ABSCHIED. Geboren ist er am 20. Januar 1946 in Missoula (Montana). Am Montag wäre sein nächster Geburtstag „dran“. Doch jetzt ist er wenige Tage vor seinem 79. Fest gestorben. Steven Spielberg würdigte ihn als „einzigartigen visionären Träumer“. DAVID LYNCH studierte ab 1965 an der Pennsylvania Academy of Fine Arts in Philadelphia, Dort drehte er 1968 seinen ersten animierten Kurzfilm, der ihm ein Stipendium des American Film Institute (AFI) einbrachte. Der mit diesem Geld entstandene 35-minütige 16-mm-Film „The Grandmother“ (1970) gewann mehrere Festivalpreise. 1972 begann DAVID LYNCH mit der Arbeit an seinem ersten Langfilm „Eraserhead“, der wegen zahlreicher finanziell bedingter Drehpausen erst 1977 uraufgeführt wurde und bald zum Kultfilm avancierte. In „Eraserhead“ entfaltete sich erstmals David Lynchs Talent für kryptische, surrealistische und düster-verstörende Traumbilder. Nach dem kommerziellen Flop der Science-Fiction-Adaption „Dune – Der Wüstenplanet“ lauerten in „Blue Velvet“ (1985) und in seiner Kult-TV-Serie „Twin Peaks“ (1989-91) dunkle Abgründe hinter scheinbar sauberen Kleinstadtpassagen. In seinen Meisterwerken „Lost Highway“ (1996) und Mullholland Drive“ (2001) verstärkte der Meister des Bizarren noch die Tendenz, Handlungszusammenhänge für den Außenstehenden schwer verständlich zu verschlüsseln – und lieferte damit Filmkritikern und -Studenten, die sich an Deutungen versuchen wollen, ein gefundenes cineastisches „Futter“. Viermal wurde Lynch für den „Oscar“ nominiert, darunter dreimal für die „Beste Regie“. 2019 erhielt er einen Ehren-„Oscar“. Der Tod von David Lynch löste in Hollywood große Trauer aus, Kollegen lobten seine Verdienste. Regisseur Ron Howard bezeichnete ihn als „furchtlosen Künstler“, der seinem Herz und seiner Seele gefolgt sei und mit „radikalem Experimentieren“ unvergessliches Kino geschaffen habe. Und fügte an: „Die Welt wird solch eine originelle und einzigartige Stimme vermissen“.
1.) SPANNEND. Sein – wahrscheinlich – LETZTER Regie-KINOFILM. Titel = „JUROR No. 2“ von CLINT EASTWOOD (Produktion + R; USA 2023; B: Jonathan Abrams; K: Yves Bélanger; M: Mark Mancina; 114 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.01.2025). Nein, CLINT EASTWOOD, inzwischen 94 Jahre, hat seine Regie-Karriere offiziell noch nicht beendet. Im Gegenteil – bei „JUROR No. 2“, seinem 41. Regie-Spielfilm, steckt einmal mehr gedankliche Dynamit in einem packenden Gerichtsdrama, das mit dem legendären Klassiker-Stoff „Die 12 Geschworenen“ in Motiven verbunden ist (s. Kino-KRITIK /1997/ 5 PÖNIs). Denn dieses jetzige Werk ist nicht auf reine pure Spannung geformt, sondern überzeugt, also beeindruckt, über seine Themen, die damit verhandelt werden. Als da wären: Was ist Recht, also Gerechtigkeit, wie wird dies und das gesellschaftlich als Justiz-Material benutzt/verhandelt; und um „was für Menschen“ handelt es sich überhaupt, wenn wir vor (dem Kino-)Gericht es mit Geschworenen, Richter „und neugierigem Publikum“ zu tun bekommen.
