PÖNIs BLOG (257): Abschied von D E R Synchronstimme; „CATCH THE KILLER“ (= 5 PÖNIs); Heimkino: „REPTILE“; „DAS TIER IM DSCHUNGEL“; „THE LOST KING“; „Tatort“-Abschied; WESTERNHAGEN

1.)     IHN kannten wir alle. Obwohl die Wenigsten IHN persönlich erlebt haben: THOMAS DANNEBERG. Geboren am 2. Juni 1942 in Berlin. Gestorben am 30. September 2023 ebenda. Im US-amerikanischen Melodram „David und Lisa“ übernahm er 1964 seine erste Synchronrolle (auf Hauptdarsteller Keir Dullea). In den nachfolgenden Jahren und Jahrzehnten entwickelte er sich im deutschsprachigen Raum zu einem der bekanntesten, meistbeschäftigten = erfolgreichsten Sprecher. War u. a. der Standardsprecher von Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, John Travolta, Terence Hill, Dan Aykroyd, John Cleese, Nick Nolte, Adriano Celentano und den Brüdern Randy und Dennis Quaid. Seit „Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft“ (1971) wurde Thomas Danneberg häufig auf „Monty“ John Cleese besetzt. Man könnte Seiten füllen mit der Nennung seiner vielen, hochgeschätzten, exzellenten Sprechrollen. „Habt Respekt vor dem Menschen Thomas Danneberg, vor der Legende Thomas Danneberg und vor dieser einzigartigen Stimme Thomas Danneberg“, fordert sein  Kollege, der Synchronsprecher Charles Rettinghaus. Viele können ihn vielleicht versuchen zu imitieren, aber „keiner hat diese Seele, die Danneberg hatte. Deshalb habt den nötigen Respekt“. Ab 2019 war Thomas Danneberg aus gesundheitlichen Gründen bis zu seinem Tod 2023 nicht mehr als Synchronsprecher tätig. Wir verabschieden uns von einem fantastischen Sprach-Giganten.

2.)     SPITZEN-THRILLER. Mit resolutem, aktuellem US-Politik-Geschmack. KINO-ÜBERRAGEND 2023. Titel = „CATCH THE KILLER“ von DAMIÁN SZIFRON (Co-B + R + Schnitt; USA 2022; Co-B: Jonathan Wakeham; K: Javier Juliá; M: Carter Burwell; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.10.2023). Der argentinische Filmemacher DAMIÁN SZIFRON, Jahrgang 1975, gehört zu den großen Entdeckungen des iberoamerikanischen Kinos. Schuf viele TV-Serien und „einheimische“ Kinovolltreffer. 2015 tauchte er auf und überraschte mit seinem hervorragenden argentinischen Episoden-Reißer „WILD TALES – JEDER DREHT MAL DURCH“ (s. Kino-KRITIK /5 PÖNIs), an dem sich die Brüder Pedro und Augustin Almodóvar als Produzenten beteiligten, der im Wettbewerb bei den Cannes-Festspielen stehende Ovationen  erreichte, auf mehr als einem Dutzend weiterer Festivals Begeisterungsstürme auslöste, in Argentinien zum Kassenschlager avancierte und eine „Oscar“-Nominierung als „Bester ausländischer Film“ erhielt.

Sein aktuelles Spannungsdrama  „CATCH THE KILLER“, Originaltitel: „Misanthrope aka To Catch A Killer“, ist sein englischsprachiges Debüt und Hochspannungskino – pur. Eröffnet einen Blick in die tiefsten Abgründe der von der Waffenlobby geprägten US-Gesellschaft sowie auf Kompetenzgerangel und auf interne Rivalitäten in einem vom Ausmaß der Gewalt überforderten Polizeiapparat. Baltimore. In der Silvesternacht: Ein farbenprächtiges Feuerwerk illuminiert die Skyline, während Partygäste ausgelassen au der Dachterrasse eines Wolkenkratzers den Jahreswechsel feiern. Die Stimmung schlägt in blanke Panik um, als plötzlich ein Kugelhagel die Menge durchsiebt und ein wahres Blutbad anrichtet. 29 Menschen sterben. FBI-Agent Geoffrey Lammark (BEN MENDELSOHN) ist ratlos. Entsetzt. Vom Schützen, der sich im gegenüberliegenden Hochhaus aufgehalten haben muss, fehlt jede Spur. Auch die junge labile  Polizistin Eleanor Falco (SHAILENE WOODLEY) ringt am Einsatzort nach Luft. Der Tatort erinnert sie an ihre eigene dunkle Vergangenheit, weckt aber auch ihre Intuition, die das FBI dringend für die Ermittlungen in diesem Amok-Fall dringend benötigt. Schließlich könnte der unbekannte Killer jederzeit erneut zuschlagen…

Präzise: Der reale Großstadt-Western geht an den Start. Kriegt Gewicht. Kommt ins Schleudern. Verunsichert Massen. Irritiert „Normale“.

