1.) Die ARD feiert L O R I O T S 100. Geburtstag – mit einem crossmedialen Thementag und einer großen Aktionswoche im Ersten, in den Dritten Programmen, in der ARD-Mediathek und der ARD-Audiothek sowie auf allen Hörfunkwellen. Erstmals wird in der ARD-Mediathek eine umfangreiche Schau mit Loriots bekanntesten Werken veröffentlicht. Sie startet Anfang November. Am Montag, 6. November, widmet I H M Das Erste einen Thementag. Im Zentrum steht ab 20.15 Uhr der neu-produzierte Dokumentarfilm „LORIOT100“ von André Schäfer. Im Anschluss zeigt Das Erste den Kinofilm „Pappa ante Portas“ (s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs). Außerdem gibt es in dieser Woche viermal „Loriot vor acht“ mit Wissenswertem über den großen Meister des Humors, jeweils vor der Hauptausgabe der „Tagesschau“. Am Sonntag, 12. November, DEM 100. GEBURTSTAG von LORIOT, sind im Nachmittagsprogramm des Ersten Loriots beste Sketche und im Anschluss der Spielfilm „Ödipussi zu sehen (s. Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs). Die ARD-Audiothek hält außerdem einen Geburtstags-Podcast bereit. Die ARD würdigt mit diesem umfangreichen Angebot das gesamte Werk Loriots – die liebgewonnenen Klassiker aus Fernsehen und Kino sowie selten gezeigte Produktionen.
Während WIR VOM BLOG uns einklinken mit dem RIAS 2-Loriot-Interview vom 21.2.1991, anlässlich des Kinostarts von „Pappa ante Portas“. In voller Gesprächslänge.
2.) SAUFEN. ARBEITEN. SPASS. In welcher Reihenfolge auch immer. HAUPTSACHE… Titel = „ONE FOR THE ROAD“ von Markus Goller (R + Co-Schnitt; D 2022; B: Oliver Ziegenbalg; K: Philip Peschlow; M: Volker Bertelmann; 115 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2023). Beginnen wir mal andersrum. Mit einem offiziellen Lob. Für diesen deutschen Film. DER von der deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem höchsten Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet wurde. Die Jury lobt ihn für seinen „… erzählerischen Drahtseilakt: Ein schwieriges Thema wie Alkoholsucht leichthändig und mit allen Mitteln des Unterhaltungskinos erzählen“. Dabei gelinge dem Film – auch dank dem Drehbuch und dem „großartigen, allesgebenden Spiel von Frederick Lau“ als Alkoholsüchtiger auf dem Weg zur Selbsterkenntnis – „die perfekte Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Unterhaltung“.
Bin ich mit Volldampf einverstanden. Prädikatisiert. Zumal – wer hierzulande einen Kinofilm mit FREDERICK LAU und „Grundschullehrerin Helena“ alias NORA TSCHIRNER zu besetzten versteht, hat schon – meistens – gewonnen. Lau vermag mit seinem Anarcho-Charme und mit diesem listigen Grinsen für pointierte Einbindung selbst beim Trinken zu sorgen; während die wunderbar schnoddrige Nora Tschirner taffen Dampf einspielt. DIE BEIDEN sind pfiffig-zuständig für eine sprachliche wie bewegungsintensive „Anti-Korrektness-Atmo“, auf dass die Filmchose in Fahrt kommt, mit viel Sprach- und Denk-Schwung: „Warum ist der Mann so böse?“ „Ich lebe jetzt gesund, und ich mag es nicht besonders. Und weil ich es nicht besonders mag, bin ich nicht gut drauf, und weil ich nicht gut drauf bin, habe ich schlechte Laune. Und wenn ich schlechte Laune habe, bin ich ein Arsch“. „Warum lebst du gesund, wenn dir nichts mehr Spaß macht?“.
