VOX LUX

PÖNIs: (2/5)

„VOX LUX“ von Brady Corbet (Co-B + R; USA 2018; Co-B: Mona Fastvold; K: Lol Crawley; M: Scott Walker; 114 Minuten; deutscher Kino-Start: 25.07.2019; deutscher Heimkino-Start: 20.05.2020).

Eine empörte Gastkritik

Darauf muss man erst mal kommen: Raffey Cassidy spielt die 14-jährige Musikschülerin Celeste, die 1999 mit ansehen muss, wie ein Mitschüler Klassenkameraden und Lehrer gnadenlos metzelt. Daraufhin lässt sie sich von ihrer älteren Schwester Eleanor einen Song schreiben, den sie beim Gedenkgottesdienst in der Kirchengemeinde vorträgt und der sie mit einem Schlag im ganzen Land berühmt macht. Schnitt: 2017. Natalie Portman übernimmt die Rolle der inzwischen zur Pop-Ikone emporgestiegenen Celeste, und Raffey Cassidy spielt jetzt ihre Tochter Albertine. Nicht nur äußerlich sehen sich die beiden kaum ähnlich, auch das Rollenprofil fällt komplett auseinander. Wie konnte aus der leisen, überall so beliebten Raffey das pöbelnde Ekelpaket Natalie werden? Das wäre durchaus eine Geschichte wert gewesen und hätte ausgesagt, was über die amerikanische Entertainment-Industrie auszusagen gewesen wäre, aber so ist es, als sehe man zwei verschiedene Filme, die außer den Rollennamen kaum etwas verbindet. Der zweite Teil, eine Mischung verschiedener Filmtechniken und -formate, ist, trotz eines Auftritts irgendwelcher Terroristen und eines großen abschließenden Konzerts, nicht, wie es heute so schön heißt, „authentisch“ (was der Film doch unbedingt sein will), sondern nur quälend langweilig. Dies ist nicht nur ein Defizit der Story-Konstruktion, sondern ist auch dem bemühten, aber eindimensionalen Spiel von Natalie Portman geschuldet, die zwischen Glamour und seelischem Schiffbruch pendelt.

Nach seinem Regiedebüt mit „The Childhood of a Leader“, einer freien Adaption einer Novelle von Jean-Paul Sartre, wurde der Schauspieler Brady Corbet als Shooting Star, als neuer Stern am Himmel des Autorenkinos gehandelt. Das ist ihm wohl zu Kopf gestiegen. Die meisten Kritiker reagierten auf „Vox Lux“ enttäuscht, nur Ausnahmen wie Rüdiger Suchsland im „Film-Dienst“ erklären den dramaturgisch überraschenden Rollenwechsel mit „inneren Dämonen“: Corbets Filme seien geschichtsphilosophische Porträts der geistigen Situation der Gegenwart. Sie seien in ihren Facetten auch nach zwei- oder dreimaligem Sehen nicht ausgeschöpft. Uns war das einmalige Sehen schon zu viel (= 2 PÖNIs).

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