SILVERADO

SILVERADO“ von Lawrence Kasdan (Co-B, Pr+R; USA 1985; K: John Bailey, M: Bruce Broughton; 132 Minuten; Start BRD: 09.01.1986, DDR: 22.01.1988).

Vorhang auf. Konzertante, opernrauschartige Musikklänge. Am Fuß der blauen Berge. Die glorreichen Sieben. Butch Cassidy und Sundance Kid. Spiel mir das Lied… Der Film fängt so an, wie Western normalerweise enden: mit einer zünftigen Schießerei. Einer überlebt, indem er zwei Angreifer abmurkst. Ist er ein Schurke? Nein, denn als er ins Tageslicht tritt, zeigt sich kein stoppelbärtiges Pokerface, kein zernarbtes furchteinflößendes Haupt, sondern die sympathisch-’strahlemannsche‘ Standardausgabe. Ein Gesicht, das nur zu Helden passt. Und bitte schon in der nächsten Einstellung rettet dieser kühne Edelmann, der auf den Namen Emmett hört (SCOTT GLENN), in der Wüste sogleich ein fast verdurstetes Leben. Dieses hört auf Paden (KEVIN KLINE), und das ist nun eine Begegnung aus der Schublade: Wie gewinne ich einen Freund. Dem haben böse Buben nicht nur das Pferd, sondern gleich auch die Klamotten geklaut (“Auf die kann ich verzichten, nicht aber auf den Braunen“). Natürlich hat man von nun ab, mit kurzen Unterbrechungen, den gleichen Weg, das gleiche Ziel.

Wie in den besseren Western wird auch hier nicht viel gesprochen (sonst wäre ja wohl auch der Film sehr viel früher zu Ende), dafür ersetzen Andeutungen und Gesten, Wortfetzen und rituale Bewegungen die ausbleibenden Erklärungen. Und wenn die so interessant eingesetzt sind wie hier, setzt dann bald schon dieses erhabene Western-Gefühl ein. Die erste Neugier ist gestillt, die Beteiligten sind kurz vorgestellt, die Gegend mit ihren wunderschönen Landschaftsmotiven ausgeleuchtet, die Ouvertüre hat funktioniert und neugierig gemacht. Gut und Böse sind sorgsam unterschieden, man kommt so langsam rein in das gute, alte Western-Abenteuer. Gary Cooper und John Wayne lassen grüßen. Denn die wurden auch nie sehr freundlich in einer fremden Stadt aufgenommen. „Ich dulde etwas Derartiges nicht. Es ist nicht gut für den Frieden wie für die Möbel“, heißt der Willkommensgruß des Sheriffs von Turley (‘Monty Python‘ JOHN CLEESE), einer Zwischenstation, bei der sich ein Dritter, ein Schwarzer, Mal (DANNY GLOVER), zu Emmett und Paden gesellt.

In der Stadt treffen sie auf Stella, die außergewöhnlichste und aufregendste Barfrau sein, die je in einem Western auftrat. Sie wird von der “Oscar“-Preisträgerin Linda Hunt (“Ein Jahr in der Hölle“) so gespielt, als wäre sie geradewegs kurz mal aus einem Woody Allen-Coup ausgebüchst. So klug, so herzerwärmend-intellektuell, so schön wie diese wunderbare 145 Zentimeter große Lady war noch keine Thekenfrau im Wilden Westen. Kein Wunder, dass Faden sich bei ihr so wohlfühlt. “Die Welt ist das, was man aus ihr macht“, ist einer ihrer Ratschläge, und das hört und sieht sich dann auch in der Tat bisweilen so an, als seien hier Heroen der New Yorker Bühnen für einen Moment von ihrem geistigen Sockel gestiegen und in andere Klamotten geschlüpft, uni mal auszuprobieren, wie das so läuft, wenn man mal Broadway-Staub mit Hollywood-Sand vertauscht. Und so wird dieser Western dann auch auf einer zweiten Ebene zu einem vergnüglich-ironischen, doppeldeutigen “zugereisten“ Western-Spiel von Erwachsenen, die sich benehmen, als müssten sie einiges aus ihrer Kinderphase noch einmal aufleben lassen. „Ich wollte schon immer einen Western machen“, bestätigt dann auch Lawrence Kasdan, der als Co-Autor von “Jäger des verlorenen Schatzes“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ sowie als Autor und Regisseur von “Eine heißkalte Frau“ und “Der große Frust“ auch hierzulande bekannt wurde, und fährt fort: “Als Kind bedeuteten Western sehr viel für mich. Insofern ist mein Film auch ein Versuch, zu dem zurückzukehren, was mich begeisterte, als ich zwölf Jahre alt war“.

Die Rückkehr zu dem Kindheitstraum von Lawrence Kasdan erweist sich als voll gelungener „Versuch“. Er beinhaltet alle klassischen Elemente die einen guten Western ausmachen und unterhält darüber hinaus aufs Feinste. Die Top-Besetzung rundet das Vergnügen ab (= 4 PÖNIs).

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