MACHTLOS

PÖNIs: (4/5)

„MACHTLOS“ von Gavin Hood (USA 2007; B: Kelley Sane; K: Dion Beebe; M: Paul Hepker, Mark Kilian; 122 Minuten; deutscher Kino-Start: 22.11.2007); das ist ein südafrikanischer Drehbuch-Autor, Schauspieler und Regisseur. Der am 12. Mai 1963 in Johannisburg geborene Sohn eines bekannten Naturfotografen wurde international 2005 durch seinen Film „TSOTSI“ (s. Kino-KRITIK) bekannt. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Athol Fugard gewann mehrere international anerkannte Preise sowie den „OSCAR“ als „Bester fremdsprachiger Film“. „Rendition“, so der Originaltitel, ist sein erster Hollywood-Film. Der ein Thema aufgreift, dem wir in nächster Zeit des Öfteren im amerikanischen Kino begegnen werden: Der aktuelle „Krieg der Kulturen“, ausgelöst durch die Terror-Angriffe am 11. September 2001 und den Irak-Krieg der USA. Dessen „Ausmaße“ ja inzwischen weltweit zu spüren sind. Sprich bei uns: Schüren der Angst; die immer „tiefer“ werdenden Eingriffe in die Daten-Privatsphäre des Bürgers; die Verschärfung jedweder Kontrolle(n); das zunehmende Aufweichen der demokratischen wie der menschlichen Grundrechte. Aus jeder nur erdenklichen – offiziellen/gesellschaftlichen/politischen/individuellen – Sicht übernimmt das amerikanische Kino jetzt Verantwortung und liefert Bilder und Geschichten zum Krieg im Irak bzw. zu dessen weitreichenden Folgen.

„VON LÖWEN UND LÄMMERN“ von und mit Robert Redford war kürzlich ein SOLCHER Kino-Beitrag, jetzt folgt, weitaus weniger beachtet bzw. öffentlich wahrgenommen, „MACHTLOS“. Den vor allem seine Produktionsfirma/sein Verleih gerne eher „verstecken“ denn „präsentieren“ möchten. Der Grund: „Machtlos“ ist zuallererst ein Film über die Folter-Verhörmethoden von Amerikanern in außeramerikanischen Untersuchungslagern. Der Verleih über seinen Film abschwächend (bzw. „lediglich“): ein „emotionales und spannendes Unterhaltungsstück!“

Motto: ANGST VOR DER EIGENEN (Film-)COURAGE. Das Ende 2006/Anfang 2007 in L.A./Washington, D.C., in Kapstadt (Südafrika) und in Marrakesch (Marokko) als Co-Produktion USA/Südafrika hergestellte THRILLER-DRAMA beginnt in einer nordafrikanischen Stadt. Dort wird ein Selbstmordanschlag verübt, bei dem auch ein CIA-Beobachter ums Leben kommt. Bei der Jagd nach den Hintermännern wird ein ägyptischstämmiger USA-Bürger, der Ingenieur Anwar El-Ibrahimi, von der CIA irrtümlich für einen Terroristen gehalten und auf der Rückreise von Südafrika nach Chicago verhaftet. Das heißt, nicht offiziell, sondern „heimlich“. Anwar verschwindet einfach. Aus der Passagierliste des Flugzeug-Unternehmens wie überhaupt. Er ist … einfach „weg“. Seine schwangere amerikanische Ehefrau Isabella beginnt ihn zu suchen. Sie reist nach Washington, D.C., wo sie den befreundeten Mitarbeiter eines US-Senators um Hilfe bittet. Daraufhin wendet sich der Senator an die CIA. Dort gibt man ihm DEUTLICH zu verstehen, wie er sich künftig zu verhalten/wie er sich offiziell dazu „äußern“ soll/darf, ohne dass dies seiner Karriere schadet. Derweil wird Anwar El-Ibrahimi in einer geheimen Anlage außerhalb der USA gefoltert. Mit ausdrücklicher „amtlicher Duldung“ der CIA.

Ein kommerzieller Film, natürlich; ein MAINSTREAM-Film, natürlich; ein Hollywood-Film. Aber einer, der sich thematisch wie optisch etwas „traut“. Der von ETWAS erzählt, was OFFIZIELL zumeist nur „geflüstert“ wird. Die SCHMUTZIGE bzw. ILLEGALE SEITE einer DEMOKRATISCHEN POLITIK, darum geht es hier in diesem außerordentlich aufwühlenden, betroffen machenden, ungewöhnlichen amerikanischen Spannungs-Movie. ROGER EBERT, einer der führenden amerikanischen Film-Publizisten, schrieb am 19. Oktober 2007 in der „Chicago Sun Times“: Der Film, der die Theorie und die Praxis der Folter sowie die persönliche Verantwortung-daran thematisiere, sei KOSTBAR und SELTEN. Er sei ein „intelligenter, wichtiger, souveräner und wirkungsvoller Thriller“. Er ist mit JAKE GYLLENHAAL („Brokeback Mountain“) als in moralischen Zwiespalt geratener CIA-Mitarbeiter, „Oscar“-Preisträgerin REESE WITHERSPOON (die Johnny-Cash-Ehefrau June Carter Cash in „Walk The Line“; „Natürlich blond“) sowie MERYL STREEP als Anti-Terror-Chefin der CIA prominent, aber nicht aufdringlich besetzt, im Gegenteil: Sämtliche Beteiligen ordnen sich hier dem – für einen Hollywoodfilm – „schockierenden Thema“ absolut unter.

Also: ein für Hollywood-Verhältnisse außerordentlich mutiger, couragierter und zugleich erstaunlich politisch-wütender „Unterhaltungsfilm“ (= 4 PÖNIs).

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