0.) Seit über 30 Jahren kürt das Kinderkinobüro jeden Monat einen Kinderfilm des Monats und schickt diesen für überschaubares Geld auf Tournee durch 20 Berliner Kinos. Das Kinderkinobüro ist ein Projekt des JugendKulturService und wird gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg. In den letzten Wochen vor den Sommerferien wird der in Co-Produktion Deutschland/Slowakei 2020 produzierte 92minütige Streifen „SOMMER-REBELLEN“ von Martina Saková präsentiert. In dem mit „Operation cooler Opa!“ untertitelten Film ist ein spezielles Erlebnis von Sommerferien zu spüren. Doch der 11jährige Jonas, der seine Wochen beim geliebten Opa Bernard „unterhaltsam“ zu verbringen gedenkt, ist zunächst enttäuscht – von der erhofften Zeit voller Spaß und Action ist nichts zu merken. Ganz im Gegenteil. Also heckt er, gemeinsam mit der selbstbewussten Alex aus der Nachbarschaft, einen überkandidelten Plan aus, um Opa wieder „in Schwung“ zu bekommen. Das unter anderem mit dem „Preis der deutschen Filmkritik“ als „Bester Kinderfilm 2022“ ausgezeichnete Urlaubsfeeling-Abenteuer versprüht Bilder, die zwischen Naturschönheit und Generationsträumen beeindruckend-doppelbödig wie angenehm-atmosphärisch pendeln (= 4 PÖNIs).
1.) KRIMI-KUNST. Besonders. Titel = „THE OUTFIT – Verbrechen nach Maß“. Von GRAHAM MOORE (Co-B + R; USA 2021; Co-B: Jonathan McClain; K: Dick Pope; M: Alexandre Desplat; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 2.6.2022). Graham Moore, geboren am 18. Oktober 1981 in Chicago, Illinois, ist Drehbuchautor und Schriftsteller. Sein Debütroman „The Sherlockian“ erschien 2010 und war auf der New-York-Times-Bestseller-Liste. 2011 schrieb er das Drehbuch zum 2014 veröffentlichten, mit Benedict Cumberbatch hauptrollenbesetzten Film „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ für das er 2015 den „Oscar“ für das „Beste adaptierte Drehbuch“ bekam (s. auch Kino-KRITIK /4 1/2 PÖNIs). Sein Regie-Debüt „The Outfit“ feierte im Februar dieses Jahres bei der Berlinale seine Premiere. Im Blickpunkt: Ein raffinierter, eleganter Thriller, in dem ein exzellenter Maßschneider, der Wert darauf legt, dass er ein „Cutter“ ist und nicht etwa ein einfacher „Schneider“; es mit einer Gruppe von Gangstern zu tun bekommt und sich „enorm“ anstrengen muss, um eine schicksalhafte Nacht zu überleben.
Chicago im Jahr 1956. Nach einer privaten Tragödie zieht der sanftmütige Londoner Maßschneider Leonard Burling (MARK RYLANCE) in die „Windy City“ und erregt mit seiner außergewöhnlichen handwerklichen Begabung schnell die Aufmerksamkeit der wohlhabenden Gangsterfamilie Boyle. Bei seinem Dienst beweist Mister Leonard nicht nur sein besonderes Talent für Nadel und Schere, sondern auch höchste Diskretion bezüglich der Geschäftsgespräche in seinem Laden sowie – was es mit diesen geheimnisvollen Päckchen auf sich hat, die im Hinterzimmer in einem „toten Briefkasten“ zur Abholung hinterlegt werden. Und auch ein geheimnisvolles Tonband mit „merkwürdigen Informationen“ sollte Leonard eigentlich nichts angehen. Eigentlich. Als jedoch eines Nachts zwei Killer (DYLAN O’BRIEN / JOHNNY FLYNN) an seine Tür klopfen und ihn um einen Gefallen bitten, bedeutet dies, dass jetzt Leonard und seine Assistentin Mable (ZOEY DEUTCH) tiefer in kriminelle Machenschaften verwickelt werden, als sie es sich je hätten vorstellen können.
Eine (An-)Spannungsarie, die Sir David Mark Rylance Waters, geboren am 18. Januar 1960 in Ashford, Kent/England, faszinierend – nur angesiedelt in diesem prächtig dämmernden „Schneiderzimmer“ – anführt. Der renommierte Bühnenschauspieler, der bislang achtmal als „bester Schauspieler“ für den „Olivier Award“ nominiert wurde und ihn zweimal gewann, erregte 2015 mit seinem Part als Spion Rudolf Abel im Steven Spielberg-Film „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ Aufsehen; wurde dafür 2016 mit dem „Oscar“ als „Bester Nebendarsteller“ ausgezeichnet (s. Kino-KRITIK / 4 PÖNIs). 2017 wurde Mark Rylance als „Knight Bachelor“ in den Adelsstand erhoben. Hier leitet er diskret wie tiefsinnig das fesselnde Geschehen. Das sich mitunter vernebelt, um dann plötzlich in überraschende, verblüffende Quergedanken einzutauchen. Die viel mehr ahnen lassen als es viele Worte auszudrücken verstehen. Was für ein bemerkenswerter Thriller, mit fein-raffiniertem Kammerspiel-Charme und erheblichen, gelungenen Überraschungen (= 4 PÖNIs).
