TOD DEN HIPPIES!! ES LEBE DER PUNK!

TOD DEN HIPPIES!! ES LEBE DER PUNK!“ von Oskar Roehler (B + R; D 2014; K: Carl-Frioedrich Koschnik; M: Martin Todsharow; 94 Minuten; Start D: 26.03.2015); wir hörten „Ich fühl‘ mich gut (Ich steh‘ auf Berlin)“ von der Gruppe „Ideal“; wir tanzten damals solo nachts im „Dschungel“ in der Nürnberger Straße, um dann morgens nach Hause zu pilgern, sich zu waschen und ins Büro zu dackeln; wir standen uns im Kreuzberger SO 36 die Beine in den Bauch, um auf die Band „Deutsch Amerikanische Freundschaft“ (DAF) zu warten, damit sie ihren Hit „Der Mussolini (Tanz den Mussolini)“ spielen und wir abhotten konnten. Wir waren Spießer, die sich – gerne – hin und wieder Luft verschafften. Immer innerhalb des Regelwerks.

OSKAR ROEHLER, am 21. Januar 1959 in Starnberg geboren, Sohn der Schriftstellerin Gisela Elsner und des Schriftstellers Klaus Roehler, hat dies „härter“ erlebt. Diese Frontstadt WEST-BERLIN der Achtziger. Roehler wuchs bei seinem Vater in Darmstadt auf und besuchte von 1969 bis 1978 im unterfränkischen Wiesentheid das Internatsgymnasium. Mit Abitur-Abschluss. Danach war volle Kanne Berlin angesagt. Als Autor und Filmemacher. Und – wie hier ausgebreitet – als Scene-Mutant. Vieler seiner bisherigen 12 Filme haben mit ihm und seinem Leben zu tun. Wie auch „Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!“ wieder. Roehler als junger Anarcho im „dampfenden“ West-Berlin der Achtziger. In Gestalt des immer auch etwas „kindisch“-jugendlich aussehenden 32jährigen TOM SCHILLING („Oh Boy“). Als sein Junger Ego Robert. ANTI war nicht nur Haltung, sondern auch Lebensstil. Hier. Auf dieser West-Insel. Lässt Tom Schilling im Presseheft-Ton verlauten. Wehrdienstverweigerer, Selbstverwirklicher, Müßiggänger tummelten sich. Fühlten sich wie Avantgarde. Hielten sich für Künstler. Präsentierten sich als Narzisten und Nihilisten. Während das Sozialamt eifrig (aus-)zahlte. Norm war damals „genüsslich“ Scheiße.

„Die Stadt war ein Schutzraum für Verrückte“, erklärt Oskar Roehler im Pressseheft. Und: „Das Problem ist ja, dass man die Gegenwart nicht begreift. Das hat Dostojewski schon gesagt“. Deshalb also 2015 erneut ein individueller Rückblick auf Eigen-Vergangenes. Mit und in ihm. Dabei ist kein Handlungs-Film entstanden, sondern radikale Trash-Motive eines ewigen Provokanten. Provinzler Robert, wie Roehler-Schilling im Film heißt, taucht voll und buchstäblich im „Anderen“ von Westberlin ab. Landet bei Schwarz, einem früheren Bekannten (WILSON GONZALEZ OCHSENKNECHT), in der Peep-Show am Bahnhof Zoo, wo literweise Wichser-Sperma an die Kabinen-Wände spritzt, welches Robert tagtäglich abputzt. Für bare Münze. Robert trifft auf seinen extrem durchgeknallten Provinz- und Randale-Kumpel Gries (sagenhaft wie beängstigend-gut- authentisch: FREDERICK LAU), einem schwulen masochistischen Nazi, der das Kaputte zu seinem Daseins-Inhalt auserkoren hat. Man ortet sich in Kreuzberg, wo der „Einstürzende Neubauten“-Sänger Blixa Bargeld (ALEXANDER SCHEER) seine Bar „Risiko“ betreibt und Stoff wie Wodka nie ausgehen. „Punk“ zelebriert wird. Und schon mal Nick Cave (MARC HOSEMANN) vorbeischaut. Um mit abzustinken. Während Robert inzwischen im Pflegeheim gelandet ist, wo er ein ekliges Desaster am künstlichen Darmausgang eines Patienten anrichtet. Seine Mutter Gisela (prächtig stelzig: HANNELORE HOGER) in einer TV-Talk-Show verkündet, sie hätte „das Balg lieber abgetrieben“ und der autoritäre Herr Klaus-Papa (SAMUEL FINZI) als Kassenwart der RAF fungiert.

Oskar Roehler kennt kein Pardon. Ignoriert Geschmacksgrenzen. Weidet sich an Körperflüssigkeiten. Geht dem Zuseher konsequent auf den subversiven Ekel-Sack. Es mutiere die Kacke! Ein Erinnerungs-Hurra an den Ausnahmezustand! Mit viel Amen-Scheiße. Und fast ohne Frauen. Männer haben damals den Mist dirigiert. Vermitteln die Bilder. Dieses selbsttherapeutischen Oskar Roehler-Films, der grölend abkotzt (= 2 ½ PÖNIs).

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