PÖNIs BLOG (151): ARD-MEDIATHEK; FELIX KRULL; „EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH“; „RÄUBERHÄNDE“; HEIMKINO; TV-TIPP; MUSIK ZUM BAHN-STREIK

(Fotoquelle: NDR)

0.)   Am letzten Montag-Abend (30.8.) lief in der ARD (ab 23.05 Uhr) eine extrem-bedeutsame wie zugleich höchst (Kino-like-)unterhaltsame 45 Minuten-Dokumentation. Titel: WAHLKAMPF undercover: WIE PR-PROFIS UNS MANIPULIERENThema: Wie sich der Investigativ-Journalist Peter Kreysler unter falscher Flagge und unter Pseudonym bei international agierenden PR-Agenturen umtat, um tiefe Einblicke in und mit deren Arbeit zu bekommen. Von wegen – skrupellose Geschäftsmethoden, mit denen diese professionellen Meinungsmacher bewusst übel hantieren. Empfehle dieses dokumentarische ARD-Glanzstück für einen unbedingten MEDIATHEKBesuch (= 5 PÖNIs).

1.)   Mmmmh. Titel = „BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS FELIX KRULL“Verfilmung des gleichnamigen Romans von THOMAS MANN. Von Detlev Buck (Co-B + R); D 2020; Co-B: Daniel Kehlmann; 114 oder 103 Minuten, da widersprechen sich die Angaben.

Paul Thomas Mann, geboren am 6. Juni 1875 in Lübeck; deutscher Schriftsteller und einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts; wurde 1929 mit dem Nobelpreis für Literatur  ausgezeichnet; gestorben am 12. August 1955 in Zürich/Schweiz.

Paris um 1900.

„So etwas Herrliches war selten im Schultheater zu sehen“ (ZEIT Online).

„Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ ist ein unvollendet gebliebener Roman von Thomas Mann. Das Werk entstand in den Jahren 1910 bis 1913 und in der Zeit vom 26. Dezember 1950 bis zum 16. April 1954. Thomas Mann hat die geplante Fortsetzung auf einem Notizblatt festgehalten: „Felix Krull wird mit 20 Jahren Kellner, lernt mit 21 den jungen Aristokraten kennen, an dessen Statt er reist. … Auf demselben Notizblatt wird auch die Einteilung des Romans festgehalten: „Erster Teil: Jugend  / Zweiter Teil: Kellner und Reise / Dritter Teil: Hoteldieb / Vierter Teil: Zuchthaus / Fünfter Teil: Ehe / Sechster Teil: Der Kleinen Tod. Flucht. Ende“. Der aktuelle Film umfasst die ersten Drei Teile zusammengefasst.

„Der Regisseur Detlev Buck bringt ‚Felix Krull‘ ins Kino, den letzten Roman. Warum er das getan hat, ist leider nicht zu erkennen“ (Der SPIEGEL / 28.8.2021).

Jannis Niewöhner als Krull macht seine Sache sehr achtbar, bleibt der schwer zu fassenden Figur irgendwo zwischen Halbgott (Hermes!) und Verbrecher aber doch einiges an Charisma und psychologischer Einfühlung schuldig. Hier hätte man sich vom Drehbuch etwas mehr deutende Unterstützung gewünscht, wenn Krull als moderner Held des Social-Media-Zeitalters und der zerfließenden sozialen wie geschlechtlichen Identitäten begriffen werden soll. Die Betonung seiner Gentleman-Rolle (ein ehedem emanzipatorischer Begriff zwischen Bürgertum und Adel) erscheint da nicht ganz up to date“ (Filmdienst 1.9.2021).

Es treten auf: Erste Garde deutscher Schauspieler wie JOACHIM KROLL als interessierter Professor Kuckuck; , MARTIN WUTTKE als habgieriger Juwelenhändler; LIV LISA FRIES als Prostituierte Zaza aus Frankfurt und „doppelte“ Geliebte; DAVID KROSS als in Zaza „heiß“ verliebter Marquis de Venosta; MARIA FURTWÄNGLER als übergeilte Madame Houplé, die hinter Felix falsch her ist.

DER gut aussehende, staffierte FELIX KRULL = JANNIS NIEWÖHNER bewegt viel Möchtegern-Charme. Beeindruckt durch geschicktes Reden und exzellente Kleidung. Wirkt mehr wie eine fidele Pseudo-Figur vom atmosphärischen Rummelplatz-Hotel als ein listiger Hungriger, der sich auffallend bemüht um einen gesellschaftlichen und vor allem seinen finanziellen Anteil. Die Raffinesse aber lebt arg gespielt. „Buck und Kehlmann sind keine Spielverderber, und sie wissen, das Publikum möchte nicht mehr einfach nur Sekt, auch keinen guten. Detlev Bucks ‚Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull‘ ist der Gin Tonic unter den Thomas Mann-Verfilmungen“ (SZ / 1.9.2021).