Material: Nach diskreten Kritiken über seinem vorherigen Western „Cry Macho“ (s. Kino-KRITIK /2021 /3 PÖNIs) wollte der kreative Oldie ein letztes Projekt übernehmen, um sich erhobenen Hauptes aus der Filmbranche zu verabschieden. Die Suche nach einer passenden Geschichte führte Clint Eastwood zu dem von Jonathan Abrams verfassten Drehbuch „JUROR No. 2“, das über 15 Jahre lang in Hollywood unverfilmt geblieben ist. Nachdem das Skript überarbeitet wurde, wobei man neue Nebenfiguren hinzufügte und das Alter einiger Charaktere anpasste, begann Ende 2022 die Vorproduktion.
Justin Kemp (NICHOLAS HOULT) lebt In Georgia und arbeitet als Zeitschriftenjournalist. Seine Frau erwartet ein Kind, es handelt sich jedoch um eine Risikoschwangerschaft. Es ist daher nicht unbedingt der ideale Zeitpunkt, als Justin als Geschworener für einen umfangreichen Mordprozess ausgewählt wird. Der Angeklagte James Michael Sythe (GABRIEL BASSO) steht unter dem Verdacht, seine Freundin Kendall Carter eines Abends nach einem heftigen Streit in einer Bar getötet zu haben. Staatsanwältin Faith Killebrew (TONI COLLETTE) ist jedenfalls von der Schuld des Angeklagten fest überzeugt. Als die Fakten des aufsehenerregenden Falles bekannt werden, wird Justin immer unsicherer. Möglicherweise hatte er mit dem Mord-Fall mehr zu tun als angenommen. Er sucht Rat bei seinem Berater Larry Lasker (KIEFER SUTHERLAND) von den Anonymen Alkoholikern. Doch findet er bei DEM keine brauchbare („verwertbare“) Unterstützung. Justin Kemp steckt immer mehr in einem moralischen Dilemma. Was könnte eine Lösung bedeuten, wie könnte diese „genehm“ sein, ohne dass DIE ihn belastet? Die Diskussionen bei den Geschworenen werden hitziger.
Und dann … diese eigenwillige Szene, bei der abschließend ein sagenhafter Auftritt den Kopf zermartert …? ! ?
CLINT EASTWOOD danke. Für einen wieder „erhobenen“ neuen Film (= 4 PÖNIs).
2.) Es ist gleich soweit – und die zweite Präsidentschaft von Donald Trump beginnt. Wieder ein wichtiger Punkt auf seiner Agenda: Zuwanderung verhindern, die Grenzen zu Mexiko dicht machen. Eine Politik, die in den USA durchaus ankommt, wie der Wahlausgang zeigt. Deshalb ist die Handlung des Films „DESIERTO“ leider wohl auch realistischer, als sie uns Europäern erscheinen mag. In dem 2016 erschienenen Thriller trifft eine Gruppe illegaler mexikanischer Einwanderer in der Sonora-Wüste zufällig auf einen selbst ernannten Grenzwächter und Jäger. Der Truck der Immigranten ist liegen geblieben, und so müssen sie die flirrende Wüste zu Fuß überqueren. Für den Jäger (gespielt von JEFFREY DEAN MORGAN) und seinen Hund sind sie leichte Beute. Aus sicherer Distanz erschießt er einen nach dem anderen. Die Einwanderer sind für ihn nur eine Plage wie die Kaninchen oder Kojoten, die er sonst abknallt. Ein paar Nachzügler entkommen ihm zunächst. Unter ihnen befindet sich auch Moises (GAEL GARCIA BERNAL), der einfach nur zu seinem Sohn reisen möchte. Doch Zeugen kann der Jäger nicht gebrauchen. Eine gnadenlose Hetzjagd beginnt.
Regie in diesem spannenden Thriller führte Jonás Cuarón, der gemeinsam mit seinem Vater, dem „Oscar“-Regisseur Alfonso Cuarón („Gravity“), das Drehbuch schrieb. Die männliche Hauptrolle ist mit dem mexikanischen Star-Schauspieler Gael García Bernal („Amores Perros“; „Babel“) hochkarätig besetzt. Seinen rassistischen Jäger spielt Jeffrey Dean Morgan („The Walking Dead“).
