VORHANG AUF FÜR CYRANO

„VORHANG AUF FÜR CYRANO“ von Alexis Michalik (B + R; Fr 2018; nach seinem Bühnenstück „Edmond“/2016; K: Giovanni Fiore Coltellacci; M: Romain Trouillet; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.03.2019); es ist das wohl bekannteste französische Klassiker-Theaterstück überhaupt: „Cyrano von Bergerac“: das romantisch-komödiantische Versdrama, das von Edmond Rostand (*1868 – †1918) stammt und am 27. Dezember 1897 am Pariser „Théatre de la Porte Saint-Martin“ uraufgeführt wurde. Nach 40 Vorhängen wurde die Bühnen einfach offen gelassen, heißt es am Film-Ende. Denn der französische Schauspieler, Regisseur und Drehbuch-Autor ALEXIS MICHALIK adaptierte für seinen ersten Kinospielfilm – mit seiner eigenen Bühnen-Adaption – seine „leicht“ erfundene Entstehungsgeschichte um diesen unsterblichen Klassiker, um den knollennasigen, sensiblen Poeten Cyrano von Bergerac. Den zuletzt im Kino Gérard Depardieu in dem französischen Film „Cyrano von Bergerac“ von Jean-Paul Rappeneau 1990 genial verkörperte (s. Kino-KRITIK); in einem formidablen Filmklassiker, der sehr viele Auszeichnungen erhielt, darunter den „Golden Globe“, den Darsteller-Preis für Gérard Depardieu bei den Filmfestspielen von Cannes sowie 10 „Césars“ (bei 13 Nominierungen), die französischen „Oscars“.

1895. Am Anfang steht die Niederlage. Das persönliche Desaster. Der 27-jährige Autor Edmond Rostand (THOMAS SOLIVÉRÈS) hat mit seinem neuen Vers-Stück „Die Prinzessin vom Morgenland“ Schiffbruch erlitten. Obwohl sogar der bekannte, beliebte Star Sarah Bernhardt (CLÉMENTINE CÉLARIÉ) die Hauptrolle besetzte. Das Stück stößt auf komplette Ablehnung. Seine Ehefrau Rosemonde aber (ALICE DE LENCQUESAING) akzeptiert keine Depressionslaune. Zuhause: „An die Arbeit, mein Poet!“. Auf ein Neues. Aufgeben gibt es nicht. Zwei Jahre später. Rostand leidet weiterhin an einer Schreibblockade. Die Existenz ist gefährdet. Also fasst er all seinen Mut zusammen und wendet sich in seiner Verzweiflung an den großen, populären Mimen Constant Coquelin (OLIVIER GOURMET). Trägt dem Ideen für ein Stück vor, das es überhaupt noch nicht gibt. Von dem noch nicht eine Zeile existiert. Geschrieben ist. Eine Handlung muss schnell her – aus dem Stehgreif. Von zufälligen Motiven aus dem Alltag, in der Gaststätte, auf dem Boulevard abgekupfert. Entwickelt. Dies stößt tatsächlich auf Neugier. Ab jetzt aber muss es schnell gehen. Ganz schnell sogar. Das Theater ist nur noch bis Ende Dezember frei. Innerhalb von sage und SCHREIBE drei Wochen muss Edmond ein neues Stück fertigstellen, Mitwirkende müssen zusammengetrommelt werden, es muss mit den Proben begonnen und eine Aufführung gestemmt werden. Die – köstlichen – Turbulenzen dürfen beginnen. Gesucht werden: Einfälle, Einfälle, Einfälle. Die dazugehörigen Verse. Und, natürlich: Eine MUSE. Was für Zeiten. In denen „Cyrano von Bergerac“ erst real erlebt wird, bevor es, das Stück, endlich vorgeführt werden kann.

„Du bist vollkommen verrückt“: „Ich bin Autor“: Unter diesem Motto präsentiert ALEXIS MICHALIK, der vom edlen, siebenfachen „Oscar“- Filmstück „Shakespeare in Love“ von 1998 (s. Kino-KRITIK/5 PÖNIs) inspiriert wurde, ein glanzvolles STÜCK von begeisterndem KINO. Mit viel Spiel, noch mehr Spaß, herrlichen Neurosen und charmantem Klamauk. Brillante Unterhaltung-pur, dank inszenatorischer Pointen-Dynamik, süffisant beseelten Figuren, psychologischen Winkelzügen vom Feinsten. Samt den prächtigen Kulissen der Belle Époque, mit formidablen Kulissen- und Slapstick-Narreteien, die keine Pause dulden.

Und interpretiert, ereignisreich dargeboten, von einem liebenswerten, temperamentvollen, exzellenten Ensemble.

Motto: Ich, also ich, der Kritiker, bin dann mal – beinahe zwei Stunden – weg. Weg von den kino-täglichen, spektakulären Explosionen, Tricks, Zombies, Super-Superhelden. In welcher Reihenfolge auch immer. Und fühle mich sauwohl bei dieser Film-Entführung: Hier tauche ich ein und ab in die Welt des wunderbaren, schönen Scheins und würzigen Seins. Werde mitgerissen von besessenen „Verrückten“, schrägen, kreativ-genialen, tollkühnen Kunstsachverständigen, von poetischen Klimmzügen, vom mitreißendem, übermütigem Lebens-Schwung. Als kongeniales, reiches Vergnügen. Unglaublich, aber wahr, dass aus diesem – geglaubt – abgenagten Oldie-Stück etwas Neu-Lebendiges und köstlich Unterhaltendes entstehen konnte.

„VORHANG AUF FÜR CYRANO“ oder: das amüsante, atmosphärische, Niveau-intensive, farbenprächtige KINO bebt (= 4 1/2 PÖNIs).

P.S.: Mit einem auch adäquaten, feinen Abspann, wo Fotos und Filmclips den Weg des historischen Edel-Klassikers „Cyrano von Bergerac“ aufzeigen. Über mehr als hundert Jahre. Ein herrlich illustrer Rausschmeißer aus diesem ausgelassenen Überraschungsfilm.


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