0.) Am DIENSTAG, 3. Mai 2022 kehrt AUDREY TAUTOU für einen Tag als bezaubernde Tagträumerin in ihrem 2001-er Sommerspielfilm „DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE“ auf die große hiesige Leinwand zurück. („Der SPIEGEL“ damals: „Ein gigantischer Glückskeks – süß und süchtig machend!“). Im Rahmen der bundesweiten monatlichen Kino-Event-Reihe BEST OF CINEMA, die Klassiker an jedem 1. Dienstag im Monat ins Kino holt, bekommt das Publikum nun die Möglichkeit, erneut oder auch erstmalig in Jean-Pierre Jeunets fabelhafte Welt einzutauchen – und dabei auch den phantastischen, unvergesslichen Soundtrack von Yann Tiersen zu genießen. Empfehle diesen LIEBLINGSFILM, der damals in Deutschland über 3,2 Millionen Kinozuschauer fand, SEHR; die zweistündige Leinwand-Glückstherapie wird erneut aktiviert: siehe Kino-KRITIK (= 5 PÖNIs)!
1.) SCHLAU. NACHHALLEND. Unterhaltsam. Titel = „RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH“. Von ANDREAS DRESEN (D/Fr 2020; B: Laila Stieler; K: Andreas Höfer; M: Johannes Repka; 118 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.4.2022). Sein 27. Kinospielfilm unterstreicht einmal mehr – ANDREAS DRESEN, geboren am 16. August 1963 in Gera, ist schlau. Vermag engagierte politische Themen mit kluger „Showbühne“ zu verbinden. Zuletzt, 2018, gefiel mir sein engagiertes, aufwühlendes Porträt über den DDR-Outlaw „GUNDERMAN“ – als Liedermacher, Rockmusiker und Baggerführer sowie als Freigeist und Stasispitzel (s. Kino-KRITIK/4 1/2 PÖNIs). ALEXANDER SCHEER interpretierte diesen empfindsamen Schlaks, der sich selbst als „Tankstelle für Verlierer“ bezeichnete, mit viel Wut, Zwiespalt und eigenwilliger DNA. Hier ist er wieder vertreten: Als hanseatisch-besonnener Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke, der in Bremen mit einem Fall von politischem wie gesellschaftlichen Weltgeschehen konfrontiert wird: „Ich vertrete jemanden, dem ich noch nie begegnet bin“. Oberbegriff: Ein Mensch wird ohne Anklage, Verhandlung und Urteil „einfach so“ weggesperrt. Muss dabei übelst anklägerische „Behandlung“ ertragen. Während Zuhause die Mutter und „der Anwalt“ den juristischen Kampf starten. Aufnehmen.
Inhalt: Murat ist weg. Inhaftiert im US-Gefangenenlager Guantánamo. Rabiye Kurnaz (was für eine sagenhaft-originelle Mutter-Strippenzieherin und emotionale Gefühlssammlerin: MELTEM KAPTAN), Bremer Hausfrau und Familienlenkerin, begreift die Welt nicht mehr. Geht zur Polizei, informiert – auch türkische – Behörden, benimmt sich unorthodox-„anti“. Erinnert in ihrer temperamentvollen „Frechheit“, ihrer urigen Power und ihrem Auftreten an die hanseatische Version einer sich nicht unterkriegen lassen wollenden „Erin Brockovich“ mit Sinnsprüchen wie „Geh es an wie ein Türke, aber beende es wie ein Deutscher“. Was ihr bei Mercedes arbeitende Gatte etwas „nüchterner“ betrachtet: „Wenn mein Sohn nichts Schlimmes getan hat, passiert ihm auch nichts“. Von wegen. Als Rabiye den Anwalt entdeckt, beginnt sie zu kapieren, was es „bei den Deutschen“ bedeutet, wenn es heißt: „Papier ist geduldig“. Eigentlich würde sie das akzeptieren, wenn darunter ihr Sohn in der Gefängnisferne nicht leiden würde. Und dann auch noch das: Rabiye Kurnaz befindet sich mehr und mehr inmitten der Weltgeschichte. Zieht mit dem paragraphen-sicheren Bernhard Docke bis vor den Supreme Court nach Washington, um gegen George W. Bush zu klagen. Bernhard gibt dabei auf sie acht. Denn Rabiye bringt ihn zum Lachen. Mit Herz und Seele. Als Naturgewalt, mit unbändiger Kraft.
