THE IMITATION GAME – EIN STRENG GEHEIMES LEBEN

THE IMITATION GAME – EIN STRENG GEHEIMES LEBEN“ von Morten Tyldum (GB/USA 2013/2014; B: Graham Moore; K: Óscar Faura; M: Alexandre Desplat; 114 Minuten; Start D: 22.01.2015); wir müssen sofort über IHN sprechen, denn ER ist mittlerweile einer der bedeutendsten Schauspieler der Gegenwart: Der am 19. Juli 1976 in London geborene BENEDICT CUMBERBATCH. 2007 spielte er in dem britischen Drama „Abbitte“ in einer Nebenrolle den Vergewaltiger Paul Marshall; 2010 kam DIE TV-Serie, mit der er Unsterblichkeitsstatus erreichte: „Sherlock“. Als Titelheld verkörperte er den modernen Ermittler Sherlock Holmes mit einer einzigartigen Physis und einer prächtigen Intelligenz-Hysterie. Wir warten „dringend“ auf die Fortsetzung und vierte Staffel.

Derweil startete Benedict Cumberbatch auch im Kino mit Filmen wie „Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt“ (als Julian Assange), „Dame, König, As, Spion“, 12 Years a Slave“ voll durch und löste als „Drache“ in den letzten beiden „Hobbit“-Movies „artistische Begeisterung“ aus. Seinen vorläufigen ersten absoluten Höhepunkt auf der Leinwand aber hat er jetzt HIER:

In und mit der Rolle und Figur eines Briten, der durch seine Taten die Dauer des Zweiten Weltkriegs maßgeblich beeinflusst, sprich verkürzt hat. Sein Name: ALAN TURING (23. Juni 1912 – 7. Juni 1954). Er war Mathematiker, Krypto-Analytiker und Informatiker. Heute gilt Alan Turing als einer der einflussreichsten Theoretiker der frühen Computerentwicklung und Informatik, der einen großen Teil der theoretischen Grundlagen für die moderne Informations- und Computer-Technologie schuf.

Wir befinden uns im Jahr 1939. Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs. Alan, ein, sagen wir mal, umgänglich etwas „schwieriger“ junger Bursche, der gerade das Mathematik-Studium in Cambridge absolviert hat, kommt über die reichlich angeberisch klingende Bemerkung, er könne den als nicht entschlüsselbar geltenden Enigma-Code der deutschen Wehrmacht knacken, beim Geheimdienst unter. Wo ein Team von extrem klugen Köpfen, unter Führung des Schach-Champions Hugh Alexander (MATTHEW GOODE), an dieser Aufgabe verzweifelt. ENIGMA, aus dem Griechischen „Rätsel“, ist eine deutsche Rotor-Chiffriermaschine zur Verschlüsselung des Nachrichtenverkehrs. Diese Funksprüche zu entziffern, würde einen gigantischen Kriegsvorteil bedeuten. Könnte den Kriegs verkürzen und viele Menschenleben retten.

Der introvertierte und offensichtlich auch leicht autistische Alan Turing erweist sich als nicht teamfähig. Zeigt sich arrogant, gibt sich überheblich, ist mit sozialen Defiziten ausgestattet. Macht sich ausgesprochen unbeliebt. Als ihn die Anderen mobben, wendet er sich mit einem Brief direkt an Winston Churchill und wird auf Anweisung des Premierministers zum Leiter des Teams bestimmt. Mittels eines raffinierten Kreuzworträtselwettbewerbs rekrutiert er neue Mitarbeiter, darunter die junge Mathematik-Studentin Joan Clarke (KEIRA KNIGHTLEY), die sich als Seelenverwandte erweist, obwohl es sich „eigentlich“ für eine Frau damals, in den 1940er Jahren, nicht ziemte, in einem Kreis von Männern mitzuarbeiten: Beide sind Außenseiter, die sich gegen viele Widerstände zu behaupten haben. Bei der gemeinsamen, geheimen und fieberhaften Suche nach einer Lösung für Enigmas Aufschlüsselung. Wobei die Zeit drängt und der Chef immer mehr poltert. Nicht mehr gewillt ist, „dafür“ weiterhin dermaßen viel Geld auszugeben.

