1.) Es war DONNERSTAG, der 26. Mai 1988. Ich ging in das Westberliner Kudammkino „Lupe“. Um den wunderbaren Film „OZEANISCHE GEFÜHLE“ von John Irvin (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs) zu erleben. Mit IHR: GLENDA JACKSON. Schließlich zählte die Britin, die zweifache „OSCAR“-Preisträgerin – Beste Hauptdarstellerin in „Liebende Frauen“/1970 und Beste Hauptdarstellerin in „Mann, bist du Klasse!“/1974 -, zu meinen absoluten Lieblingsschauspielerinnen. Die als Tochter eines Maurers am 9. Mai 1936 in Birkenhead bei Liverpool geborene Glenda May Jackson verließ die Schule mit 16 Jahren, schloss sich einer Amateurschauspielgruppe an und hielt sich mit allerlei kleinen Jobs über Wasser. Im Alter von 18 Jahren wurde sie an der renommierten Royal Academy of Dramatic Art in London angenommen. Der Durchbruch auf der Bühne gelang ihr 1964 in Peter Brooks‘ Londoner- und New Yorker-Inszenierung von Peter Weiss‘ „Marat/Sade“. Brooks besetzte Jackson auch in seiner dynamischen Filmversion des Stücks, und danach ging es für sie steil bergauf. Ihren Durchbruch zum Weltruhm verdankte Glenda Jackson auch einem jener Hollywood-Skandale, die eigentlich gar keine sind. Der exzentrische Regisseur Ken Russell überredete die herbe Schönheit mit den mandelförmigen Augen 1969 zu leicht freizügigen Lesben-Szenen bei „Liebende Frauen“. Prüde Amerikaner protestierten, doch die US-Filmakademie gab ihr für die Rolle der Gudrun den „Oscar“. Eigenwillig, intelligent und talentiert etablierte Glenda Jackson sich als Darstellerin starker, unabhängiger Frauen. 1978 wurde sie von Königin Elisabeth II. zum Commander of the Order of the British Empire (CBE) ernannt. Anfang der 1990er-Jahre nahm Glenda Jackson mehr und mehr Abschied von dem Beruf, mit dem sie zum Weltstar geworden war. Das wirkliche Leben und der Wunsch, es für einfache Menschen besser zu gestalten, interessierte sie mehr. Nach einer langen Bühnen- und Kinokarriere wurde sie 1990 als Abgeordnete der Labour Party ins britische Unterhaus gewählt. Damals nahm sie, 1992, mit einem kleinen Erdrutschsieg den Konservativen den vornehmen Londoner Wahlkreis Hampstead/Highgate ab. Drei Mal konnte Glenda Jackson ihr Mandat verteidigen: 1997; 2001 und 2005. Bis 2015 war sie für die Labour Party Mitglied des britischen Unterhauses. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Unterhaus nahm Glenda Jackson ihre Schauspielkarriere wieder auf. 2019 stand sie nach 27 Jahren Pause in dem britischen Fernsehfilm „Elizabeth Is Missing“ von Aisling Walsh erstmals wieder vor der Kamera, mit der Hauptrolle einer dementen Frau, die nach ihrer verschwundene Freundin sucht. Kurz vor ihrem Tod arbeitete sie an dem noch nicht veröffentlichten Film „The Great Escaper“ mit, in dem sie die Ehefrau eines von Michael Caine verkörperten Weltkriegsveterans spielt. Glenda Jackson starb am 15. Juni 2023 im Alter von 87 Jahren in ihrem Haus im Londoner Stadtteil Blackheath nach kurzer Krankheit. Eine bedeutsame, großartige Künstlerin und ein wunderbarer kritischer Mensch ist von uns gegangen.
2.) WÜSTEN-GEFUMMEL. Mit beiläufigen Worten und besonders/speziell bunten Bildern. Titel = „ASTEROID CITY“ von WES ANDERSON (Co-B + Produktion + R; USA 2021; Co-B: Roman Coppola; K: Robert D. Yeoman; M: Alexandre Desplat; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 15.06.2023). Der elfte Spielfilm des außergewöhnlichen Autoren-Regisseurs ist sein bislang belanglosester. Obwohl sagenhaft-irre-prominent besetzt. Als ein paar „besonders“ Mitwirkende zeigen sich plappernd… wie, also u.a.: Scarlett Johansson; Tom Hanks; Tilda Swinton; Bryan Cranston; Edward Norton; Adrien Brody; Steve Carell; Matt Dillon; Willem Dafoe; Margot Robbie.
