WHITE HOUSE DOWN

PÖNIs: (4,5/5)

„WHITE HOUSE DOWN“ von Roland Emmerich (USA 2012; B: James Vanderbilt; K: Anna J. Foerster; M: Thomas Wander, Harald Kloser; 131 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.09.2013); die Ouvertüre liegt ein paar Hollywood-Filmwochen zurück, als Regisseur Antoine Fuqua das Weiße Haus in Washington, D.C. von Nordkoreanern in „Olympus Has Fallen“ (s. Kino-KRITIK) völlig humorfrei in Schutt und Asche krachen ließ. Der Retter damals war ein traumatisierter Ex-Leibwächter des amerikanischen Präsidentenpaares, der von Gerard Butler als Menschmaschine vorgeführt wurde. Mit „White House Down“ folgt nun der – (SEHR) viel bessere – Hauptfilm. Am selben Ort.

John Cale (CHANNING TATUM) ist noch jung, hat aber schon einige Rückschläge verbuchen müssen. John ist geschieden, möchte endlich ein besseres Verhältnis zu seiner 11-jährigen Tochter Emily (Joey King) bekommen und will beruflich auch endlich „aufsteigen“. Der Polizist hat sich beim Secret Service als Personenschützer von Präsident James W. Sawyer („Obama“ JAMIE FOXX) beworben, wird aber nicht genommen. Der nächste Tiefschlag in seinem Leben. Weil er seiner ihn begleitenden Tochter aber die schlechte Nachricht schonend verklickern möchte, nehmen beide erst einmal an einer Besichtigungstour im Regierungshaus teil. Sind also zur falschen Zeit am „richtigen Ort“, denn prompt beginnt das feurige Spektakel: Paramilitärische Einheiten greifen das Weiße Haus „in Gänze“ an. Ein gigantisches Chaos bricht aus. Denn „diese Angreifertypen“ sind nicht irgendwelche dummen Muskel-Luschen, sondern bestens ausgebildete und strukturierte Söldner. Die genau wissen, was sie wann, wie erledigen müssen. Um des Präsidenten habhaft zu werden. Denn DER „besitzt“ bekanntlich DEN Code, der zu den heimischen atomaren Waffen führt. Alles haben die Terroristen minutiös vorbereitet, geplant, doch mit einem konnten sie nicht rechnen – dass sich ein tollkühner Polizist zufällig im Hause aufhält, mit einer pfiffigen Tochter an seiner Seite. Zudem stellt sich sogleich heraus, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika kein nur trockener Bürokrat ist. Sondern durchaus auch „soldatische Fähigkeiten“ besitzt. Gemeinsam mit diesem abgewiesenen „Spezi“ John kämpft er sich fortan durch sein komfortables „Palais“, damit es nicht zum „großen Vernichtungsschlag“ gegen Land und Menschen kommt. Es gibt – sehr – viel zu tun, also packen wir es zünftig an. Im zunehmend kaputter werdenden Gebäude.

Der 37-jährige Drehbuch-Autor JAMES VANDERBILT zählt zu den bestbezahlten Autoren in Hollywood. Schrieb die Drehbücher zu den Filmen „Welcome to the Jungle“ (2003), „Zodiac – Die Spur des Killers“ (2007/verfilmt von David Fincher) oder zuletzt „The Amazing Spider-Man“ (2012). Für sein Drehbuch zu „White House Down“ soll ihm „Sony Pictures“ 3 Millionen Dollar bezahlt haben. Um „damit“ dem eingebürgerten Schwaben Roland Emmerich, 47, ein Spektakel zu ermöglichen bzw. realisieren zu lassen, für das ein Budget von rd. 150 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt wurde. Mit dem Ergebnis: „White House Down“ kann sich 1.) außerordentlich spannend sehen und 2.) zugleich auch imponierend politisch DENKEN lassen. Ein ganz seltener Befund für einen US-Blockbuster-Film.

Die Außenansicht lautet, natürlich, Krach machen. Sehr vielen und ganz spannenden Krach veranstalten. Aber auch hierbei lässt sich Emmerich erst einmal Zeit. Fängt nicht gleich lauthals an, sondern beginnt besonnen zu erzählen. Bevor die Angreifer loslegen. Figuren werden herausgeschält. Charaktere betrachtet. Näher beäugt. Positionen besetzt. Wobei einige Zeit vergeht, um die Beteiligten zu identifizieren. Denn „die Wichtigsten“ halten sich zunächst im Verborgenen auf. Geben sich bedeckt. Und der „große Planer“ im Hintergrund bleibt bis zur Schlussabrechnung sowieso „versteckt“. Was die personelle Überraschung umso erstaunlicher werden lässt.

