WINTERTOCHTER

WINTERTOCHTER“ von Johannes Schmid (Co-B+R; D/Polen 2010; 96 Minuten; Start D: 20.10.2011); der in Niederbayern geborene 38jährige Filmemacher hat Theater- und Filmwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Ab 1996 schuf er Kurzfilme, inszenierte Bühnenstücke. 2007 wurde auf der Berlinale sein Debütfilm „Blöde Mütze“ gelobt. Sein zweiter eigener Langfilm ist ein sensibles Road Movie. Zwischen Generationen.

Sie heißt Katharina, ist 12 Jahre alt, wird gerne Kattaka genannt (NINA MONKA) und erfährt ausgerechnet am Heiligen Abend, dass ihr Papa gar nicht ihr leiblicher Vater ist. DER hat nämlich gerade aus Stettin angerufen. Wo Seemann Alexej aus Wladiwostok mit einem Containerschiff angelegt hat. Kattaka ist wütend, traurig, durcheinander („Mir wäre eben gerade gar kein Vater lieber als zwei falsche“). Und setzt durch, dass sie sich mit Nachbarin Lene (URSULA WERNER), einer verschrobenen 75jährigen mit einem Barkas-Kleinbus, auf den sofortigen Weg nach Stettin machen darf. Dass sich im Auto auch ihr bester Freund Knäcke (LEON SEIDEL) versteckt hat, der das „große Abenteuer“ wittert, merken sie erst unterwegs. Aus der Tagestour wird schnell eine kleine Odyssee. Durch Polen. Weil sich auch „die alte Lene“ ihren Dämonen aus der Vergangenheit stellen muss. Stellen wird. Und weil sich bei „Reisen“ auch immer „ungewöhnliche Abstecher“ und interessante Begegnungen ergeben. Können. Wie hier. Reichlich.

Ein Gegen-Film. Ohne Lärm. Ohne „Thesen“. Und „Zauberei“. Mit viel Herz. Und noch mehr Seele(n). Und feiner Musikalität (von MICHAEL HEILRATH und KATRIN MICKIEWICZ). Einfühlsam in den Figuren gezeichnet und geführt. Lächelnd-kraftvoll in den Typen formuliert. Was anfangs „bemüht“ beginnt, entwickelt sich, entpuppt sich als eine Tour mit vielen wunderschönen Impressionen. In den Außenansichten einer schmucken Masuren-Winterlandschaft (Kamera: MICHAEL BERTL) genauso wie in den Innen-Porträts. Was Verdienst des gesamten deutsch-polnischen Ensembles ist (mit Promi-Gast DANIEL OLBRYCHSKI/“Rosa Luxemburg“ von Margarethe von Trotta/1986; zuletzt in „SALT“/neben Angelina Jolie). Angeführt von einer beeindruckenden, berührenden, alterschönen URSULA WERNER („Wolke 9“). Die mit ihrer ganz einfachen Körpersprache intensiv überzeugt. Kraftvoll wie zärtlich. Melancholisch wie weise. Eine vorzügliche “Reiseleiterin“.

Ein kleines, feines, liebevolles „Ding“ von deutschem Road Movie. SEHR beachtlich. Angenehm beachtenswert.
Und auch: Das diskutable Schulkino hat einen neuen Hit (= 3 PÖNIs).

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