WESley Wales ANDERSON. Geboren am 1. Mai 1969 in Houston/Texas. Studierte Philosophie an der University of Texas at Austin. Seine Filmwerke sind populär geworden durch ihre listige Exzentrik und die originellen visuellen Atmosphären. Plus diesen immer wieder ungewöhnlichen Erzählstilen. Binden wir also zusammen – mit folgenden Anderson-Werken (mit jeweils Kritik) als Jahrgangsexoten: „DARJEELING LIMITED“ /2007 (s. Kino-KRITIK /3 PÖNIs); „DER FANTASTISCHE MR. FOX /2009 (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs); „MOONRISE KINGDOM“ /2012 (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs); „GRAND BUDAPEST HOTEL“ /2014 (s. Kino-KRITIK /4 PÖNIs); ISLE OF DOGS – ATARIS REISE“ /2018 (s. Kino-KRITIK /3 PÖNIs); „THE FRENCH DISPATCH“ /2019 (s. Kino-KRITIK /5 PÖNIs).
Asteroid City: Ein kunterbunt gemustertes Wüsten-Kaff, irgendwo im Nirgendwo. Ganz Rosa-& Co.- auffällig strahlend. Mitte der 1950er-Jahre. Wo die Anwesenden ziemlich wirsch, also meistens unbedeutende Sätze aufsagen. Weniger zum Verstehen und noch weniger zum Amüsieren, sondern mehr rhythmisch – als Nötigung klingend. Dieser US-amerikanische Zipfel heißt so, weil hier vor 3.000 Jahren ein Meteroit einschlug, dessen „Nachfahre“ ein riesiger Krater ist. Lese als Pressebenachrichtigung, dass an diesem verschlafenen Ort 87 Leute wohnen. Die von der Regierung hierher quasi in Quarantäne eingemeindet wurden. Von wegen – ein Alien taucht auf. Also deswegen diese Abgeschiedenheit? Von wegen: Nichts genaues weiß man nicht. Alles läppert so vor sich hin. Hätte auch den Titel „Die große kleine Langeweile“ verdient. Oder umgekehrt. Da man (= ich) mit Nichts kaum etwas anfangen kann, anzufangen versteht, hole ich mir Wissenszumutungen aus genannten Pressetextlauten. Wo Mitteilungen lauten: Während sich sein Schwiegervater (Tom Hanks) um die Enkel kümmert, Amerikas Wissen über den Weltraum ins Wanken gerät und im Hintergrund Atombomben getestet werden, freundet sich Mitch mit einer Schauspielerin an (SCARLETT JOHANSSON). Wenn da nur nicht dieses Gefühl wäre, dass das Alien kein Überbringer guter Nachrichten ist … Der kultige Wes Anderson hat sich diesmal in Sachen kultureller Unterhaltung ziemlich „daneben benommen“ (= 2 1/2 PÖNIs).
3.) ACH NÖ. Titel = „BED REST“ von Lori Evans Taylor (B + R; USA/Kanada 2021; K: Jean Philippe Bernier; M: Chris Forsgren; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 15.06.2023). Habe in den letzten Wochen / Monaten einige (An-)Spannungsfilme als Streamer gesehen, die gut und gern auch ins Programmkino gepasst hätten (s. neulich: „FALL“). Und dann gibt es auch des Öfteren Geisterfilme wie diesen, den man aus dem Lichtspielhaus verbannen möchte.
Ein Ehepaar. Noch Jung. Und dynamisch. Wollen einen Neuanfang. Wagen. Beruflich wie privat. Haben ein neues Haus am Bauen. „Außerhalb“. Abseits. Sie, Julie (MELISSA BARRERA), ist schwanger. Als Sie stürzt, wird strenge Bettruhe verordnet. Dabei „stößt“ sie auf allerlei Gruseleien. Niemand glaubt ihr. Ihre mentale Stabilität wird angezweifelt. Also muss sich Julie selbst auf die Lösungssuche begeben. Mit im Haus – die Hebamme. Und ab und an auch der genervte Gatte.
