MICHAEL CLAYTON

PÖNIs: (5/5)

„MICHAEL CLAYTON“ von Tony Gilroy (B + R; USA 2006/2007; K: Robert Elswit; M: James Newton Howard; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.02.2008). Der Sohn des Schriftstellers und Pulitzer-Preisträgers Frank D. Gilroy begann Anfang der 90er Jahre, Film-Drehbücher zu verfassen. Zu seinen ersten großen Erfolgen gehörten die Drehbücher zum Satans-Thriller „Im Auftrag des Teufels“ (1997/mit Al Pacino) und zu dem Katastrophenfilm „Armageddon“ (1998/mit Bruce Willis). 2001 begann Gilroy, Robert Ludlums erfolgreichste Bestseller-Trilogie um den CIA-Killer Jason Bourne zu Kinofilm-fertigen Drehbüchern umzuschreiben: sowohl die „Bourne Identität“ (2002; s. Kino-KRITIK) wie dann auch „Die Bourne Verschwörung“ (2004; s. Kino-KRITIK) und zuletzt „Das Bourne Ultimatum“ (2007; s. Kino-KRITIK/gerade 3 technische „Oscars“) fanden weltweit großen Zuspruch. Mit dem Film „Michael Clayton“, der seine Uraufführung im Wettbewerb bei den letztjährigen Filmfestspielen von Venedig hatte, gibt Tony Gilroy sein Debüt als Drehbuch-Autor UND Regisseur. Zu den Produzenten zählen u.a. Regisseur und Schauspieler Sydney Pollack, der hier – als Chef von Michael Clayton – in seiner letzten Schauspieler-Rolle auftritt (Sydney Pollack verstarb am 26. Mai 2008), Steven Soderbergh und Anthony Minghella (Regisseur von „Der englische Patient“).

Der Titelheld, der ehemalige brillante Staatsanwalt Michael Clayton (GEORGE CLOONEY), arbeitet als Spezialist, als AUSPUTZER, in einer der renommiertesten Anwaltskanzleien von New York. Das heißt: Wenn irgendwann, irgendwo etwas „schiefläuft“ mit Kollegen oder bei Kunden, wird ER gerufen. Um das „gerade-zu biegen“: Diskret, unterkühlt, effektiv, also = erfolgreich. Schließlich: RECHT-Haben und RECHT-Bekommen ist bekanntlich nicht unbedingt dasselbe. Zwar tummelt sich Michael inmitten der Chefetage dieses namhaften wie (für die Kunden SEHR) teuren Unternehmens, doch ist er dort SO RICHTIG nie angekommen. Das liegt zweifellos an seiner „undurchsichtigen“ Stellung, er ist personell – „amtlich“ sozusagen – „weder Fisch noch Fleisch“, sondern irgendwo-irgendetwas „dazwischen“. Ist für den Kollegenkreis nicht recht „zu fassen“/einzuordnen und wird demzufolge eher vorsichtig-misstrauisch beäugt. Und auch sein Boss, Marty Bach (SYDNEY POLLACK), betrachtet ihn eher als „Mann fürs Grobe“ als einen angesehenen GLEICHRANGIGEN Kollegen. Deshalb ist Michael auch nach 17-jähriger Zugehörigkeit-hier immer noch nicht zum Teilhaber befördert worden. Irgendwie wirkt Michael in diesem Hochkaräter von Anwalts-Betrieb auch immer zwischen etwas-schmutzig und ziemlich-beschmutzt. Zumindest aber: anrüchig. Was ja auch kein großes Wunder ist, schließlich ist der private Michael ziemlich aus- wie auch abgebrannt und von seinem Saubermacher-/Aufräumer-Job auch längst schon nicht mehr groß angetan: Er ist Spieler, seine Ehe ist lange schon kaputt, und nachdem er mit einem Restaurant pleite gemacht hat, sitzt er auf 75.000 Dollar Schulden. Da kommt ihm DIESER neue Job gerade gelegen, denn von dessen „Erledigung“ hängt das Wohl der ganzen (Luxus-)Firma ab. Sein brillanter Kollege Arthur Edens (TOM WILKINSON) „vermasselt“ ganz offensichtlich momentan einen gigantischen Auftrag, ja, er hat offensichtlich sogar die Partei-Seiten gewechselt. Dabei geht es um eine milliardenschwere Sammelklage von Landwirten gegen einen großen Chemie-Konzern, der die Kanzlei beauftragt hat, diese Anschuldigung aus der Welt zu schaffen. Die Landwirte behaupten, ein Pflanzenschutzmittel der Firma hätte sie schwer-krank gemacht. Gerade stand noch ein außergerichtlicher Vergleich im Raum, da dreht jener Kollege Arthur Edens, eben noch der Prozessbevollmächtigte der Kanzlei, völlig durch. Hatte einen Nervenzusammenbruch, schrie wirres Zeug von „Giften“ durch die Gegend, zog sich im Gerichtssaal nackt aus und wurde schließlich von der Polizei festgenommen. Höchste Zeit also, dass sich Michael „einschaltet“. Weil eben sowohl die Existenz der Kanzlei wie eben auch auch sein eigener, sorgenfreier Lebensabend auf dem Spiel steht. Doch als sich Michael näher mit den tatsächlichen Geschehnissen befasst, gerät er mehr und mehr in Gewissensnöte. Was auch an der taffen Chefin der Rechtsabteilung des beklagten Konzerns liegt, an der „sanft-auftretenden“, dabei äußerst skrupellosen Karen Crowder (TILDA SWINTON). Denn DIE spielt ein ganz eigenes und für Michael Clayton zunehmend auch ziemlich gefährliches, bedrohlich-erfolgsorientiertes Macht-Spiel.

