HAPPY-GO-LUCKY

PÖNIs: (4,5/5)

„HAPPY-GO-LUCKY“ von Mike Leigh (B + R; GB 2007; K: Dick Pope; M: Gary Yershon; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 03.07.2008); war d e r Liebling im (depressiven) Berlinale-Wettbewerbsprogramm in diesem Frühjahr. Weil der Exponent des “New British Cinema“, der 65-jährige Mike Leigh, eigentlich als großartiger wie unerbittlicher Sozial- und Gesellschaftskritiker gilt, der sich mit Filmen wie “Lügen und Geheimnisse“ (“Goldene Palme“ in Cannes 1996) und “Vera Drake“ (“Goldener Löwe“ von Venedig 2004) einen bedeutsamen cineastischen und politischen Ruf erworben hat. Doch hier gibt er sich beschwingt, fröhlich, optimistisch, leger wie filmisch nie zuvor. Natürlich blickt er einmal mehr auf das Leben der “kleinen Leute“, doch w i e er dies hier tut, nämlich komödiantisch-augenzwinkernd-pointiert, das ist schon verblüffend wie schön.

Dabei im Blick- und Mittelpunkt: Die Londonerin Poppy (SALLY HAWKINS). Die ist der personifizierte Sonnenschein. Poppy, die eigentlich Pauline heißt, ist eine einzige, dauerhafte Frohnatur. Mag ihre Umgebung auch noch so griesgrämig dreinschauen, fühlen, denken, artikulieren, SIE ist nicht ‘runterzukriegen. Und eckt natürlich DAMIT ganz schön an: So manchem in ihrem Umfeld ist die aufgekratzte Lehrerin schlicht und einfach viel zu schrill. Wo bleibt der Tiefgang? Wo sind bei ihr die dunklen Motive des Alltags zu erkennen? Und überhaupt: Was ist mit den ganzen Problemen, die einen ständig runterziehen??? Runterzuziehen-haben??? Doch die unerschütterlich-aufgedrehte Lebenskünstlerin schert sich keinen drum, was und wie andere auftreten: Poppy geht gegen jede Tücke des Alltags mit viel Gackern und Lachen vor. Und DAS steckt an. Anfangs ist man verblüfft über diesen “zickigen Frohsinn“, dann kapiert man es: Sie ist eine Art GESAMTKUNSTWERK der ungekünstelten, authentischen Fröhlichkeit (“Auf unser Leben und alle, die darin ertrinken!“). Egal, wie sich auch immer der gewiss nicht nur lustige Londoner Frauen-WG-Alltag zeigt: Man lacht/WIR lachen gerne MIT ihr und sind von ihrem “unüblichen Dauer-Humor“ bald schon angetan, (ein-)gefangen, umcharmt.

Egal ob Poppys problembeladener Schulalltag oder die beknackten wöchentlichen Fahrstunden mit einem ewig nörgelnden, wütenden Lehrer (EDDIE MARSAN; „Hancock“/s. Kino-KRITIK), mit ihrem gebetsmühlenartigen “ENRAHA“ (kriegen Sie es selber raus, was es damit auf sich hat) zieht sie geschickt ALLE auf ihre unnachahmlich-sympathisch-liebenswerte Plus-Seite. Noch nie hat ein Film “so“, in dieser unglaublichen Mixtur aus Anständigkeit, HERZlichkeit und Idealismus, sozusagen zwischen Anarchie und Caritas, so überzeugend, glaubwürdig, lebendig und unangestrengt-heiter funktioniert. Ohne jedweden Moral-Zeigefinger, dabei mit viel wunderbarer Selbstverständlichkeit, Normalität, Originalität.

“Happy-Go-Lucky“ ist eine ganz außergewöhnliche, ganz besondere Briten-Komödie; ist ein herrlicher Gegenentwurf zu all den vielen Miesmachern, Egoisten, Verzweifelten, Depressiven oder Pessimisten um uns herum: Sowohl im (deutschen) Kino wie im wahren Leben. Dass DIES aber auch so ehrlich-grandios ‘rüberkommt, ist natürlich dieser phantastischen Hauptakteurin SALLY HAWKINS zu verdanken. Die für ihre brillante, bewundernswerte Darstellung der tollen Polly völlig zu Recht bei der Berlinale den Darsteller-Höchstpreis, den “Silbernen Bären“, zugesprochen bekam.

In Berlin machte Mike Leigh im Februar deutlich, dass er mit seinem neuen Film nunmehr einen positiven Gegenentwurf zur Problemfülle in der heutigen Welt abliefern wolle. Es sei Zeit, die verbreitete pessimistische Weitsicht zu korrigieren. Obwohl es “mit der Welt nicht gut steht“, schaffen es viele Menschen, TROTZDEM POSITIV zu denken. Poppy-Sally sei Dank (= 4 ½ PÖNIs).

Teilen mit: