SILVER LININGS

SILVER LININGS“ von David O. Russell (B+R; USA 2012; K: Masanobu Takayanagi; M: Dany Elfman; 120 Minuten; Start D: 03.01.2013); basiert auf dem Debütroman „Silver Linings Playbook“ (= auch Originalfilmtitel) von Matthew Quick aus dem Jahr 2008 und lässt uns amüsant raten – was und wer ist VERRÜCKT? Beziehungsweise umgekehrt: Was und wer ist eigentlich „normal“??? Und man könnte diese kleine feine große Komödienperle auch gut und gern damit umschreiben: Im Amiland USA sind eigentlich viele SO. Also so oder so.

Der am 20. August 1958 in New York City geborene Produzent, Drehbuch-Autor und Regisseur DAVID O. (= Owen) RUSSELL hat bisher nicht viele Kinofilme fertiggestellt, doch seine bisherigen 5 Spielfilme haben gereicht, ihn nicht nur „zur Notiz“ zu nehmen, sondern ihn auch als ungewöhnlichen Figuren-„Hersteller“ mit viel doppelbödigem, pointiertem Ideen-Potenzial kennen- und schätzen zu lernen. Ob Ben Stiller bei seiner Road Movie-Odyssee und Eltern-Suche im Debütstreich „Flirting with Desaster – Ein Unheil kommt selten allein“ (1996); ob George Clooney, Mark Wahlberg und Ice Cube als ungleiches Soldaten-Trio in „Three Kings“ auf „komische“ Schatzsuche im Irak (1999); ob Dustin Hoffman & Lily Tomlin als „existenzialistische Detektive“ Bernard und Vivian in „I Heart Huckabees“ (2004) oder ob zuletzt Mark Wahlberg und der mit einem Nebendarsteller-„Oscar“ belobigte Christian Bale in dem Familien- und Boxer-Drama „The Fighter“ (2010), immer ging es um, sagen wir mal, vergleichsweise spannend-„eigenwillige“ Menschen, deren Existenzen „anders“, geradezu „gegen-bürgerlich“ verlaufen. Ohne dabei sonderlich erfunden, fiktiv zu erscheinen. Ganz im Gegenteil – mit eben dem hintergründigen Gedanken- und Betrachtungsansatz vom So-Dasein oder vom SO-Existieren.

Pat Solatano (BRADLEY COOPER, auch Mit-Produzent) scheint „out“ zu sein. Kommt „mühselig“ nach acht Monaten Psychiatrie aus der Anstalt. Hat wegen seines Ausrasters damals alles verloren. Lehrer-Job, Haus & Ehefrau. Oder umgekehrt. Muß wieder zu seinen auch „etwas eigenartigen“ Eltern ziehen (ROBERT DE NIRO & JACKI WEAVER). Hatte damals den Liebhaber seiner Ehefrau unter der Dusche „ein bißchen zu kräftig“ vermöbelt. Pat und sein Jäh-Zorn. Gerichtlich waren mindestens 8 Monate „moralischer Feinschliff“ in der „Klapse“ verordnet, jetzt holt ihn seine Mutter – gegen den Willen der Mediziner – unter Berufung auf die gerichtliche Zeitauflage heraus. Während Pat auf nunmehr „positive Lebensgedanken“ setzt, setzen will, aber seine Gemütswallungen und Aggressionsschübe längst nicht unter totaler Kontrolle hat, schon gar nicht bei der Lektüre von Hemingway, zum Beispiel, freut sich sein zutiefst ultra-abergläubischer Neurosen-Vater auf sein Erscheinen. Wünscht er sich doch nichts Sehnlicheres, als dass sein „Bengel“ mit ihm auf dem Sofa sitzt, um die Football-Spiele der heißgeliebten Philadelphia Eagles im Fernsehen anzuschauen. Schließlich bringt DAS, also ER, also Pat = Glück. Schließlich wettet (und verwettet) der Alte gerne und viel auf DIE. Doch Pat möchte irgendwie wieder „normal“ werden. Möchte aus seinem Kinderzimmer schnellst möglichst wie endgültig ‚raus, um sich in die „normale Gesellschaft“ erfolgreich wieder einzugliedern. Und begegnet „dabei“ ausgerechnet der traumatisierten attraktiven Witwe Tiffany (JENNIFER LAWRENCE). DIE ist auch „nicht ohne“. Also nicht gerade zimperlich. In beinahe ALLEM. Was sie denkt und tut. Beschreiben wir sie einmal so – ähnlich wie Pat, also auch ziemlich „unkonventionell“. Hat schon so einiges „abbekommen“. Vom Leben. Ist und wirkt also reichlich unberechenbar und aufmüpfig „unnormal“. Man rauft sich. Mal viel, mal weniger. Aber nicht zusammen. Denn: Tiffany soll ihm helfen, seine Ex-Frau zurückzugewinnen, und sie akzeptiert. Wenn er mit ihr bei einem Tanz-Turnier mitmacht. Bei einem Wohltätigkeitsball. Er und tanzen. So hüftsteif und ungelenk er doch ist. Doch ein Deal ist ein Deal. Die bewegungsaktive Performance startet. Mit einigen schrägen „Abweichungen“. Sowie kessen Detail-Pointen.

Irgendwie sind wir doch alle – jeder auf seine eigene, originelle, typische Weise – etwas oder mehr bekloppt. Wenn wir uns mal „ehrlich“ gegenseitig betrachten. Davon erzählt dieser eigenwillige, ungewöhnliche satirisch-witzige Beziehungs-Film. Blickt auf zunächst „sonderbare“ Spezies von Menschen, bis dann klar wird – DIE sind GENAUSO „behämmert“ und sympathisch wie WIR. Na ja, vielleicht als „Amis“ ein bisschen doch (gerade) „doller“ „gedetscht“ wie wir, aber durchaus identifizierbar. Ulkig. Übernehmbar. Wenn man beispielsweise auf so manche Bekannte und Familien blickt. Auf dortige Situationen, Vorkommnisse, Begebenheiten, abgefahrene Ereignisse. Ein lustiger trauriger Film. Ein trauriger lustiger Film. Ganz wie man ihn dreht. Und betrachtet. Und be-denkt. „Silver Lininings“ gelingt die leichte wie ernst Mischung. Zwischen Krank-Sein und Gesundsein-Wollen. Zwischen Lächeln und Grübeln. Zwischen Aufbrausen und Berühren.

BRADLEY COOPER, 37, seit „Hangover“ ein Star, manövriert sich geschickt in die Zwischenrolle von verzweifeltem Loser und sensiblem Kraftkerl. Die 22jährige Kentucky-Lady JENNIFER LAWRENCE bleibt seit „Winter’s Bone“ (2010) unvergessen und gibt hier ihrem zerstörerischen inneren Affen Tiffany prächtig Futter. Zunder.

„SILVER LININGS“, also Silberstreifen am Horizont, wurde kürzlich für vier „Golden Globes“ nominiert, in den Kategorien Bester Film, Bestes Drehbuch, Beste Darstellerin, Bester Darsteller. Der Weg zu „Oscar“-Nominierungen 2013 ist somit geebnet. Zu Recht, der Film ist ein schönes Stück an sinn-gagigem Kunst-Vergnügen (= 4 PÖNIs).

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