In einer Welt, wo es eher einen Grund bedarf, nicht(s) zu trinken, ist Mark (Frederick Lau) der ungekrönte König. Scheinbar spielend-leicht jongliert er sein Leben zwischen einem fordernden Job als Bauleiter einer Berliner Großbaustelle, ausgelassenen Geschäftsessen und ausufernden Streifzügen durch das Berliner Nachtleben. Als er eines Nachts im Rausch sein Auto bloß mal umparken will, harmlos, passiert es: Polizeikontrolle, Schein weg, MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) am Hals. Mark wettet mit seinem besten Freund Nadim (beachtlich: BURAK YIGIT), dass er es schafft, so lange keinen Alkohol zu trinken, bis er seinen Führerschein wiederbekommt. Als Mark im MPU-Kurs Helena (NORA TSCHIRNER) kennenlernt, findet er in ihr seine „Partnerin in crime“. Ist er sich anfangs noch „bombensicher“, dass das alles ein Spaziergang wird, stellt sich die Wette langsam immer mehr als ein langer, steiniger, oftmals (natürlich) durchaus lustiger, aber manchmal auch wirklich steiniger Weg heraus. Motto: Wie gibt man vertraute Gewohnheiten auf und gesteht sich knisternd ein, dass man ein echtes Problem hat? Der Weg zurück zum eigenen Selbst entpuppt sich alles andere als leicht…, ist dabei aber viel witzig -cool.
Nach dem Kino-Hit „25 km/h“ vom Winter 2018 (s. Kino-KRITIK /3 1/2 PÖNIs) – mit 1,2 Millionen Besucher – trifft auch dieser neue Streich des Duos Markus Goller (Regie) und Oliver Ziegenbalg (Drehbuch) pikobello ins Empathie-Volle. Eben noch deftig-heftig, jetzt bitter. Und umgekehrt. Angenehm: Laut wie leise = „One For The Road“ pfeffert pausen-los (= 4 PÖNIs).
3.) VOLLER HERZ. Titel = „DIE UNWAHRSCHEINLICHE PILGERREISE DES HAROLD FRY“ von Hettie Macdonald (GB 2022; B: Rachel Joyce, basiert auf ihrem gleichnamigen Roman von 2012 ; K: Kate McCullough; M: Ilan Eshkeri; 108 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2023). Es gibt Schauspieler, bei denen bucht man blind jeden Kino-Film. Wie zum Beispiel beim Briten JAMES „Jim“ BROADBENT, Jahrgang 1949. Um ihn kurz einzugemeinden: 2001 erhielt er für seine Rolle in dem Drama „Iris“ einen „Oscar“ in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“. Er spielte den Ehemann von Iris Murdoch, verkörpert von Judi Dench. 2008 spielte er in „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ die Rolle des Dean Charles Stanforth. 2009 und 2011 war er in den Harry Potter-Filmen „Harry Potter und der Halbblutprinz“ und „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2“ in der Rolle des Professor Horace Slughorn zu sehen. Von der Grosseteste Universität in Lincoln erhielt Jim Broadbent 2016 einen Ehrendoktor als Anerkennung seiner schauspielerischen Leistungen. Im Sommer 2017 war ER in der Rolle des Erzmaesters in der siebten Staffel der US-TV-Serie Game of Thrones zu sehen.
Harold Fry (JIM BROADBENT) war nie dazu bestimmt, ein Held zu sein. Unscheinbar und weit über 60 hat er sich damit abgefunden, still und leise im Hintergrund des Lebens zu verblassen. Bis er eines Tages erfährt, dass seine alte Freundin Queenie im Sterben liegt. Harold schreibt ihr einen Brief, verlässt sein Haus, geht zum Postamt und hört nicht auf zu gehen. Aus heiterem Himmel beschließt er, einfach weiterzulaufen, bis zu dem 627 Meilen (1010 km) entfernte Hospiz. „Die unwahrscheinliche Pilgerreise“ entwickelt sich zu einer Coming-of-Age-Geschichte der ganz anderen Art: voller Wärme, Zuversicht, sanftem Humor, Entdeckungen und einer ordentlichen Portion Beharrlichkeit. Mit befreienden menschlichen Abenteuern. Die Deutsche Film- und Medienbewertung zeichnete den Film mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ aus. Vortreffliches Motto: Egal wie alt du bist, du kannst dich in jedem Moment deines Lebens verändern. Wenn du dies willst. Beschließt (= 4 PÖNIs).
