JUDY

PÖNIs: (4,5/5)

„JUDY“ von Rupert Goold (GB/USA 2018; B: Tom Edge; nach dem Bühnenstück „End of the Rainbow“ von Peter Quilter; K: Ole Bratt Birkeland; M: Gabriel Yared; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 02.01.2020); als einer von nur vier Spielfilmen ist „The Wizard of Oz“/“Der Zauberer von Oz“ von Victor Fleming aus dem Jahr 1939 Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO. (Die anderen sind: „The Story of the Kelly Gang“/“Die Geschichte der Kelly-Bande“ von Charles Tait/1906; „Metropolis“ von Fritz Lang/1927 sowie „Los Olvidados“/“Die Vergessenen“ von Luis Bunuel/1950). „Oz“ ist in der Hauptrolle, als Dorothy Gale, mit der amerikanischen Schauspielerin und Sängerin JUDY GARLAND (*10. Juni 1922 in Grand Rapids, Minnesota – † 22. Juni 1969 in Chelsea, London) besetzt/verbandelt, die hier die Originalversion von „Over The Rainbow“ singt. Ihr bürgerlicher Name lautete Frances Ethel Gumm, und im Verlaufe ihrer Karriere wurde sie mit bedeutenden Preisen wie dem „Grammy“, dem „Golden Globe“, dem „Tony Award“ und einem „Ehren-Oscar“ ausgezeichnet. Weitere bekannte Filme mit ihr sind „Ein neuer Stern am Himmel“ (1954) und „Das Urteil von Nürnberg“ (1961). Im Gegensatz zu ihrer erfolgreichen Karriere – Motto: Energie-pur – war ihr Privatleben oft das genaue Gegenteil. Ein Desaster. Judy Garland starb mit nur 47 Jahren an der Überdosis eines Schlafmittels. „Sie lebte acht Leben in einem“ (Tochter Liza Minnelli).

Dass SIE singen und tanzen konnte, war spätestens seit der Verfilmung des Erfolgs-Musicals „Chicago“ von Rob Marshall aus dem Jahr 2002 bekannt. Der mit 6 „Oscars“ bedacht wurde und in dem SIE als Roxanne „Roxie“ Hart auftrat und für einen Hauptdarstellerinnen-„Oscar“ nominiert wurde. 2004 bekam sie für ihren Auftritt in „Unterwegs nach Cold Mountain“ den Nebendarstellerinnen-„Oscar“. Doch bekannt und populär wurde RENÉE ZELLWEGER, Texanerin des Jahrgangs 1969, mit den drei „Bridget Jones“-Filmen aus den Jahren 2001/2004 und 2016 („Schokolade zum Frühstück“/s. Kino-KRITIK; „Am Rande des Wahnsinns“/s. Kino-KRITIK und „Bridget Jones‘ Baby“/s. Kino-KRITIK). Dass aber SIE, „die pummelige Bridget“, einmal ein sensationelles Comeback mit der Interpretation der schmächtigen Judy Garland im letzten Lebensjahr feiern würde, gehört zu den triumphalen Überraschungen, die Hollywood auch herzustellen in der Lage ist.

Der Film des britischen Theaterleiters, TV-Regisseurs und Drehbuch-Autoren Rupert Goold, der 2015 mit „True Story – Spiel um Macht“ (s. Kino-KRITIK) ein eher bescheidenes Kino-Debüt hatte, spürt den Schattenseiten der Judy Garland nach. Die schon als Kind von ihrer Mutter gedrängt, finanziell ausgebeutet und vom MGM-Studio-Boss Louis B. Mayer gnadenlos mit Aufputsch- und Beruhigungsmitteln drangsaliert wurde. Um den Profit-Wünschen des Studios ja auch „zu entsprechen“. In „JUDY“ sehen wir anfangs eine überwachte 14-Jährige unter ständigem Druck. Aufgabe: Den vielen Anforderungen, nach der umjubelten Rolle in „Oz“, gerecht zu werden. Als „All American Girl“, wie Mayer sie öffentlich anpreist. Ihre Wünsche nach mehr persönlicher Freiheit und vor allem Freizeit, werden abgewiesen. Psychische Anspannungen, zahlreiche Unzuverlässigkeiten, die ständige Einnahme von „Mitteln“ und unglückliche Partnerschaften gehören fortan ebenso zu ihrem Leben wie viele umjubelte Konzerte. Schnitt.

In den sechziger Jahren. Judy Garland (RENÉE ZELLWEGER) – eine inzwischen  ausgezehrte, gesundheitlich wie vor allem auch finanziell kaputte Diva. Um ihren existenziellen Verpflichtungen nachkommen zu können, nimmt die exzentrische Diva ein Engagement in London an, wo man sie immer noch – sehr – verehrt. Hofiert. Ihre beiden Kinder „parkt“ sie derweil beim Ex-Ehemann Nummer 3. Der Kampf mit den inneren Dämonen startet. Einerseits der Wunsch, noch einmal auf der Bühne – vor ihren vielen Bewunderern – die GROSSE JUDY GARLAND = wie erwartet vorzuführen, andererseits mit diesen vielen Alkohol-Wunden und tiefen Seelen-Schmerzen fertig werden zu müssen. Und: mit ihren vielen Pillen wegen ihrer enormen Dauer-Schlaflosigkeit. Diese innere Zerrissenheit und eine dramatische Einsamkeit, die schließlich auch Ehemann Nummer 4 nicht zu beseitigen vermag, in Einklang zu bringen mit den abendlichen Entertainer-Kraftakten auf der Bühne – davon, darüber, erzählt dieser Film.

DEN eben diese ganz außerordentlich „andere“ Schauspielerin fast alleine und überwältigend-eindringlich trägt: RENÉE ZELLWEGER. Sie ist inzwischen 50 Jahre alt, hatte sich einige Jahre aus dem Business zurückgezogen und präsentiert sich nun als phantastische „Neuentdeckung“. WIE sie mit Judys unbeholfen wirkendem, linkischem Dauer-Zucken und diesen neurotischen Dauerbewegungen „argumentiert“, ist verblüffend. WIE sie als gebrochene Judy Garland immer wieder „aufsteht“, um die Erwartungen doch zu erfüllen, wird von Renée Zellweger begeisternd wiedergegeben. Wie sich Renée Zellweger in IHRE Judy Garland porentief hineinfühlt und deren zwiegespaltene Seele heraus-fühlen lässt, dies ist GANZ, GANZ GROSSE = BRILLANTE Darstellerinnen-Kunst. Zudem singt Renée Zellweger die Judy Garland-Klassiker – wie „I’ll Go My Way By Myself“ und natürlich, zum Finale, mit „Somewhere Over The Rainbow“ – exzellent selbst.

Jegliche Einwände prallen an IHR ab: Es ist IHR Film; es ist IHR Part; IHRE einzigartige Performance. Es ist – wahrscheinlich – IHR „Oscar“-Auftritt: Die Zellweger feiert hier ein triumphales Comeback. Und deshalb ist dieser Film auch so atemlos-grandios-wunderbar (= 4 1/2 PÖNIs).

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