Der Film giert nach baldiger Lösung. Mit viel reißerischen Donnerspannungsklängen. Und dem üblichen Beiwerk – es klimpert hier und dort; die Türen schlagen auf und zu, sperren Julie ein; Spukgestalten winken, das sattsam bekannte laute Horrorszenario. Interessant, kurz – die häusliche Katze. Ansonsten: „Wir schaffen das“, behauptet Julie zum Start. Ja, ja (= 2 PÖNIs).
4.) DEUTSCH mit vielen TRÄNEN. Titel = „DIE GESCHICHTE EINER FAMILIE“ von Karsten Dahlem (B + R; D 2021; K: Martin Farkas; M: Hajo Wiesemann; 87 Minuten; deutscher Kino-Start: 15.06.2023). Viel Lob wird für diesen Debütfilm des Autorenregisseurs drumherum verteilt. Lief im Vorjahr bei den Hofer Filmtagen und wurde dort mit dem ‚Hofer Goldpreis‘ bedacht. Nicht so bei mir. Ich moniere – hier geht es mal wieder ellen-bitter zu, um deutsche Trauer, um eine entsetzliche kinematografische Traurigkeit. Deutschsein in einer geplagten Umgebung. In Nußdorf. Der Umgangston ist schwer. Läuft eigentlich als „Die Geschichte einer traurigen deutschen Familie“ ab. Während die Emotionen auf träniger, wütender, defekter Zeitschleife ticken. Dazu tröppeln Depressionen mit Alkohol-Verbund. Chrissi, die Stuntfrau (ANNA MARIA MÜHE), hat jahrelang temporeich bewiesen, dass sie Autos beherrscht. Dann ein Unfall, der Bruder stirbt und sie landet im Rollstuhl. Muss zurück zu ihrem gebeutelten Vater (MICHAEL WITTENBORN) aufs Dorf. Der Knatsch ist enorm. Sie flennt mehr als dass sie spricht. Und wenn sie Worte verliert, kommen DIE schreiend. Heraus. Zusammen mit den vielen Tränen.
„Drama um eine verunglückte Stuntfahrerin, die querschnittsgelähmt an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt und mit Schuld und Verdrängung ringt“ („Filmdienst“).
Der Autorenregisseur erzählt vom Umgang mit dem Unfall-Tod eines Kindes, von dem Verlust und Nicht-Sprechen-Können zwischen kaputten, entfremdeten Menschen. KINO stellt sich hier voller Düsternis vor. Zwischen Klaviertönen, Orgel-Lauten und verzweifelter Suche nach Kommunikation. Wenn DIE zusammen Essen, steht auf meinem Zettel, ist selbst DAS von Elend geprägt. Warum soll ich mir DAS antun? Gut, zwei exzellente Hauptakteure verschaffen Wirkung, aber sie befinden sich offensichtlich im falschen Film (= 2 PÖNIs).
5.) TV = An diesem SONNTAG (18.6.) ist Feierabend. Noch einmal ARD-TATORT“, dann ist lange Sommer-Krimipause am Sonntag-Abend. Stuttgart sendet: „DIE NACHT DER KOMMISSARE“. Besetzt mit den populären Ermittlern LANNERT & BOOTZ (alias RICHY MÜLLER & FELIX KLARE). Danach beginnt die rund zehnwöchige Pause für die „Tatort-Krimi-Erstausstrahlungen. Wünsche dennoch einen flotten Spannungssommer!
6.) MUSIK: Höre heute Morgen d e n Song und beginne bei dieser Musik beim Duschen zu hippen. Oder zu hoppen? Jedenfalls wurde DER, also DIESER SONG, zum Lieblingsrhythmus der Woche erklärt. Erhoben. Wie bewegt Ihr Euch … dabei?
Auf gute Tage. Und Nächte auch.
HERZlich: PÖNI Pönack
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