Luther Kritik

LUTHER“ von Eric Till (D/USA 2003; 121 Minuten; Start D: 30. 10. 2003)

Wir schreiben das Jahr 1505: Der junge Jurastudent Martin Luther gerät in ein schweres Unwetter. Wird fast vom Blitz getroffen. Dieses als schicksalhaft empfundene Naturerlebnis verändert schlagartig sein Leben:
Der aus wohlhabendem Hause stammende 22jährige gibt sein Studium auf. Wird Mönch im Augustiner-Kloster zu Erfurt. Verpflichtet sich der Buße und Enthaltsamkeit. Fastet und beichtet bis zur völligen Erschöpfung. Immer auf der Suche nach einem gnädigen Gott. Luther beginnt das Studium der Theologie. Durch seine Pfarrtätigkeit in der Gemeinde und durch das intensive Beschäftigen mit der Bibel findet er seinen geistigen Frieden. Und die Kraft, sich immer lauter gegen die Allmacht der Katholischen Kirche und seiner Würdenträger zu wenden. Denn: Deren Denken und Handeln ist auf Befehlen und Strafe an- und ausgelegt: Auf Macht und Unterdrückung. Und auf absoluten Gehorsam. Motto: Wer zu Gott finden will, soll erst einmal ZAHLEN.

Luther ist aufgebracht. Ist empört. Fängt an, dagegen zu opponieren. Und schlägt 1517 aus Protest gegen diese kirchliche Geschäftemacherei seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg. Stellt sich damit öffentlich gegen das herrschende „römische Gottes-Gesetz“ und gegen die katholische Obrigkeit.
Martin Luther, der Widerständler. Der nur eine einzige Autorität anerkennt – die der Bibel. Vorn Papst exkommuniziert und vom Kaiser geächtet wird Luther zum Ketzer erklärt. Um sein Leben zu retten, „entführen“ ihn Freunde und Anhänger auf die Wartburg. Wo er innerhalb von 11 Wochen das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt.

Der neue Kinofilm „Luther“ bemüht sich vergebens, einer herausragenden Persönlichkeit der Weltgeschichte gerecht zu werdend In einem Spielfilm von 121 Minuten werden Person und Zeit nur „abgehandelt“. Zwar entwickelt der kanadische Spielleiter Eric Till einen recht ordentlichen BILDERBOGEN über den Reformator; der jedoch bekommt in keinem Moment wirkliche Nähe und Dichte. Ganz im Gegenteil: LUTHER gibt’s hier sozusagen im Schnelldurchlauf. Als ‚Appetithappen‘: Motive hier, Momente dort. Historische Aha-Fetzen, dazu der obligatorische feine Kostümzwirn. Für genauere Blicke und Einblicke fehlen Einfühlungsvermögen und Zeit. Der Hauptgeldgeber hier, eine lutheranische Versicherungsgesellschaft in den USA, beabsichtigte die thematische „McDonalds-Version“ von und über Luther: Das aufwendige, oberflächliche Spektakel mit dem Liebling der Renaissance. Einfach zu goutieren. In der lässig-coolen Haupt- und
Titelrolle mimt der britische „Shakespeare In Love“-Darsteller JOSEPH FIENNES den mittelalterlichen Rebellen.
Um ihn herum chargiert die Prominenz: UWE OCHSENKNECHT als Papst ist eine Comic-Nummer. BRUNO GANZ als Ordensfreund schlägt sich passabel. MATHIEU CARRIÈRE als Kardinal ist, wie gewohnt, die Arroganz in Person. Ohne Zwischentöne. Und Sir Peter, PETER USTINOV, als weiser Kurfürst von Sachsen spielt eine Art neckisches Soloprogramm.

Defizite allerorten, wohin man hier auch blickt. Natürlich auch personell: Über den privaten Luther wird kaum etwas erzählt. Und über seine zwiespältige Rolle in den Bauernkriegen auch nicht. Kurzum: Dieser neue LUTHER-Film ist verkorkst. Ist ein ziemlich schwaches und auch langweiliges neues Leinwandangebot (= 2 PÖNIs).

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