Das spannende Porträt dieses Alan Turing läuft vermischt auf drei Zeitebenen ab: Schulzeit, die Enigma-Phase, die Verhaftung nach dem Krieg. Im März 1952 wird Alan Turing verhaftet. Grund: Seine Homosexualität. Damals noch eine Straftat. Turing wurde vor die Wahl gestellt, eine Haftstrafe anzutreten oder sich bereitzuerklären, einer chemischen Kastration zu unterziehen. Alan Turing erkrankte in Folge der Hormonbehandlung an einer Depression und nahm sich schließlich am 7. Juni 1954 das Leben. Am 10. September 2009 entschuldigte sich der britische Premierministers Gordon Brown offiziell im Namen der Regierung für diese „entsetzliche Behandlung“ an Alan Turing und würdigte dessen „außerordentliche Verdienste“.

Ein hervorragender Historien-Thriller. Um ein hochspannendes Genie. Das, wie so viele Kopf-Charaktere, bewusst wie unbewusst locker-lakonisch gegen Regeln, Normen und „Anstand“ antritt. Um das „Klassenziel“ zu erreichen. Dafür sind ihm alle Tricks und Möglichkeiten recht. Ein Kluger will und kann sich nicht unterordnen, eingemeinden, und erreicht dennoch das Unmögliche. Was für ein Stoff. Die weitgehend unbekannte Geschichte verbreitete sich im Dezember 2011 wie ein Lauffeuer in Hollywood. Grund: Die Freigabe der bis dahin unter Verschluss gehaltenen historischen Unterlagen über Alan Turing. Beziehungsweise ein Drehbuch von Autor Graham Moore, basierend auf der Grundlage der Biographie „Alan Turing – Enigma“ von Andrew Hodges, das ganz oben auf der legendären „Black List“ stand; jener Liste, auf der Hollywoods Macher ihre favorisierten, aber filmisch noch nicht umgesetzten Drehbücher einordnen.

GRAHAM MOORE war es, der davor mit „The Sherlockian“ die Bestsellerliste der „New York Times“ erreichte. Der Mystery-Roman über das Leben von Sir Arthur Conan Doyle, dem Sherlock Holmes-Erfinder, erschien in 16 Ländern und wurde in 13 Sprachen übersetzt. Der Besetzungsschritt zu BENEDICT CUMBERBATCH war ein folgerichtiger Produktions-Coup.

Cumberbatch, Absolvent der Londoner “Academy of Music and Dramatic Art“, gibt hier einem „weiteren Ich-Sherlock” die vollen Sporen. Ist als pure Kopf-Gestalt – wie bei seinem TV-„Sherlock“ – wieder herrlich sarkastisch, brillant unterkühlt, begeisternd hitzig. Dabei auf wiederum ausgesprochen verschrobene Weise köstlich charmant wie großartig emotional präsent. Die erste „Oscar“-Nominierung ist der verdiente Lohn für eine phantastische Performance dieses Ausnahme-Schauspielers, der nun auch auf der großen Kino-Leinwand sein gigantisches darstellerisches Talent ausführlich und absolut exzellent vorzustellen vermag.

Der norwegische Regisseur MORTEN TYLDUM, Jahrgang 1967, schuf 2011 mit „Headhunters“ (s. Kino-KRITIK) den kommerziell erfolgreichsten Film in der Geschichte des norwegischen Films. Sein englischsprachiges Debüt entstand mit einem Budget von nur 15 Millionen Dollar, wurde für 8 „Oscars“ nominiert und ist für den derzeit mit seiner Familie in Beverly Hills lebenden Filmemacher die fulminante Eintrittskarte für Hollywood. Mit „The Imitation Game“ präsentiert sich sein Unterhaltungskino außergewöhnlich beeindruckend wie attraktiv (= 4 1/2 PÖNIs).

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