4.) Wahrscheinlichkeitsgeschwurbel. Titel = „DIE THEORIE VON ALLEM“ von Timm Kröger(Co-B + R; D/Ö/Schweiz 2022; Co-B: Roderick Warich; K: Roland Stuprich; M: Diego Ramos; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2023). Dieses Wort fällt irgendwann im Film. Wahrscheinlichkeitsgeschwurbel. Und dann wird auch von von einer quantenmechanischen „Vielweltentheorie“ gesprochen. Kluge Leute. In einem Mystery-Drama. Treten an, um 1962 in den Schweizer Alpen einem „bahnbrechenden physikalischen Vortrag“ eines iranischen Wissenschaftlers zu lauschen. Über: Quantenmechanik. Doch der Teilnehmer mit der erwarteten „Theorie von Allem“ verspätet sich offenbar. Oder kommt vielleicht gar nicht? Ein Johannes Leinert JAN BÜLOW/ziemlich furz-trocken) wird von Doktorvater Dr. Julius Strathen (HANNS ZISCHLER) im Hotel Esplanade geleitet; meistens oberlehrerhaft, meistens ziemlich mies-tönend gelaunt. Zu hören sind unhöfliche Worte mit- und gegeneinander. Währenddessen zieht eine geheimnisvolle Pianistin namens Karin Hönig (OLIVIA ROSS) den verklemmten Johannes in ihren Bann. Weiß aber „Dinge“ von ihm, die sie eigentlich gar nicht wissen dürfte. Johannes ist, wie meistens, irritiert. In der Abwartungszwischenzeit sehen wir, wie Figuren herum-streunern. In dieser Berg- und Hotel-Welt. In der sich „Geheimnisse“ bewegen. Als einer der deutschen Physiker, der schrecklich Gesichts-kaputt aussehende Professor Blumberg (GOTTFRIED BREITFUß), auf monströse Weise ums Leben kommt, treten zwei Ermittler an und auf, die einen Mord vermuten, darunter Kommissar Arnold (DAVID BENNENT). DER mit vielen Sprüchen ausgestattet ist. Währenddessen bizarre Wolkenformationen geheimnisvoll den Himmel bevölkern. Und sich im bergischen Innern…, aber ….. verlassen wir diese dröge, spannende Schwarzweiße-Szenerie und widmen uns diesem Noir-Film in Eigenfantasie zu.
Was tippe ich auf meinem Zettel?: Erich Kästner (1954); Edgar Wallace, „Professor“ Klaus Kinski; kucken alle staunend, flüstern auch; der „Blödian“ Johannes (= steht so auf meinem Zettel) ist ein idiotischer Typ; mehr behämmert denn denkend; sieht aus wie ein Assistenz von „Inspector Barnaby“; keiner will mit IHM spielen, aber SIE, die Geheimnisvolle (= Karin), küsst ihn; eine schwarze Telefonschnur wird von der Kamera „prickelnd“ eingefangen. Johannes hat sich am Fuß verletzt, kann aber dann doch ganz gut in der Landschaft laufen: Ach so ja – es geht einem auf den Keks, dass so viele rauchen. Eklig. Aber es soll sich hier ja um eine cineastische Altbetrachtung handeln. Mit dann Horror im Keller. Wo Tote lebendig herumspuken. Also: Einer zumindest.
Muss ich noch loswerden: „Ein Film, der das Zeug hat, zum modernen Klassiker zu werden. Stil, Suspense und eine Erzählung, die ihren eigenen Abgrund abschreitet: bei Timm Kröger ist alles da, was große Filmkunst in bester Hitchcock-Tradition ausmacht ….. ein genialer Film Noir über die Kontingenz unserer Welt, in der Vieles möglich und kaum etwas notwendig ist“, verspricht mir der Presseheft-Text. Was der Film nur begrenzt erfüllt. Aber immerhin, seit dem ich ihn mit eigener Fantasieschnur betrachte, hat er richtige Thriller-Sprüche-Atmo eingesammelt. Also versammelt.
Ergebnis: Ja, doch; irgendwie, wahrscheinlich (= 3 1/2 PÖNIs).