„DESIERTO – TÖDLICHE HETZJAGD“ hatte deutschen HEIMKINO-Start am 13. Oktober 2016 und ist auch jetzt wieder zur Veröffentlichung passend freigegeben (s. HEIMKINO-Kritik /4 1/2 PÖNIs). Unbedingt empfehlenswert.
3.) LEBENSLAUF. Titel = „LA COCINA – Der Geschmack des Lebens“ von Alonso Ruizpalacios (B + R; nach dem Bühnenstück „The Kitchen“ von Arnold Wesker(1932-2016) = 1959 uraufgeführt im Royal Court Theatre in London; Mexiko/USA 2023; K: Juan Pablo Ramirez; M: Tomás Barreiro; 139 Minuten; deutscher Kino-Start: 16.01.2025). In der Restaurantküche am Times Square in New York City. Wo sich die Spannungen der amerikanischen Gesellschaft abspielen: Klassenkampf, Migration und Kapitalismus. Bei Emotionen-pur. Mit Wünschen an die private Verwirklichung des „American Dream“. Im sehr spezifischen Mikrokosmos einer Küche findet sich eine universelle Geschichte der Arbeitswelt, mit der man sich identifizieren vermag. „Die vertikale Struktur der Küche ist ein perfekter Schauplatz, um zu erforschen, was sich hinter einer geteilten Gesellschaft verbirgt, die im selben Lebensraum feststeckt. In diesem Licht betrachtet, wird ein New Yorker Restaurant mit seiner deutlichen Trennung zwischen Front und Back of House, zwischen Management und Belegschaft, Amerikanern und Ausländern zu einer perfekten Metapher für die moderne Welt“, begründet der Autoren-Regisseur seine – politische – Themenauswahl-hier (= 3 PÖNIs).
4.) TV-TIPPS = Der aktuelle ARD-„TATORT“ stammt am Sonntag (19.1.) aus Stuttgart, heißt „VERBLENDUNG“ und ist mit LANNERT & BOOTZ (RICHY MÜLLER & FELIX KLARE) spitzenmäßig besetzt. Nach der 20.15 Uhr-Ausstrahlung folgt meine Kritik. Auf den bekannten Kanälen.
Das ZDF wirft an demselben Sonntag-Abend ab 22.15 Uhr einen neuen Fall mit „INSPECTOR BARNABY“ in den Unterhaltungsring. Titel: „TÖDLICHES KLIMA“.
Für mich ist „MICHAEL CLAYTON“ von 2007 einer der besten Spannungsfilme mit GEORGE CLOONEY. Zu überprüfen gilt dies am SAMSTAG, 18.1. ab 23.40 Uhr bei 3sat: 5 PÖNIs (s. Kino-KRITIK). UND: Mit einem starken starken Polit-Drama vermag am DONNERSTAG, 23.1. ab 20.15 Uhr der rbb auftrumpfen, wenn es heißt „VERLEUGNUNG“ (s. Kino-KRITIK).
5.) MUSIK = ER ist unvergessen. Immer wieder zu hören. Sowohl beim Fernsehen wie auch im Rundfunk. Ein Super-Star. Wenn es für mich drum geht, einen besonderen UDO JÜRGENS-Song zu loben, dann DIESEN hier: „SCHÖNE GRÜSSE AUS DER HÖLLE“. Er wird nie gespielt, ständig versteckt. Warum? Weil er so wunderbar TEXT-unanständig ist. Höchste Eisenbahn, IHN mal wieder an die Hit-Rampe zu positionieren. Mitsingen und Mitbewegen ist jetzt Pflicht:
Wünsche Schöne Grüße aus Berlin
PÖNI Pönack