„JOHN WICK: KAPITEL 3“ von Chad Stahelski (USA 2018; B: Derek Kolstad; K: Dan Laustsen; M: Tyler Bates, Joel J. Richard; 132 Minuten; deutscher Kino-Start: 23.05.2019); ein Rache-Engel, der die Untaten eines anderen rächt, wird im Wörterbuch definiert: Besitzt ein sanftes Gesicht und tötet ohne Gnade. Als KEANU REEVES, geboren am 2. September 1964 im libanesischen Beirut, 2015 erstmals in den schwarzen Anzug des Profi-Killers „John Wick“ (s. Kino-KRITIK) schlüpfte, um die Killer seines geliebten Hundes zur Rechenschaft zu ziehen, vereinte er präzise genau diese Definitionsvorgabe: ein Mime mit dem Charisma eines „Besonderen“, gepaart mit dem (Film-)Charakter einer knallharten, unbarmherzigen menschlichen Kampf-Maschine. Diese Ambivalenz sowie die Typisierung über eine spezielle Kampf-Technik avancierten zum Kino-Hit. 2017 erschien folglich „John Wick: Kapitel 2“ (s. Kino-KRITIK) mit Noch-mehr-Leichen-pflastern-seinen-Weg, aber fader (Mafia-)Motivation (= ein absichtlich getöteter HUND dagegen ist immer eine verständliche, ausreichende Motivation, den Täter zu killen). Teil 2 gefiel mir deshalb weniger. Aber wieder sorgten die Riesen-Dollar-Einnahmen dafür, dass uns John Wick erhalten blieb.
Nachdem Wick den Mafia-Boss Santino D’Antonio „auf dessen Gebiet“, in einem New Yorker Club, zuletzt gemeuchelt hat, gilt er als Aussätziger. Innerhalb des „Systems“. Wird zum „verstoßenen Sohn“ der internationalen Assassinen erklärt. Wo Goldmünzen als adäquates Zahlungsmittel gelten. Sein Kopf ist ab sofort 14 Millionen Dollar Tötungsgeld wert. Was natürlich viele „Begehrliche“ mit ihren Begehrlichkeiten weckt. Doch John Wick lässt sich DIES natürlich nicht gefallen, „säubert“ seinerseits stoisch wie zünftig-präzise die aggressive Gegnerschaft. Und kann auf einige wenige Verbündete zählen wie die Kampfhund-Trainerin Sofia (HALLE BERRY) und den zwielichtigen Hotelmanager Winston (IAN McSHANE).
Inzwischen sind auch WIR wütender geworden. Was weiß ich. Über Zustände: korruptes Populisten-Pack; kapital-geile, menschenverachtende Wohnungsgesellschaften; überhaupt: die vielen zunehmenden gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten. Mit ihren Clan-Auswüchsen. Mit einem schrecklichen Widerling wie Donald Trump ganz oben. An der Führungsrampe. Und da kommt, im Kino, auf der großen Leinwand, solch eine unzerstörbarer RÄCHER-Type wie John Wick – in der modernen Spur von einst Charles Bronson („Ein Mann sieht rot“/1974) und Clint Eastwood („Dirty Harry“/1971) oder dem asiatischen Regisseur John Woo („The Killer“/s. Heimkino-KRITIK) – gerade richtig. John Wick ist inzwischen: UNSER WUT-MANN. Fightet, tötet, FÜR UNS. Jagt die (Leinwand-)Widerlinge. Grässlich. Genüsslich. So erscheint ES und ER jedenfalls, denn WIR freuen uns mittlerweile an seinen – klasse choreografierten und „speziellen“ – Tötungsaktionen. John Wick ist zu einem verrohten Kult-Messias geworden. Mit seinen „positiven Attentaten“. Wenigstens ER räumt, dabei vergleichsweise unbehelligt bleibend, auf. Denn: Die Verrohung schreitet fort. Mit viel düsterer Ironie. So zum Beispiel bei einer Jagd „auf Pferd“, mitten durch New York City, kinematografisch eine Sensation.
Der originelle Zusatztitel lautet: „Parabellum“. Abgeleitet vom lateinischen Sprichwort: „Si vis pacem para bellum“ = „Wenn du (den) Frieden willst, bereite (den) Krieg vor“. Gemeint ist aber auch die Parabellumpistole, eine Selbstladepistole, die 1908, im Deutschen Reich, als Pistole 08, als Ordonnanzwaffe eingeführt wurde. Konstruiert vom Österreicher Georg Luger. Signal: Es wird natürlich weitergehen, aus den USA werden schon wieder Kino-Spitzenbesucherzahlen gemeldet. Folge 4 ist in Planung. John Wick, alias der „Matrix“-Bursche KEANU REEVES, hat noch längst nicht ausgedient. Im Gegenteil – wahrscheinlich legt er jetzt erst richtig los. Zu unser aller, na sagen wir – zu vieler Unterhaltungs-Freude. Inzwischen wird er weiterhin gebraucht. Was für ein KINO-Ventil! (= 4 PÖNIs).
P.S.: „Gerade wenn man Anspruchsvolles macht, braucht man zwischendurch einen Exzess.“ (Costa-Gavras).