SUPERNOVA

PÖNIs: (4,5/5)

„SUPERNOVA“ von Harry Macqueen (B + R; GB 2019; K: DICK POPE; M: Keaton Henson; 95 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.10.2021);

GROSSARTIG WÄRMEND. Titel = „SUPERNOVA“. GB 2019; B + R: HARRY MACQUEEN; K: DICK POPE; 95 Minuten. Bedeutet: Mit SUPERNOVA wird ein Stern bezeichnet, der noch einmal kurzzeitig hell aufleuchtet, bevor er explodiert. Seine Lebenszeit beendet. Während seine Materie im Weltall herumschleudert, um alsbald neue Himmelskörper zu bilden. Die menschliche Existenz ist ähnlich infiltriert. Beispiel: DAS PAAR: Sam (COLIN FIRTH) und Tusker (STANLEY TUCCI). Der Pianist und der Schriftsteller. Sie leben schon ein ganze Ewigkeit zusammen und sind gerade mit ihrem Campingbus zu einer Reise durch die ländlich-phantastische nordenglische Berglandschaft aufgebrochen. Wir erfahren, dass es aller Wahrscheinlichkeit-nach die letzte gemeinsame Tour zu den – herbstlich-betörenden  – Gebieten des Lake District sein wird, wo man sich einst kennenlernte. Und wo in der Nähe Familie, Freunde und Bekannte warten. Sam, der erfolgreiche Pianist, hat sich – fast – von seinem Beruf verabschiedet, um sich ganz seinem geliebten Lebensgefährten zu widmen, der an Demenz erkrankt ist. Und der demnächst nicht mehr DER sein wird, der er war. Während Sam einen letzten Konzertauftritt vorbereitet, wird Tusker wohl sein aktuelles Schreibwerk nicht mehr „schaffen“.

Das Thema „Demenz“ war kürzlich in dem meisterlichen Anthony Hopkins-Epos „THE FATHER“ (s. Kino-KRITIK) im seelischen Blick- und Mittelpunkt; hier folgen mit ebenso meisterlichen Bewegungen zwei herausragende Akteure: Der britische „Oscar“-Preisträger COLIN FIRTH („The King’s Speech“/s. Kino-KRITIK) und der zweifache US-amerikanische „Golden Globe“-Preisträger STANLEY TUCCI (u.a. „In meinem Himmel“/2009). Zwei Typen. Bilden eine Einheit. Sind als innig verbundenes Paar eingespielt. Lassen ihre Liebe spüren wie am ersten Tag. In ihrem alten Wohnmobil sind sie unterwegs, um Stätten der Vergangenheit zu besuchen. Wobei – unterwegs beginnt ihre individuellen Vorstellung von der Zukunft zu kollidieren. Sam und Tusker müssen sich mehr und mehr fragen, so schwerer es auch  zunehmend fällt, was es eigentlich heute bedeutet, einander zu lieben. Im Angesicht der zu erwartenden „Dramatik“ einer unheilbaren Krankheit. WIE dies von den – „unauffälligen“ – beiden Jahrgang 1960-Schauspielern sanft-pointiert ummantelt wird, lässt „Supernova“ zu einem Gefühlsereignis blühen.

Seit 1991 fängt der (zweifach „Oscar“-nominierte) britische Kameramann DICK POPE immer wieder großartig-„passende“ Bilder für den britischen Regisseur Mike Leigh ein (2014/“Mr. Turner – Meister des Lichts“/s. Kino-KRITIK). So auch behutsam hier, wenn es darum geht, die ruhige Nähe von Körper, Mimik, Gesicht – sowie der Hände – in zusammenhängenden, atmosphärischen, räumlichen Landschaftseinklang zu bildern: „Es geht nicht um Fairness, es geht um Liebe“. Während die belebende Ironie von Sam und Tusker eine wunderbare Vertrautheit ausstrahlt. Selten haben wir es mit einem Beziehungsfilm (= ein  schändliches Wort, ich weiß; pardon) zu tun, der dermaßen von so viel Wärme, HERZlichkeit und Lebenslust und Trauer erfüllt ist. Ohne – zu – viele Worte bemühen zu müssen. „Supernova“ bedeutet ehrliche Emotionen einwirken zu lassen. Der, nach „Hinterland“/2013, zweite Autoren-Spielfilm von HARRY MACQUEEN ist kein Krankheitsfilm, sondern vermittelt empathische Tiefe mit sagenhaft viel Seelen-Menschlichkeit (= 4 1/2 PÖNIs).

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