Es existieren zwei Felix Krull-Verfilmungen. Die erste entstand 1957 unter der Regie von Kurt Hoffmann, mit HORST BUCHHOLZ als Felix Krull und LISELOTTE PULVER als Zaza.  Die zweite ist soeben in den Kinos angelaufen. Über Jannis Niewöhner heißt es auf meinem zweiten Notizblatt: Er sieht gut aus (= hatten wir schon). Wie Thomas Mann ihn beschrieben hat. Er ist hübsch (= ja doch). Er ist listig (= genau). ER ist gerissen. Er ist ein aalglatter Lebens-Spieler; allerdings auch: von begrenzter Locker-Verführer-Ausstrahlung. Er dient, besser: ER be-dient.

DETLEV BUCK. Als würde er mitteilen: Ich spiele Regie. Zeige Glanz und Gloria. Im Laufen wie beim Lügen. Das Hotel, eine feudale Klitsche. Mit tückischen Gestalten. Jedoch: Eigentlich solchen, die wehtun sollen, aber hier meistens nur halb-kalt falsch-lächelnd pusten. Anstatt ihre draufgängerische, raffinierte Härte vorzustellen. Und viel Sprechen passiert ja auch.

Was nun? „Klassiker mit Zuckerguss“, wie vom SPIEGEL benannt? Beziehungsweise: „Der Film beschert den Zuschauern durchaus Momente des Fremdschämens“? Klar, wir blicken schon des Öfteren auf eine stattliche Anzahl oberflächlich chargierender (Neben-)Figuren. Und gewiss, hier nach einer „politischen Mann-Adaption“ zu hinterfragen von wegen mit dem starken 2021er Sozial-Motto: Die Reichen beuten immer mehr aus, Die Armen müssen darunter leiden, ist hier zu tief gedacht. Detlev Buck & Team sind Komödianten-Artisten. Nehmen wir es so: Diese filmische Adaption eines fragmentarischen Klassikers ist einfach anzuschauen (= 3 PÖNIs).

2.)   GUT. Titel = „EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH“Von ARASH T. RIAHI. Österreich 2019; nach dem Roman „Oskar und Lilli“ von Monika Helfer/1994; 115 Minuten. Ein Film mit Wärme, Herz und Verstand. Erzählend von den aus Tschetschenien mit der Mutter geflohenen Kindern Oskar (LEOPOLD PALLUA) und Lilli (ROSA ZANT). Seit sechs Jahren leben sie in Österreich, haben aber immer noch kein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Weil sich die Mutter der Abschiebung widersetzt und – traumatisiert wie sie ist – einen Selbstmordversuch unternommen hat, werden die Kinder von ihr getrennt und bei verschiedenen Pflegeeltern untergebracht. Wo sie heimlich Kontakt zueinander halten und hoffen, bald die Mutter wieder begegnen zu können. Die bittersüße Odyssee des österreichischen Regisseurs ARASH T. RIAHI, dessen Debütfilm „Ein Augenblick Freiheit“ 2008 österreichischer Kandidat für den Auslands-„Oscar“ war) erstickt nicht in einem Sozialdrama, sondern findet eine Vielzahl von sensiblen Tonlagen zwischen Satire, Realismus und märchenhafter Poesie, ohne den Blick vor den Abgründen der Geschichte zu verstellen. „EIN BISSCHEN BLEIBEN WIR NOCH“ hatte im Januar 2020 Weltpremiere auf dem Filmfestival Max Ophüls und gewann dort den Publikumspreis. Beim Österreichischen Filmpreis 2021 ist er in fünf Kategorien nominiert, u.a. als Bester Spielfilm und für die Beste Regie (= 4 PÖNIs).

3.)    AUFBRUCH. Titel = „RÄUBERHÄNDE“. Von ILKER CATAK. Nach dem gleichnamigen Roman von Finn-Ole Heinrich/2007; D 2019; 92 Minuten. Jungs mit Pfiff. Janik und Samuel sind dicke Freunde, haben das Abi geschafft und planen, zusammen nach Istanbul zu reisen. Der Wunsch – hinein in ein neues, selbstbestimmtes Leben. Doch während Janik aus einem liberalen Zuhause kommt, stammt Samuel aus zerrütteten Verhältnissen. Kurz vor dem Trip wird ihr Zusammenhalt auf eine harte Probe gestellt. Und die Reise der beiden verläuft anders als geplant. Wird zur Zerreißprobe für die innige Freundschaft der Jungs.

