WIDOWS – TÖDLICHE WITWEN

„WIDOWS – TÖDLICHE WITWEN“ von Steve McQueen (Co-Produzent, Co-B + R; GB/USA 2017; Co-B: Gillian Flynn; nach der gleichn. 6-teiligen britischen TV-Serie von Lynda La Plante/1983; K: Sean Bobbitt; M: Hans Zimmer; 129 Minuten; deutscher Kino-Start: 6.12.2018); es war klar: wenn sich der am 9. Oktober 1969 in London geborene Filmkünstler und „Oscar“-Preisträger STEVE McQUEEN („12 Years a Slave“/2014) an einen Thriller heranmacht, dann wird dieser „mehr“ sein als nur ein herkömmlicher Spannungsfilm. Und so ist es auch gekommen. „Es geht um Wirtschaft und Politik, Rassenfragen, Religion und geschlechtsspezifische Unterschiede“ (Steve McQueen im „Cinema“-Interview; Ausgabe 12/18). Merke. Alles ist mit allem vernetzt. Verbandelt.

Chicago. Heute. Kalte Männer dominieren die Region. Ob Gangster, Politiker, Prediger, viele von ihnen sind Mist-Typen. Nur auf ihren Vorteil und auf Macht bedacht. Harry (LIAM NEESON) ist einer von ihnen. Als wir ihm anfangs begegnen, ist er ein liebenswerter Lover. Der mit Veronica („Oscar“-Preisträgerin VIOLA DAVIS) ein offensichtlich lustvolles Leben zu führen scheint. Die andere Seite von Harry aber sieht völlig anders aus: Harry ist „beruflich“ ein berühmter Verbrecher-Anführer. In der Unterwelt geachtet. Doch ein neuer Coup geht mächtig schief. Harry und Kumpanen kommen dabei ums Leben. Fortan steht seine Frau im Blickpunkt. Denn ihr Gatte hatte einem Gangsterboss, Jamal Manning (BRIAN TYREE HENRY), zwei Millionen Dollar geklaut. DIE fordert er jetzt von der Witwe zurück. Die keinen blassen Schimmer hat. Was war und was gerade passiert. Während Jamal die Dollar-Kohle für seine Wahlkampagne benötigt: er will der nächste Ratsherr in der Region werden und tritt gegen Jack Mulligan (COLIN FARRELL) an. Die Familie Mulligan besetzt, besser: „besitzt“ schon seit vielen Generationen diesen politischen Spielplatz. Mulligan Senior, eine skrupellose Autorität (ROBERT DUVALL), macht seinem Sohn und Nachfolger die Hölle heißt, ja auch die kommende neue Wahl zu gewinnen. Der Alte weiß, wie man Wahlen beeinflusst, also gewinnt, doch der Gegner ist diesmal ein schwarzer Kontrahent, der ebenso auszuteilen, zu manipulieren und notfalls zu töten weiß. Die Positionen sind eingenommen. Die Figuren setzen sich in Bewegung.

Veronika entdeckt in der Hinterlassenschaft ihres Mannes Pläne für einen 5 Millionen Dollar-Überfall. Deshalb wendet sie sich an die Witwen der ebenfalls bei dem Coup ihres Mannes umgekommenen Kerle, um mit denen diesen geplanten weiteren Raub durchzuführen. Dabei interessiert sich Steve McQueen nicht so sehr für die geplante „Hand-Arbeit“, den Raub, sondern mehr für die Personalien und Entwicklungen der unbescholtenen Frauen. Die das durchführen sollen, was sonst ihre Männer auf dem Programm hatten. Klauen. Stehlen. Tricksen. McQueen interessiert sich für ihre Schicksale. Und offenbart damit einen radikalen Blick auf gesellschaftliche amerikanische Zustände. Die von männlichem Chauvinismus und Zynismus geprägt sind. Gewalttätige Männer, wo immer man nur hinblickt, korrupte männliche Politiker, die sich „Staat“ wie Beute halten, eisige Killer. Irgendwo eine einwandfreie Moralperson? Fehlanzeige. Zustände, in denen sich jetzt verzweifelte Frauen versuchen. Probieren. Ihrerseits „männliche Handhabungen“ vornehmen. Weil man mit ihnen nie und nimmer rechnet, könnten sie eine Chance haben. Könnten.

Ein beeindruckender Thriller. Als Frauen-Drama. Nicht mit großen Emotionen ausgestattet, sondern sich kühler Distanz verpflichtend. Um ja nicht „das Andere“, den wahren Hintergrund, die Offenlegung dieser ekligen Absurdität „Amerikanische Demokratie“, zu verstellen. Ein hundsgemein guter Film. „Action“ gibt es nur vereinzelt, kurz am Anfang und dann gegen Ende. Zwischendurch das schon „seltsame“ engagierte Bemühen von Frauen, auf ehrliche, energische kriminelle Weise zu gewinnen. Im „America First“-Ländle (= 4 PÖNIs).

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