TOP SECRET

TOP SECRET“ von David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker (B+R; USA/GB 1983, K: Christopher Challis, M: Maurice Jarre; 91 Minuten; Start D: 21.12.1984)

Synchronleute bei uns benötigen neben einem beständig schlechten Geschmack und deftigen Sprüchen auch ausgiebig starke Nerven. Denn in dem Bestreben, immer das Beste und Komischste aus dem Original für unsere feinen Ohren heraus- bzw. umzusprechen, haben sie nun schon so oft unzählige ausländische Filme regelrecht verhunzt, ohne dass ihnen je jemand dafür herzlich gedankt hätte. Im Gegenteil. Vorwürfe müssen sie sich andauernd gefallen lassen, von verblendeten Kritikern und Cineasten, die sich auf das jeweilige Originalkunstwerk beziehen und von Verdummung oder gar Manipulation sprechen. Von wegen! Wer schließlich sorgt denn bei uns, dass es wenigstens im Kintopp mal ab und an noch was zum Lachen gibt? Wer macht denn selbst aus den müdesten Stoffen noch den geilen Budenzauber? Wer im Grunde spricht denn wirklich d e n Ton an der hierzulande auf der Leinwand erwünscht ist…? Na also.

Neuerlicher Beweis für die unermüdlichen Anstrengungen, Komisches erst so richtig komisch zu machen, ist dieser Streifen, wo sich Schwarze und andere (Militär-)Figuren mal so wieder nach Herzenslust aussächseln können (was ja nun wirklich immer noch irre komisch ist, nicht wahr?), wo aus einer Hillary eine Waltraut wurde, weil “die sich auch im Wald traut“, wo eine Nationalhymne zwar nicht mehr lippensynchron und schon gar nicht mehr verständlich klingt, wo aber wenigstens doch der Akzent auf freien Ulk angesetzt wurde, wo…, aber das würde noch Seiten füllen. Deshalb endlich auch einmal ein Hoch auf unsere emsigen Synchronstimmungsmacher und -fälscher, die ihr dunkles Treiben wirklich unter größten Mühen versehen und längst eine Würdigung verdient haben.
Allerdings hatten sie hier auch ein bisschen Pech, denn dass aus “Top Secret“ nicht nur sprachliche Zoten-Eskapaden á la “Rainer Brandt“ (“Die Zwei“ und die letzten Belmondo-Rotzereien) entstanden, liegt eindeutig an dem Original das sich dermaßen “Überulkung“ tapfer widersetzt. Inszeniert wurde es vom „Z.A.Z.“-Trio, den Zucker & Abrahams & Zucker, das erstmals 1977 mit der herrlich verrückten Persiflage auf amerikanische TV-Serien “The Kentucky Fried Movie“ auffiel (und die danach gleich von den Fans in die Kultecke katapultiert wurde). Deren zweiter Streich übrigens war 1980 mit “Airplane – Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ die satirische Krönung inmitten hollywoodscher Katastrophenschinken. 1983 verflüchtigten sich die drei Schwarzhumoristen gen Britannien, um sich diesmal in düster-hinterfotzigen Albernheiten in Sachen…, ja in welchen Sachen eigentlich…auszulassen?

In Sachen Kalter Kriegsfilme zum Beispiel, die anscheinend so langsam wieder in Mode kommen (“Die rote Flut“), aber auch in Sachen längst verstaubt geglaubter Genre-Heiterkeiten wie Beach Boys-Elvis-Ritter-Tarzan-Spionage-Nazi-Bonanza-und Köpenick-Streiche. Aber auch tapfere französische Resistance-Heroen müssen bluten (lassen), während dann auch schon mal Insel-Schmalzereien wie bei Brooke-Shields-Balgereien (das reimt sich ja sogar!) ins Auge tröpfeln. Was übersehen? Bestimmt.
Aber nun mal ganz konkret, wovon handelt dieses eindringliche Meisterwerk eigentlich, bei dem “jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, deren Haustieren, Bekleidungsstücken, etc, etc. weder beabsichtigt noch irgendwie so gemeint ist“? Nun, es geht um so einen netten jungen Ami-Rock-Bubi (VAL KILMER), der zu einem Kulturfestival in die “DDR“, die Anführungszeichen sind hier absolut gerechtfertigt, eingeladen wird.

Natürlich bedeutet dies nur eine Tarnung für die üblen Machenschaften des dortigen Militärs, die damit alle Welt ablenken und täuschen wollen. Denn in Wirklichkeit hat man einen berühmten Forscher geklaut, damit der seine geheimste Geheimwaffe bauen soll. Damit morgen, so der forsche Herr Oberst, der sich für seine berufliche Weiterbildung mit Hermann Görings “Workbook“ literarisch hochkarätig versorgt hat, endlich die Welt unser ist. Aber dieser Nick Rivers, der zunächst einmal beweisen muss, dass er kein Bruder von Heino ist (wieder so eine köstliche Sprachüberraschung hiesiger Stimmenkünstler), seine Hillary-Waltraut, die zugleich natürlich auch des forschen Forschers Töchterlein ist, ein Haufen verwegener, stets unerschrocken auftretender Outlaw-Individualisten (im Deutschen: Nasenbrecher, Kanalratte, der Kalte Fisch, der Schokoladenpudding, Latrine…), der arg ramponierte Geheimdienstler OMAR SHARIF, das “schwedische“ Großauge PETER CUSHING, ein singender Schimmel namens Caruso und auch eine Kuh in reizenden kleinen Stiefeln sorgen schließlich dafür, dass die Bösewichte übertölpelt werden, ein Spitzel zu seiner gerechten Strafe kommt und alles sich zum “Casablanca“-Finale einfinden kann.

In jede Szene ist mindestens ein Gag versteckt, manchmal ganz offen (bei manchen wird sogar gezeigt, wie sie gemacht wurden), manchmal zitiert, manchmal aber auch um drei bedeutungsvolle Ecken herum und nur für Insider des Kinos verständlich. Nichts ist den Machern heilig, absolut gar nichts. “Wir hatten schon lange eine vage Idee, etwas über den Zweiten Weltkrieg zu. machen, gleichzeitig sollte aber auch Rock‘n‘Roll darin vorkommen“. So treten sie von einem Fettnäpfchen in das nächste, lassen kaum eine Gelegenheit aus, wenn es um plumpe Anzüglichkeiten, direkte Geschmacklosigkeiten und pausenlose herbe Klischeedarbietungen geht. Aber ihr Irrwitz und ihre grotesken Übersteigerungen haben Methode, besitzen tatsächlich jene Kraft und Unverschämtheit, der man alles verzeiht. Jeder nur denkbare Gag wird sofort ausprobiert, während die letzte halbe Stunde schließlich fast nur noch aus einer Aneinanderreihung von turbulenten, anarchistischen Späßen und Pointen besteht.

“Wie dumm kann man werden?“, lautet einer der Songs des Films, während Waltraut abschließend schon die Fortsetzung der “Z.A.Z.“-Frechheiten ankündigt; “Ich werde hier gebraucht. Solange noch ein einziger Mensch gezwungen ist, sich unter der eisernen Faust der Unterdrückung zu ducken; solange nur ein einziges Kind in der Nacht schreit oder ein Schauspieler zum Präsidenten gewählt wird, solange werden wir vorfahren zu kämpfen“ (= 4 PÖNIs).

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