Ein KLASSE-Krimi, ein exzellenter THRILLER, ein HOCHKARÄTER von intelligentem wie Zeit-aktuellem Spannungsfilm. Also: Mit extrem-pointiertem, clever ausgeklügeltem, listig ausgedachtem, fein entwickeltem und süffisant erzähltem wie durchaus real vorstellbarem „Heuschrecken“-Moral-Geschmack. MOTTO: Das Geld, die Gier, die Macht. Gesellschaftliche Leistungsträger/Entscheidungsträger „sortieren“ sich ihre ganz eigene Welt, mit ebenso eigenen Gesetzten/Regeln/Moralvorstellungen. Wenn Du da mitmachst, ist für Dich ein Money-reiches, bequemes, ziemlich sorgenfreies Luxus-Dasein reserviert; falls aber nicht und Du möglicherweise Fragen und Recherchen anstellst, überhaupt, diese Parallelwelt infrage stellst, gibt es diverse Unbequemlichkeiten, Sorgen und dann auch reichlich – wie hier – mörderische Probleme. Wie also entscheiden??? Michael Clayton???

Wer hätte DAS gedacht: dass sich ein im Grunde und zunächst ganz konventioneller Anwalts-Thriller derart prächtig zu einem intelligenten, packenden und aufregenden Gesellschaftskrimi entwickelt? In dem sich plötzlich ein Einzelner seiner Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit wie aber auch Sich-Selbst stellen muss? Wo ein Elite-Netzwerk der „Demokratie“ geschildert wird, das wie eine miese Krake die – abhängige – Menschheit umgarnt, manipuliert, einfängt, um weiterhin unbehelligt wie äußerst profitablen „Handel“ betreiben zu können.

Während Kameramann ROBERT ELSWIT und Szenenbildner KEVIN THOMPSON die passenden kühl-undurchsichtigen atmosphärischen Bilder und Motive liefern, sind ihre DARIN verfangenen Akteure von phantastischer Ausstrahlung: Der 46-jährige GEORGE CLOONEY unterstreicht einmal mehr, dass er nicht nur als Danny-Ocean-Sonnyboy locker-prima ‘rüberzukommen versteht („Ocean`s 11/12/13“), sondern auch als gebrochene Charakter-Figur zu glänzen weiß. Der „Oscar“-Preisträger (Nebendarsteller: „Syriana“) besitzt vorzüglich platzierten Charisma-Charme, ist von außerordentlicher Präsenz, Dichte, Glaubwürdigkeit. Sozusagen: ein heutiges CARY-GRANT-Star-Monument („Der unsichtbare Dritte“). Ebenso überzeugend sind seine großartigen, einfühlsamen, atmosphärischen Ensemble-Mitstreiter: Die listig-unterkühlte TILDA SWINTON, die jahrelang wunderbar-sensible Leinwand-„Kunst“ atmete und ausstrahlte („Caravaggio“/“Orlando“/“Wittgenstein“), fasziniert hier als cool-durchtriebene Industrie-Karriere-Frau und erhielt für diesen eindrucksvollen Part soeben völlig zu Recht den „Oscar“ als „Beste Nebendarstellerin“. Während der ebenfalls für einen Nebendarsteller-„Oscar“ nominierte britische Mime TOM WILKINSON („Ganz oder gar nicht“/“Shakespeare in Love“) als durchgeknallter Michael-Clayton-Kollege Arthur Edens eine saustarke „tour-de-force“ Glanznummer von erschüttertem, bekehrtem Moralisten abliefert.

„MICHAEL CLAYTON“ ist in seiner süffisant-aktuellen, gesellschaftskritischen Politik in der Tat, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am 1. September letzten Jahres bemerkte, ein legitimer Erbe des legendären US-Politfilm-Klassikers „Die drei Tage des Condor“ von Sydney Pollack aus dem Jahr 1974 mit einem George Clooney als charismatisch-beeindruckendem Robert-Redford-Nachfolger.

„MICHEL CLAYTON“ ist einer der besten Hollywood-Filme seit langem; ist ein WIRKLICH überragender, deutungsstarker gesellschaftspolitisch-brillanter Spannungsfilm!!! YOU MUST SEE HIM! (= 5 PÖNIs).

 

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