Mit überwältigender Präsenz und erdigem Alltagswitz gibt MELTEM KAPTAN als Rabiye Kurnaz ihr sensationelles deutsches Kinodebüt. Lassen wir die zahlreichen Preise, die sie dafür inzwischen verdientermaßen bekommen hat, u.a. den „Silbernen Berlinale-Bären“ im Frühjahr, im Verbeugungsschema und attestieren der TV-Comedienne („Ladies Night“): Was für eine Bühne, was für ein originelles Lichtspielhaus-Debüt; SIE mit dem Zwiespalt – einerseits die engagierte, humorige wie lebensfrohe türkisch-deutsche „Entertainerin“ „zu sein“, andererseits als verzweifelte, fightende Mutter, die um ihren Sohn bangt („Ich geh‘ bis ans Ende der Welt“), besorgt-wütend auf- und anzutreten. Es werden glaubhaft empfindbar: Was für entsetzliche wie furiose gesellschaftspolitische Gedanken, was für sorgen-intensive Handlungen, was für eine nachvollziehbare, schmerzhafte Verzweiflung. Was für trotzdem kein schwermütiger Stoff und Film, sondern eine Linksbühne mit – wunderbarem – sehr viel doppelbödigem Dampf (= 4 1/2 PÖNIs).
2.) FORTFÜHRUNG GELINGT. Titel = „DOWNTON ABBEY II – EINE NEUE ÄRA“. Von SIMON CURTIS (GB/USA 2021; B + Co-Produktion: Julian Fellowes, der Schöpfer und Autor der gleichnamigen Fernsehserie; K: Andrew Dunn; M: John Lunn; 126 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.4.2022). Fortsetzung des im September 2019 erfolgreich angelaufenen „Downton Abbey“-Films (s. Kino-KRITIK/4 PÖNIs). Ein weltweites Phänomen kehrt auf die Leinwände der Lichtspielhäuser zurück. Teil 2, angesiedelt 1928, führt die Geschichte der britischen Adelsfamilie und seiner Dienerschaft historienträchtig und -prächtig fort und vereint die Originalbesetzung. Inmitten eines erneuten Bilderrauschs mit imposanten Figuren. Und deren sättigenden Bewegungen. Zu einem neuen Schmankerl von putzigen Episoden und fein-närrischen Äußerlichkeiten, die nach dem königlichen Besuch von King George und Queen Mary auf Lord Granthams Anwesen für neuen Aufruhr sorgen. Schließlich sind für bald, an dieser „besonders feinen“ Landschafts- und Gebäuden-Stelle, Kinofilmaufnahmen angekündigt. Um frisches Geld hereinzuholen. Das Dach hält nicht mehr zusammen, bedarf der – teuren – Reparaturen. Zudem steht für Teile des hohen Völkchens, plus Dienerschaft, eine große Reise an die Cote d’Azur an. Dort gilt es, das Geheimnis der geerbten Villa der Dowager Countess zu entwirren. Kein Wunder, dass bei einigen erlauchten Personen sowie beim parteiischen Personal die Herztöne anschwillen. Nicht nur über die, mehr oder weniger, dezenten Enthüllungen und Intrigen die verlauten, sondern auch über die zahlreichen Spekulationen, die sich verbreiten. Nach der Besichtigung des ersten „Abbey“-Kinofilms schlägt man nun ein weiteres Kapitel in der ereignisreichen Familienchronik auf. Wobei „die Erlebnisse“, Oben wie Unten, außerordentliche Reaktionen hervorrufen. Mitunter schlagfertige. Und dabei um so deutlichere. Aus der Starliste präsentieren sich zum Beispiel-exzellent HUGH BONNEVILLE (Robert Crawley); ELIZABETH McGOVERN (Cora Crawley); LAURA CARMICHAEL (Edith Pelham); die rüde- biestige IMELDA STAUNTON (Maud Bagshaw); JIM CARTER (als Ex-Butler Carson; immer ganz fein „fest“-ausstaffiert) UND, natürlich, DER STAR überhaupt, die jeden Filmauftritt adelt: MAGGIE SMITH (als Lady Violet Crawley), deren Ladylike-Charisma einzigartig ist und die so etwas von wunderbar atmosphärisch das Pointen-Zepter anführt: „Ich streite mich generell nicht, ich erkläre“ stammt unvergessen und unübertroffen aus dem ersten „Downtown Abbey“-Movie aus der stimmungs-galanten MAGGIE SMITH-Kehle. Auch heuer gilt weiterhin: GUTE UNTERHALTUNG möglich! (= 4 PÖNIs).
