DER KLAVIERSPIELER VOM GARE DU NORD

„DER KLAVIERSPIELER VOM GARE DU NORD“ von Ludovic Bernard (Co-B + R Fr 2017; Co-B: Johanne Bernard; K: Thomas Hardmeier; M: Harry Allouche; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.06.2019); die Richtung atmet nach „Good Will Hunting“ (von Gus Van Sant/1997/mit dem Mathe-Genie Matt Damon) und ist auch, wie der Regisseur im Presseheft es formuliert, von „Billy Elliot“ (s. Kino-KRITIK) inspiriert. Auch hier – muss der rebellische „Matt Damon“, der JULES BENCHETRIT heißt und im Film einen jungen, störrischen Typen namens Mathieu Malinski spielt, erst davon überzeugt werden, sein Klavier-Genie-Talent „richtig“ einzusetzen.

Man stelle sich vor – inmitten einer riesigen Bahnhofshalle von Paris (Gare Du Nord) steht ein Klavier, an dem sich Gäste „ausprobieren“ können. Zum Zeitvertreib. Einfach so. Als Lust-Moment. Ein junger Mann spielt. Pierre Geithner (LAMBERT WILSON), Leiter des Pariser Konservatoriums, kriegt das zufällig mit. Möchte mit dem Jungen kontakten. Doch Mathieu, ein vaterloser Kleinkrimineller aus einer Problem-Banlieue, ist auf der Hut. Hat zuviel Scheiße erlebt. Mitgemacht. Und so dauert es, bis ein Kontakt zwischen den Beiden tatsächlich zustande kommt. Vor Gericht. Anstatt Haftstrafe – Sozialstunden im Konservatorium. Auch hier erweist sich der Junge mehr als Rüpel, denn aufgeschlossen. Interessiert. Doch nach und nach, natürlich, vermag der virtuose Mathieu erkennen, dass in ihm tatsächlich ein begnadetes Talent schlummert, das offiziell herauszukitzeln sich lohnen könnte. Allerdings benimmt er sich immer noch viel zu aufbrausend. Steht sich oft selber im Wege. Will sich nicht „brechen“ lassen. An die strengen Regeln halten. Doch, und dies ist nicht verhandelbar: Disziplin ist erste Genie-Pflicht. Da ist seine Lehrerin, „Gräfin Buckingham“ (KRISTIN SCOTT THOMAS) rigoros.

Aber natürlich hilft ihm ein apartes Mädel. Und natürlich geht es um einen bevorstehenden landesweiten Wettbewerb. Und natürlich setzt „Entdecker“ Pierre Geithner alles auf (s)eine Karte. Doch das Misstrauen im akademischen Umfeld ist spürbar. Gestiegen. Schon auch feindselig.

Wir sind schließlich im Kino, in dem diesmal wunderbare klassische Musik – von Liszt, Chopin bis zu Rachmaninow – als faszinierende Seelenbindung thematisiert wird. Die Vorhersehbarkeit interessiert herzlich wenig, die Geschichte kommt – dank großartiger Interpreten – stark ‘rüber und besitzt Charme, Spannung und viel wunderbaren Musik-Reiz. Und setzt auf ein Baudelaire-Zitat: „Genie ist die wiedergefundene Kindheit“. Insofern darf Mathieu Malinski endlich herrlich jung werden und wir wohltuend mit ihm mit-fühlen (= 4 PÖNIs).

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