2.) DÜRFTIG. Titel = „ERWARTUNG – DER MARCO-EFFEKT“. Von Martin Zandvliet (Dänemark/Tschechien 2021; B: Anders Frithiof; Thomas Porsager; nach dem gleichn. Roman von Jussi Adler-Olsen; K: Aske Alexander Foss; M: Sune Martin; Titelsong: Martin Hedegaard / Saveus; 125 Minuten; deutscher Kino-Start:; 2.6.2022). Viermal bereits war die Buchreihe des dänischen Bestseller-Autoren Jussi Adler-Olsen die Grundlage für Kino-Kriminalfilme. Reihenfolge: „ERBARMEN“ von Mikkel Norgaard (2014/s. Kino-KRITIK/4 PÖNIS); „SCHÄNDUNG“ von Mikkel Norgaard (2015/s. Kino-KRITIK/2 1/2 PÖNIs); „ERLÖSUNG“ von Hans Petter Monald (2016/s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs); „VERACHTUNG“ von Christoffer Boe (2019/s. Kino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs). Meistens gute Noten also. Dabei im düsteren Mittelpunkt: Carl Morck vom Sonderdezernat Q und dessen syrisch-stämmiger Kollege Hafez el-Assad. Bisher wurden sie überzeugend von Nikolaj Lie Kaas („Der mit der Hackfresse“) und Fares Fares gespielt; jetzt übernehmen ULRICH THOMSEN und ZAKI YOUSSEF ihre Positionen. Tüfteln sich durch bekannte Themen wie Mord, Korruption, Säuernis. Kommen aber nicht in richtige Krimifahrt. Sind beruflich wie privat konsterniert. Strahlen dabei keine Spannung aus. Von wegen – diese Charaktere sind lausig besetzt. Die Story: zähflüssig. Was für ein langweiliger Film-Lauf. Während vor allem dieses dauernde „enge“ Kamerawackeln nervt. Überhaupt: Was für einen plumpen Fernsehspielcharme beinhaltet diese billige Szenerie. Dürftig: Diese Adler-Olsen-Kinoetappe geht einen merklich auf den Leinwand-Keks (= 1/2 PÖNI; für Am-Ende-Schießbumm-Bewegungen).
3.) Keine Ahnung. Titel = „Der schlimmste Mensch der Welt“. Von Joachim Trier (Co-B + R; Norwegen/Fr/Schweden/Dänemark 2021; Co-B: Eskil Vogt; K: Kasper Tuxen; M: Ola Flottum; 121 Minuten; deutscher Kino-Start: 2.6.2022). Habe abgebrochen. Komme mit diesem Opus nicht klar. Obwohl vielfach ausgezeichnet, darunter mit zwei „Oscar“-Nominierungen; obwohl die Hauptakteurin RENATE REINSVE als wankelmütige Julie in Cannes mit dem Preis als „Beste Schauspielerin“ bedacht wurde; obwohl der Film von Norwegen für die „Oscar“-Verleihung 2022 in der Kategorie „Bester Internationaler Film“ aufgerufen wurde; obwohl der Film in 12 Kapitel eingeteilt ist; obwohl sich der Film in einer Vorauswahl für den „Europäischen Filmpreis 2021“ befand; obwohl das Presseheft erklärt: „In diesem Film geht es mehr darum, wie Beziehungen unsere Erwartungen an das Leben widerspiegeln“; obwohl sich die unentschlossene Julie erst für Medizin studentisch interessiert, dann doch lieber für Psychologie, um sich schließlich als Bibliothekarin zu probieren; bei dieser angepeilten norwegischen Leichtigkeit des Scheitern beziehungsweise – wenn eine Ende 20-Frau ihr Leben (immer noch) sortiert, plärrt, das Leben so vor sich hin plappern lässt. Und Männer auch. Habe weggeschaltet. Weil – fast – alle diesen Film hochheben, schalte ich ihn aus. Bin genervt von zu vielen Dingen-Menschen. Die schreien, erklären, vögeln, rätseln, DENKEN irgendwas irgendwie. Und umgekehrt. Bewegen sich mal hierhin, mal dorthin. Und auch die Musik ist so plärrig. Ach so, Sie wollen wissen, wie ich diesen Film fand …, keine Ahnung.