3.) TV-Trauer-KINO. Titel = „WOLKE UNTERM DACH“. Von Alain Gsponer (D 2021; B: Dirk Ahner; K: Daniel Gottschalk; M: Niki Reiser; 112 Minuten; deutscher Kino-Start: 28.4.2022). Eine Familie. Bestehend aus Mutter/Vater/7-jähriger Tochter. Alles im Lot. Doch nach dem plötzlichen Tod der Mutter (HANNAH HERZSPRUNG) bricht die Gefühlsfassade. Der Vater, Paul (FREDERICK LAU), der Krankenpfleger, gerät außer Spuren, bemüht sich krampfhaft, ersatzhaft, Vater UND Mutter zu sein. Was nicht gelingt. Er erweist sich überfordert. Während die verstörte Tochter Lilly (ROMY SCHROEDER) sich oft auf den Dachboden des Hauses begibt, um mit der Mutter zu kontaktieren. Der Titel erscheint blumig-wolkig. Was Papa in moralische, erzieherische Bedrängnis versetzt. Und ihn immer mehr auf die Tochter „achten“ lässt. Worüber „Die“ sauer ist. Wird. Zudem gibt es finanzielle Probleme, das Haus ist verschuldet, eine Pfändung scheint nicht mehr ausgeschlossen. Und bei seinem Job in der Klinik tauchen plötzlich auch Probleme für den Vater auf. Deutscher Gefühlsbetoner-Film, von wegen Tod, Trauer, Tränen, Kitsch, Finanzen, der sich nie wirklich richtig zusammenfindet, geringes, nur wenig wirkliches Mitgefühl erreicht (= 1 1/2 PÖNIs).
4.) Französisches STERBEN. 135 Minuten. Titel = „VORTEX“. Wirbel. Von GASPAR NOÉ (B + R; Fr 2021; K: Benoit Debie; 135 Minuten. „Das Leben ist eine kurze Party, die bald vergessen sein wird“ (Pressehefttext). Ich mag den Film nicht. Möchte aber nicht so respektlos sein, über ihn zu schreiben. Ich ignoriere ihn. Und bitte um Verständnis. Manchmal, manchmal, ist es vorteilhafter, man setzt bei Filmen über das langsame Sterben von alten Menschen in Paris einfach aus. Pardon. Passiert schon mal.
5.) BIRTHDAY: Am 7. Mai 1942 kam GERHARD POLT in München zu Welt. Evangelisch getauft wuchs er im erzkatholischen Marienwallfahrtsort Altötting in Niederbayern auf. „Ich bin eine Zeit lang in Altötting aufgewachsen, was sehr günstig ist, wenn man Komiker werden will“, sagt der Gerhard Polt. Der ja nun immerhin 80 Jahre alt-jung wird. Wo und wann immer die Gelegenheit bestand, ihn auf der Bühne (meistens) oder im Kino (halt weniger) oder in einer TV-Serie (gerade wieder jeden Dienstag, 22 Uhr, im bayerischen TV: „Fast wia im richtigen Leben“) zu erleben, nahm ich davon Nutzen. Am nächsten Donnerstag, 5. Mai, ab 0.20 Uhr in der ARD heißt ein 45-minütiger Film genau: „DER MENSCH IST EIN VIECH, WAS LACHT“. Untertitel: Gerhard Polt und seine Welt des Humors. Polt erzählt von seinen Vorbildern und zeigt Filmausschnitte seiner Helden. Bittschön.
6.) Oben, beim Textbeginn, ist AUDREY TAUTOU die Königin: Amélie. Deren ewiger Leinwandauftritt heißt – „DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE“. Für einen (Werk-)Tag hat sich das aktuelle Kino dieses Meisterwerk besorgt. Der Soundrack stammt bekanntlich von YANN TIERSEN, und die Titel-Klaviermusik bleibt ewig. Ganz klar, sie zählt zu meinen LIEBLINGSTÖNEN DIESER WOCHE. Was für ein Erinnerungsgenuss:
Wünsche eine fabelhafte Woche.
HERZlich: PÖNI PÖnack
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