Mit „RÄUBERHÄNDE“ hat der am 11. Januar 1984 in Berlin geborene Ilker Catak („Es gilt das gesprochene Wort“) den gleichnamigen Roman von Finn-Ole Heinrich verfilmt. Das Buch avancierte nach seiner Erstveröffentlichung 2007 zum Bestseller, gilt heute in vielen deutschen Schulen als Pflichtlektüre und wurde in seiner Bühnenfassung am Hamburger Thalia-Theater bereits über 100mal aufgeführt. Wahrhaftig und einfühlsam erzählt Ilker Catak von einem einzigartigen wie unwiederbringlichen Lebensgefühl mit 18 – jener Zeit des Aufbruchs = Ausbruchs, in der sich viele Möglichkeiten auftun. EMIL von SCHÖNFELS (Janik) und MEKYAS MULUGETA (Samuel) spielen das Freundespaar, das sich auf eine länderüberspannende Suche nach Freiheit, Heimat und Identität macht (= 3 PÖNIs).

4.)   BEMÜHTER UNFUG. Titel = „HORIZON LINE“. Von MIKAEL MARCIMAIN. Schweden/USA 2020; 92 Minuten. Deutscher HEIMKINO-Start: 26.8.2021. In den ersten 20 Minuten dominiert Liebe-ähnliches. Zwischen Sara (ALLISON WILLIAMS) und Jackson (ALEXANDER DREYMON). Dann sind Hiebe annonciert. Von der Natur. Durch viel Unwetter. Während der Pilot der Propellermaschine, mit der die Beiden zu einer Feier auf eine Mauritius-Insel wollen, einen tödlichen Herzinfarkt erleidet Von jetzt auf gleich müssen die beiden Passagiere das Flugkommando übernehmen. Mit allerlei hektischem Drum und noch mehr waghalsigem Dran. Natürlich sind ihre Flugkenntnisse gering, zudem müssen sie in der einmotorigen Cessna fortan so etwas wie riskante „Bewegungen“ ausführen.

Machen wir es kurz, das Drehbuch ist oberflächlicher Murks; die beiden Hauptakteure lachen zu oft unorthodox an falschen Stellen, und die Flugshow im Sturm, die uns vorgezeigt wird, zündet mitunter ganz ordentlich. Solange es nicht zu dämlich wirkt, etwa: wenn SIE andauernd in der Luft, am Steuer, ihm Fragen stellt wie „Bist Du sicher?“ Oder: „Ich vertrau‘ dir“. Prima. Oder wenn ER zwischendurch mal kurz aussteigt, um das Treibstoff-Problem tapfer draußen zu lösen (in dem er die Öffnung zuklebt). Oder SIE dann dasselbe später auch veranstaltet, um kostbaren Rum-Schnaps zu Sprit werden zu lassen. Währenddessen dröhnt ständig die Musik. Und die deutsche Synchronbetonung merkelich kund tut: „WIR SCHAFFEN DAS SCHON“. Ach so ja, als sie neben dem Gepäck auch den toten Piloten herausschmeißen, um gewichtsmäßig leichter zu sein, können se sich dabei Grinsen und Lachen nicht verkneifen. Ist ja auch komisch. Am Ende nähert sich ein Boot und Sara lacht wieder begeistert. ER ist etwas verletzt, hält sich zurück. Was für ein abenteuerlicher Dünn-Pfiff (= 1 1/2 PÖNIs).

5.)   TV-TIPP: Für mich war er damals, als er zum 11. August 2011 fürs hiesige HEIMKINO erstmals veröffentlich wurde, ein „Einschlag“, über die Augen, direkt ins Herz. Warum, wieso und weshalb – siehe Heimkino-KRITIK. An diesem SONNTAG, 5.9. wird das Film-Ereignis im Rahmen des Thementages bei 3sat dort ab 13 Uhr präsentiert. Titel = „DER WEIßE LÖWE“. Damals wie heute gilt: Ich empfehle erneut einen meiner definitiven LIEBLINGSFILME !

6.)   MUSIK. Von wegen Claus Weselsky  – Chef der Lokführergewerkschaft GDL. Ihm habe ich es doch zu verdanken, nicht heute Abend meine verabredete Bahn-Tour Richtung Osnabrück antreten zu können.  Was also bleibt mir in diesen Streik-Tagen übrig: Der Lieblingstitel dieser Woche muss her, als Besänftigung. Und der ist in dieser Woche, eben: „ICH FAND DAS GANZ GROßE GLÜCK im ZUG NACH OSNABRÜCK“.  Dargeboten auf dem Bahnsteig, gesungen von den Superstars CLIFF & REXONAH. Was für eine Freude. Und: Achtet gut auf den intelligenten Empathie-Text…..:

Wünsche eine GESUNDE tänzerische Woche.

HERZlich:  PÖNI PÖnack

kontakt@poenack.de

 

 

 

 

 

 

 

 

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