5.) SCHLECHTE LAUNE. Titel = „AS THEY MADE US – Ein Leben lang“ von Mayim BialIk (B + R; USA 2021; K: David Feeney-Mosier; M: Kevin Besignano; 96 Minuten; deutscher HEIMKINO-EuroVideo-Start: 26.10.2023). Filme wie dieser-hier mag ich überhaupt nicht. Dabei sind die Voraussetzungen exquisit – mit der Star-Besetzung in den Rampe-Rollen: CANDICE BERGEN und DUSTIN HOFFMAN. In einer amerikanischen Familie zofft es. Nur Krach bis zum Abwinken. Und dann von vorne. „Oma“ Candice Bergen keift als alte Nervensäge permanent und geht einem dabei aber auch so etwas von störrisch-keifend auf den Nervenkeks, während ihr weißer Alter Gatte (D. Hoffman) als krankes Wrack für düstere Atmosphäre sorgt. Daneben, drumherum, tauchen ab und an Family-Mitglieder auf, um ebenso herum zu tröten. Dabei will die alleinerziehende, geschiedene Tochter Abigail (DIANNA AGRON), Mutter von zwei Kindern, nur eines verbal erreichen – die zerrüttete Family endlich wieder „in Frieden“ zusammen zu bekommen. Ob ihr das gelingt? Ist mir, ehrlich gesagt, ziemlich egal. Mensch Dustin (= 1 PÖNI).
6.) KARUSELL. Heißt der Schwedische Film im Original. Titel hierzulande: „HALLOWEEN PARK“ von Simon Sandquist (Schweden 2021; B: Marten Gisby; Filip Hammarström; Henry Stenberg; K: Andres Rignell; M: Christian Sandquist; 94 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2023). Die Clique hat sich im Freizeitpark versammelt. Man kennt sich aus Kindheitstagen, hat einen exklusiven Park-Aufenthalt zu Halloween gewonnen, darf eine ganze Nacht vollkommen allein hier – abgelegen – herumtollen. Doch bald schon merken die Jugendlichen, dass sie offensichtlich nicht alleine sich auf diesem Riesengelände aufhalten. Und dass da jemand ist, der die Absicht hat, knallhart zu meucheln. Aus einem Spaß-Traum wird ein lebendiger Alptraum. Mit mörderischen Folgen. Hinter Masken. Alte Sünden leben auf, und plötzlich gilt es, sich den die Dämonen der Vergangenheit stellen zu müssen. Um am Leben zu bleiben. In d e r Nacht. Kesser Horrorstoff, der mit den Regeln der schrecklichen Spannung zünftig skandinavisch-brutal hantiert (= 3 PÖNIs).
7.) DOCH LANGWEILIG. SEHR sogar. Titel = „DIE UNLANGWEILIGSTE SCHULE DER WELT“ von Ekrem Ergün (D 2022; B: Sabrina J. Kirschner; nach ihrer gleichnamigen Kinderbuchreihe/seit Juli 2017; K: Eric Ferranti; M: Peter Peter; 87Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2023). Funktioniert als Leinwandstoff überhaupt nicht. Verbal: Erzählt, handelt, spricht nur Kauderwelsch. Vermag kaum für Spannung, Lachreiz oder interessante Personen-Deutung zu sorgen. Die Erwachsenen sind blöd, die Kinder nett-überdreht, der Rest „wacklig“ und die 777 Regeln, um die es hier geht, …ihr habt sie doch nicht alle … was für ein Kokolores … auf der Leinwand (= 1 1/2 PÖNIs).
8.) TV-TIPP: Im WDR-TV läuft am nächsten DONNERSTAG, 2.11. ab 23.30 Uhr etwas filmisch-exquisites – was da heißt: „LAMB“. Als Co-Produktion Island/Schweden/Polen 2020 entstanden und mit viel Kritik-Lob versehen. Empfehlenswert (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs).
9.) MUSIK = Ich mag Western. Besonders DIE, als diese noch so unflätig aus Spanien / Italien auftauchten. In den Sechzigern. Der Vor-Leone-Ära. Wie „DREI GEGEN SACRAMENTO“ von Ricardo Blasco. Dessen HEIMKINO-Start bei uns am 27. Juli 2023 war (s. Heimkino-KRITIK/ s. vom 6.8.23/ 2 1/2 PÖNIs). Und DER zugleich mit einem robusten Song-Original röhrte: „A GRINGO like ME“ , von einem Interpreten namens DICKY JONES. Bin mal gespannt, was ihr zu d e m sagt; DER ist nämlich mein Lieblingslied für diese Woche:
Auf eine gelungene Spätsommer-Woche.
PÖNI Pönack grüßt