4.) KILLER-HITZE. Titel = „THE WITNESS“. Von JO KYU-JANG (Südkorea 2017; B: Lee Young-jong; K: Yu Eok; M: MoK Yeong-jin; 111 Minuten; deutscher HEIMKINO-Start/Busch Media Group: 20.5.2022). Menschen sind berechnend. Jedenfalls viele. Sie schotten sich ab und wollen nicht gestört werden. Wenn es darum geht, Stellung zu beziehen. Wir befinden uns in einem Hochhausgebiet. In Südkorea. Lernen Familienvater Sang-hoon (LEE SUNG-min) kennen. Der kehrt nach einem Saufgelage mit Freunden ziemlich betrunken nachts nach Hause. Als er aus dem Fenster der im 6. Stock gelegenen Eigentumswohnung blickt, wird er Zeuge eines bestialischen Mordes: Ein junger Mann, ein skrupelloser Killer, erschlägt eine junge Frau mit einem Hammer. Als seine aufgewachte Frau aus dem Schlafzimmer kommt und das Wohnzimmerlicht anmacht, ist er entsetzt. Denn der Täter hat ihn dadurch ebenfalls gesehen. Als die Polizei die Ermittlungen aufnimmt, stößt sie auf wenig Kooperation. In dem Wohnblock will offensichtlich niemand Ärger riskieren. Auch Sang-hoon sieht sich in einem Dilemma: Um seine Familie vor der Rache des Killers zu beschützen, verschweigt er, was er gesehen hat. Benimmt sich stattdessen wie ein Trottel („Ich habe keine Lust auf Ärger“). Benimmt sich arg unauffällig – auffällig. Ist plötzlich schreckhaft, mitunter hysterisch, total nervös, während seine nichtsahnende Gattin geifert: „Warum muss dieser Dreckskerl ausgerechnet hier jemand umbringen?“
„THE WITNESS“ ist ein spannender Thriller mit gesellschaftspolitischem Beigeschmack. Garniert die robuste Geschichte um einen verunsicherten, feigen Durchschnittsbürger mit einer sozialkritischen Problematik: Weil die Nachbarschaft um den guten Ruf und den Wert der Wohnungen besorgt ist, will man sich nicht äußern. Ist lieber schweigen denn „quatschen“ angesagt. Obwohl sich der Täter immer näher – nähert. Und die Polizei auf Mithilfe von Zeugen dringend angewiesen ist. Schließlich …sorgt die Natur/das Klima für ein nervenaufreibendes Spektakel-Finale. „Die Irren leben mitten unter uns!“, zieht ein Polizist daraufhin trübe Bilanz (= 3 PÖNIs).
5.) TV-TIPPS: Ich mag ihn. Habe so ziemlich jeden Film mit diesem schlaksigen IHM gesehen: BILL NIGHY („Tatsächlich… Liebe“; „Radio Rock Revolution“), der morgen, am Pfingst-SAMSTAG (4.6.), ab 20.15 Uhr das Filmzepter bei ARD One führt. Erst war „DIE VERSCHWÖRUNG – Verrat auf höchster Ebene“ ab 22.02.2013 im hiesigen Heimkino der Hit (s. Heimkino-KRITIK/4 PÖNIs), dann gab es mehrere Wiederholungen und zwei Fortsetzungen; jetzt steht wieder „Page Eight“, so der Originaltitel der britischen Erst-Produktion von 2011, auf dem hiesigen TV-Spielplan. Die Empfehlung gilt!
Für den nächsten FREITAG, 10.6. sorgt ZDF NEO für klassische Filmlaune. Erst wird ab 20.15 Uhr „PHILADELPHIA“ von Jonathan Demme von 1993 präsentiert, mit dem sich TOM HANKS damals seinen ersten „Oscar“ holte; dann läuft ab 22.10 Uhr dort der unverwüstliche Kultfilm „TAXI DRIVER“ von Martin Scorsese aus dem Jahr 1976, mit dem sensationellen ROBERT DE NIRO. Was für ein cineastischer Spitzen-Abend!
6.) MUSIK gibt’s diesmal Film-schräg. Nachdem neulich Trude Herr mit „Ich will keine Schokolade“ einschlug, kann ich hoffentlich diesmal mit dem HAZY OSTERWALD Sextett frohlocken, wenn sie mit dem bunten KRIMINALTANGO-Schlager von 1961 musikalisch zündeln. Sozusagen als schlagerisches Pfingst-Song-Lied:
Ein schönes PFINGST-PROGRAMM wünsche ich. Und eine gute Woche!
HERZlich: PÖNI PÖnack
email: kontakt@poenack.de