Nach den bombastischen Erstattacken der Angreifer aber folgen zugleich die genauso spektakulären politischen US-Deutungen: Der dynamische Präsident James W. Sawyer (Jamie Foxx), ein Mittelvierziger, gibt den Pazifisten, beabsichtigte gerade, dem Land „Frieden“ zu verordnen. Mit den politischen Gegnern im Mittleren Osten in Friedensverhandlungen zu treten. Um die kriegerischen Aktionen endgültig zu beenden. Was der einheimischen gigantischen Rüstungsindustrie natürlich überhaupt nicht gefällt. Wie immer wieder, zunächst ganz nebenbei, betont wird. Schließlich sind ihre riesigen Profit-Interessen in Gefahr. Und Money lautet nun mal das kapitalistische Hauptmotto in den Vereinigten Staaten. Viele Kriege, eine Menge internationale „Zündelplätze“, und schon laufen die Waffen-Geschäfte wie geschmiert. Buchstäblich und wortwörtlich. Da kann ein Präsident mit Friedensambitionen ganz schön „stören“. Also soll er ausgetrickst und vorgeführt werden. Mit John Cale als seinen inoffiziellen Beschützer und „Schnellausbilder“ in Sachen – auch taktischer – Gegenwehr taucht ein „aktueller“ John McClane/Bruce Willis-Nachfolger („Stirb langsam“) auf. Der eigentlich nicht „will“, aber dann doch ziemlich solo im vielgeschossigen großen Haus ‘ran muss. Um seinen obersten Chef und überhaupt die Welt vor der atomaren Katastrophe zu retten. (Und nebenbei auch noch seine Tochter, die ziemlich aufgeweckt „mitmischt“.) Und um die wirklichen Befehlshaber aus der Reserve zu locken. Und der natürlich dann, wenn es darauf ankommt, furios an- wie zuzupacken, sprich spitzenmäßig zu fighten, versteht. Dabei stellt sich mehr und mehr heraus, dass im Umfeld des mächtigsten Machthabers der Welt mafiöse Strukturen herrschen, einige korrupte, fiese, an den eigenen Dollar-Interessen interessierte Nadelstreifen-Verantwortliche agieren. Von der mächtigen Waffenlobby bestens unterstützt. „Belohnt“. Irre. Und überhaupt nicht unrealistisch erscheinend.

Ein guter Hit. Spannend aufbereitet, großartig „kämpferisch“, als vorzügliches Spektakel, mit beeindruckenden Effekten und Tricks. Klasse fotografiertes Action-Brimborium. Und dabei stets – mit ebenso beeindruckenden Hinter- und Erklärungsgedanken. Von wegen der längst verschacherten Demokratie. In den USA. Die nur noch am Büttel „der Lobby-Interessen“ lose hängt. Nur noch Geld regiert die Welt. Total. Diktatorisch. Zwar vermag sich das KINO „dagegen“ letztlich noch tapfer und aufrecht zu wehren, kann jedoch „damit“ keineswegs „beruhigen“. Sondern „nur“ spitzenmäßig punkten. Als vorzügliche Unterhaltung. Mit viel Spannungsspaß und erheblichem Sinn. Dafür sorgt auch ein namhaftes, überzeugendes Ensemble „an der Front“, bestehend aus u.a. dem soliden Channing Tatum (mit bemühtem Bruce Willis/John McClane-Geschmack), dem einmal mehr brillant-präsenten „Oscar“-Hero JAMIE FOXX („Ray“), der tapferen MAGGIE GYLLENHAAL sowie dem herrlichen Spitzbuben JAMES WOODS („Es war einmal in Amerika“) und dem immer brillant-soliden, grandiosen RICHARD JENKINS („Ein Sommer in New York“), einem der faszinierendsten Nebendarsteller Hollywoods (zuletzt: „The Company You Keep – Die Akte Grant“, neben Robert Redford).

Roland Emmerich, dessen amerikanische Filmographie einigen patriotischen Murks umfasst („Der Patriot“; „10.000 B.C.“), hat nach „The Day After Tomorrow“, „2012“ und der hiesigen Shakespeare-Offensive „Anonymus“ von 2011 einen bärenstarken, klugen Unterhaltungsknaller realisiert. An dessen Ende, absolut passend und bewusst, der Rolling Stones-Titel vom „STREET FIGHTING MAN“ (von 1968) heiß rockt: „The time is right for a palace revolution“: Es ist Zeit für eine Palastrevolution! (= 4 ½ PÖNIs).

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