Der Mensch. Seine Waffen. Sein Hass. Die Politik. Die Kultur. Wir sind alle verschieden, verhalten uns aber zu oft zu gleich. Ballern herum. Wir werden gerade immer mehr. Menschen. Völker. Werden dabei immer bekloppter. Irrer. Gefährlicher. Bedrohlicher. Wir aber sind doch die Guten! Heißt es. Eigentlich. Die Atmosphäre schmutzt enorm.

Wahnsinn. Was für ein Thriller. Was für ein begnadeter Zivilisationsmagnet. Wenn es darum geht, in diesem Jahr die Noten für die Besten der Besten Kinofilme zu verteilen, gehört „Catch The Killer“ unbedingt mit an die Spitze  (= 5 PÖNIs).

3.)     DURCHSCHNITT. Titel = „REPTILE“ von Grant Singer (Co-B + R; USA 2021; Co-B: Benjamin Brewer; Benicio del Toro/+ Co-Produktion + Hauptdarsteller; K: Mike Gioulakis; M: Yair Elazar Glotman; 134 Minuten; deutscher HEIMKINO-Netflix-Start: 05.10.2023). ER ist ein Star. Und „Oscar“-Preisträger („Nebenrolle“ /2001/“Traffic“ von Steven Soderbergh): BENICIO DEL TORO; Jahrgang 1967. Als hartgesottener „Bulle“-hier, sprich Detective Tom Nichols, mimt er einen ziemlich gespaltenen Ermittler, der sogleich einen brutalen Mordfall (in New England) aufzuklären hat und dabei selbst mehrmals in chaotische private- wie Schnüffler-Bredouille gerät. Bedauerlicherweise zieht sich der Thriller – mit insgesamt 134 Minuten – arg lang dahin, bevor es endlich „ans Eingemachte“, also in Richtung Aufklärung, wütet. Da mag auch JUSTIN TIMBERLAKE als Verdächtiger Will Grady bemüht, aber weitgehend uninteressant mit-wuseln, das Regiedebüt des Musikvideo-Regisseurs Grant Singer beinhaltet viel zu wenig Krimi“fleisch“, bis die Dramaturgie endlich in Fahrt kommt. Der Soundtrack mattet sich einen ab, diese Filmveranstaltung präsentiert viel Papier-bewegungs-Kram, um dann endlich in (Aufklärungs-)Schwung zu geraten. Da man sich aber nicht in einem Kinosaal, sondern im eigenen Wohnzimmer befindet, sind (Getränke-)Pausen einfach möglich (= 3 PÖNIs).

4.)     EXZENTRISCH. Titel = „DAS TIER IM DSCHUNGEL“ von Patric Chiha (Co-B + R; Fr/Belgien/Ö 2022; Co-B: Jihane Chouaib; Axelle Ropert; basierend auf der Kurzgeschichte „The Beast in the Jungle“ von Henry James/1903; K: Céline Bozon; M: Dino Spiluttini; Émilie Hanak; Yelli Yelli; 103 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.10.2023). Frei nach einer Kurzgeschichte von Henry James, die 1903 veröffentlicht wurde, erzählt das Filmdrama die Geschichte von May (ANAIS DEMOUSTIER) und John (TOM MERCIER), die gemeinsam über 20 Jahre lang in einem Nachtclub in Paris einem geheimnisvollen, unbekannten Ereignis entgegenfiebern. Von 1979 bis 2004: von Disco zu Techno. Erzählt wird die Geschichte einer Liebe, die Geschichte einer Besessenheit. Patric Chiha verwebt die Zartheit des ebenso tiefgehenden wie fragilen Bandes zweier Menschen mit der schieren Überwältigung von Clubsound und Clublicht. Um dabei faszinierende, lustvolle, betörende Tanzszenen des gegenwärtigen Filmgeschehens zu inszenieren. Vom queeren Discoglitter und mit verschlungenen Körper der 1970er Jahre. Über New Wave und Klaus Nomi bis hin zur Vereinzelung der drogeninduzierten Techno-Trance der 1990er Jahre beschreibt der Regisseur den Club als gemeinschaftlichen Ort der Freiheit, in den jedoch das politische Weltgeschehen – Mitterands Amtszeit, die Aidskrise, den Mauerfall und die Terroranschläge des 11. September – regelmäßig auf einem kleinen Fernsehbildschirm einbricht. „Eine pulsierende Ode an die Clubkultur und ein Plädoyer für die befreiende Macht des Sichverlierens im Rausch des Tanzes, des Lebens, der Liebe“, lautet eine Pressenotiz (= 4 PÖNIs).

