteeth“, Originaltitel, jetzt im Kino zu begegnen, ist ein Gewinn. Milla (ELIZA SCANLEN/toll) trifft Moses (TOBY WALLACE/“pikant“). Obwohl er sich „ziemlich daneben“ offenbart, nimmt sie ihn mit zu sich nach Hause, um ihn ihren Eltern Anna (ESSIE DAVIS) und Henry (BEN MENDELSOHN) vorzustellen. Die Mama, eine ziemlich verpeilte ehemalige Konzertpianistin, der Vater ein sichtlich entspannter Psychiater. Dahersst“ der chaotische Moses irgendwie doch. Hier her. Zumal: die Lebensfreude Millas und ihr Wunsch, ab und an mal wegzukommen von ihrer Krebskrankheit, wischen irgendwann die elterlichen Bedenken weg. Das Drehbuch basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Rita Kalnejais (von 2012) und versteht es, ohne Anstrengung emotional und flüssig zu wirken, pointiert zu funktionieren. Der Debüt-Regisseurin SHANNON MURPHY gelingt es, souverän die Balance zwischen Komik und Tragik einzubauen. Kitsch bleibt außen vor, dafür passend: Überzeugende Empathie mit Charm-reicher Sentimentalität und schrägen Kapitel-Titel wie „Übelkeit“, „Scheiss Drauf“ oder …“Liebe“ (= 4 PÖNIs).

4.) NA JA: Titel = „EINE FRAU MIT BERAUSCHENDEN TALENTEN“Ich kenne keinen Film, der MIT IHR richtig mies ist. Gibt’s nicht. Eigentlich kann ich mit „La Daronne“, „Die Mutter“, nicht viel anfangen. Doch weil SIE mitmischt, halten sich Lust, Neugier und das Interesse an einer pfiffigen Pariser Drogen-Diva die Pointen-Waage. Patience (ISABELLE HUPPERT eben)  zeigt sich selbstbewusst und schlagfertig. Nur bei ihren Finanzen ist Luft nach oben. Als Dolmetscherin im Drogendezernat ist sie eifrig – aktiv. Wenn nur nicht das knappe Honorar wäre. Typisch: eine unterbezahlte Staatsdienerin. Und als das kostspielige Pflegeheim ihrer Mutter wegen unbezahlter Rechnungen droht, die alte (Rotz-)Lady auszuquartieren, besteht Handlungsdruck. Für Patience. Die zufällig mitbekommt, dass gerade eine „lukrative“ Drogenlieferung auf dem Weg nach Paris ist. Spontan entscheidet sie sich gegen die Ehrlichkeit. Sabotiert die Beschlagnahme des Stoffes. Um sich fortan in Eigenregie profitabel „zu betätigen“. Mit enormem Gewinn natürlich. Als verkleidete Madame Hasch lässt sie ihrer kriminellen Kreativität ertragreichen Lauf. Neben ihrem Büro-Job. Was natürlich Verfolger aus ihrem Polizei-Büro, einschließlich ihres Chefs und Lieb-Habers, ebenso hellhörig werden lässt wie auch neugierig die Kriminellen-„draußen“. Wie gesagt, keine große Unterhaltungsnummer, diese Huppert-Show. Irgendwie ganz-kess durchhängend  (= 2 1/2 PÖNIs).

5.) NÖ: Titel = „ES IST ZU DEINEM BESTEN“. Deutscher Film. Von Marc Rothemund. In dem Oktober 2020-Magazin „kulturnews“ (Kultur in Deutschland) steht: Mögen Jürgen Vogel, Heiner Lauterbach und Hilmi Sözer noch so deppert dreingucken auf dem Kinoplakat von „Es ist zu deinem Besten“ – der Trend im deutschen Film, Remakes europäischer Erfolgskomödien zu drehen, ist die Zukunft. Ob diese Neuverfilmung einer spanischen Klamotte…  und dann folgen weitere Beispiele. Und die Abrundung lautet: Was woanders geklappt hat, soll auch hierzulande Geld machen. Eigenes Risiko? Gering. Eigene Ideen? Keine. Deutsche Filmkultur? Geht so kaputt.

6.) DRAFI-Sound: Im Oktober vor 55 Jahren eroberte der Schlager eines Berliners – bürgerlich Drafi Richard Franz Deutscher – die Hitparaden: „MARMOR, STEIN UND EISEN BRICHT“ wurde zum größten Erfolg von DRAFI DEUTSCHER (*9. Mai 1946 – †9. Juni 2006). Im Alter von 19 Jahren ging der Charlottenburger in den Musikverlag der Gebrüder Meisel und sang „dam-dam, dam-dam“ vor sich hin. Schlagerkomponist Christian Bruhn komponierte die Melodie, Günter Loose den Text dazu. Zwei Monate später war der Song zum ersten Mal auf Platz 1 der Hitparade. Wie heute auch bei mir:

 

Wünsche eine marmorreiche gesunde Woche. HERZlichst: PÖNI Pönack

kontakt@poenack.de

 

 

 

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