5.)     KÖNIGSSUCHE. Titel = „THE LOST KING“ von Stephen Frears (B: Steve Coogan/Co-Produktion/als John Langley; GB 2021; Co-B: Jeff Pope; K: Zac Nicholson: M: Alexandre Desplat; 108 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.10.2023). Vor über 600 Jahren, am 22. August 1485, starb der englische KÖNIG RICHARD III. in der Schlacht von Bosworth. Seine Leiche war verschollen  – bis sie im Jahr 2012 unter einem Parkplatz in Leicester wieder gefunden wurde. Dies ist vor allem einer Frau zu verdanken: Philippa Langley. Sie war weder Historikerin noch Archäologin, und doch ließ sie sich in der männerdominierten akademischen Welt nicht von ihrem Weg abbringen: Durch akribische Recherche und weibliche Intuition gelang ihr die Entdeckung. Sie hat nicht nur die Gebeine von Richard III. gefunden, sondern sich auch dafür eingesetzt, das schreckenhafte Bild, das Shakespeare in seinem berühmten Stück zeichnet, als völlig falsch zu entlarven. Nur durch ihr Engagement hat die königliche Familie Richard III. rechtmäßig als König anerkannt, und Philippa Langley wurde für ihre Verdienste von der Queen 2012 geehrt. Soweit die Fakten.

Beim Film müssen wir trennen: Thema = Die Bilder, in denen sich die zweifach „Oscar“-nominierte SALLY HAWKINS („Spencer“; „Shape of Water“) lange aufregend-hechelnd bewegt, und die Dramaturgie mit den letzten 20 Minuten, in denen pikanter kriminalistischer Eifer dominiert. Bis dorthin erfahren wir von der Existenz einer spannenden Britin, von ihrem Dasein und von dem Fieber, mit dem sie sich in einer selbst-gestellten Aufgabe unbeirrbar bewegt. Dabei bleibt das Interesse, jedenfalls bei mir, interessant wie begrenzt. Um erst zuletzt prächtig kriminalistisch aufzuleuchten, wenn „Ergebnisse“ vorliegen und die bürgerliche Aristokratie sich bemüht, ihre arrogante Ignoranz und peinlichen Dummheiten zu vertuschen.

Ein mittelprächtiger Spielfilm. Der schließlich folgende Ergebnisse verlauten lässt: 2015 wurde Philippa von der britischen  Königin mit dem Ritterorden MBE für ihre Verdienste um die Exhumierung und Identifizierung von Richard III. geehrt.                   2018 wurde, nach einer langjährigen Kampagne von Philippa, die königliche Webseite dahingehend geändert, dass Richard seither als rechtmäßiger König von England in den Jahren 1483-1485 geführt wird und damit nicht mehr als Usurpator gilt.   (= 3 PÖNIs).

6.)     TV = HEIKE MAKATSCH als SWR-„Tatort“-Kommissarin Ellen Berlinger war ein Missverständnis. Von Anfang an. Zuletzt war’s sogar Krimi-schlimm, als die Folge „In seinen Augen“ am 26. Juni 2022 als 4. Makatsch-Krimi lief. Näheres = s. TV-KRITIK /1 PÖNI. An diesem Sonntag, 8. Oktober, ist danach Schluss. Mit Ihr. Nach ihrem 5. Krimi, der unter dem Titel „Aus dem Dunkel“ bei der ARD ab 20.15 Uhr annonciert ist. Die Neugier ist eher begrenzt. Aber vielleicht …???

7.)     MUSIK = Warum dieser Titel? Es war Sonntag, 13. Dezember 1981. In der ARD lief der SCHIMANSKI-„Tatort“  „Grenzgänger“.  Und in dem sang MARIUS MÜLLER-WESTERNHGEN d e n Song: „HIER IN DER KNEIPE FÜHL ICH MICH FREI“. Unvergessen. Unvergesslich. Einfach ein Lieder-Hammer. Ein Klassiker. Mensch Marius. Habe ich gerade entdeckt. Als Liedgut der Woche. Und auch als Erinnerung an den unübertroffenen Götz „SCHIMMI“ George. Leute, was waren das für geile (Kneipen-)Zeiten.

HERZliche Grüße an die Kneipen-Gemeinde:

PÖNI Pönack

e-mail:  kontakt@poenack.de

 

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