PÖNIs: (4/5)
„LIGHT OF MY LIFE“ von und mit Casey Affleck (B; Co-Produzent + R + HD; USA 2017/2018; K: Adam Arkapaw; M: Daniel Hart; 120 Minuten; deutscher Heimkino-Start: 24.01.2020); ER stammt aus einer prominenten Family: Sein älterer Bruder ist Ben Affleck („Good Will Hunting“). Ein entfernter Cousin ist Matt Damon. Sein Ex-Schwager ist Joaquin Phoenix („Joker“). Casey Affleck ist beruflich wie privat ein Außenseiter im Minenfeld von Hollywood. In seiner ersten Filmrolle spielte er 1994 – neben Joaquin Phoenix und Nicole Kidman – einen an Persönlichkeitsstörung leidenden Jugendlichen in dem spannenden Gus Van Sant-Thriller „To Die For“. Seinen Durchbruch hatte er 2007 als Titelfigur in dem Western „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ (s. Kino-KRITIK), neben Brad Pitt als Jesse James. Die Belohnung: sowohl eine „Golden Globe“- wie auch eine „Oscar“-Nominierung. 2010 kam sein erster eigener Spielfilm heraus: „I’m Still Here“, eine aufsehenerregende Provokation, die er gemeinsam mit Joaquin Phoenix (Drehbuch und Hauptdarsteller) realisierte. Seinen ersten „Oscar“ bekam CASEY AFFLECK 2017 für den Hausmeister und Eigenbrödler Lee Chandler in dem Kenneth Lonergan-Drama „Manchester by the Sea“ (s. Kino-KRITIK). Zuletzt trat er im Abschiedsfilm von Robert Redford – „Ein Gauner und Gentleman“ (s. Kino-KRITIK) – als störrischer Polizist auf.
In seinem zweiten eigenen Spielfilm erzählt Casey Affleck von einer unbändigen Zuneigung. Eines Vaters zu seiner Tochter. Inmitten eines Endzeit-Dramas. Vor rund acht Jahren brach auf der Erde eine Seuche aus, die fast alle Frauen und Mädchen auf der Erde dahinraffte. Seitdem zieht ein Vater (Affleck) mit seiner Tochter Rag (eine sensationelle Entdeckung: ANNA PNIOWSKY) durchs Land, die er – mit Kurzhaar-Frisur – als Junge tarnt. Um sie „durch-zu-kriegen“. Denn „Mann“ hat inzwischen überlebende Frauen „ausgesondert“. Versteckt sie in Bunkern, damit eine neue Seuche vermieden werden kann. Und damit er sie „so“ unter Kontrolle hat. Vater und Tochter streifen durch die Wälder und halten sich immer nur vorübergehend in der Nähe von Städten auf. Während der Vater immer in einer Art Hab-Acht-Stellung aufpasst und misstrauisch ist, stellt seine – von ihm herangebildete – heranwachsende und „rebellischer“ werdende Tochter immer mehr Fragen. Auf die es immer schwerer wird zu antworten. Und natürlich tauchen auch immer mal wieder „neugierige Männer“ auf, die es – noch – verbal abzuwehren gilt. Insgesamt aber vermag der Vater seine Tochter ganz gut zu beschützen. Wohl wissend, dass diese Zivilisation im Grunde dem Untergang zupendelt. Denn wie soll es ein Weiter geben, wenn Frauen quasi „aussortiert“ und abgeschottet als Gebärsklavinnen „gehalten“ werden. Als sie schließlich das weit entfernte Landhaus seiner Großmutter erreichen, beginnt sich die Überlebenslage endgültig zuzuspitzen.
Lange Zeit – ein stiller Film. Der sich Zeit lässt mit Entwicklungen. Der – zunächst – eine verbale Ruhe entfaltet, die gewöhnungsbedürftig wirkt. Wenn der Vater seiner Tochter am Anfang in aller Ausführlichkeit die Geschichte der biblischen Arche Noah ausbreitet. Und man nicht weiß, wieso es dieser Ausführlichkeit bedarf. (Was man später interpretieren kann.) „LIGHT OF MY LIFE“, im letzten Frühjahr im Berlinale-„Panorama“-Programm gelaufen, entpuppt sich mehr und mehr als unbändig nerven-spannender wie auch philosophischer Warnungs-Diskurs. Wenn „Mensch“ kaum noch in der Lage ist, sich ein Überleben zu sichern. Währenddessen ein Vater seiner geliebten Tochter dennoch – unter allen Umständen – „eine Zukunft“, ihr Überleben, sichern möchte.
Mit immens viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen blicken wir hier gebannt auf ein Road-Movie der besonderen Art. Getragen von zwei elektrisierenden Akteuren: CASEY AFFLECK, der ewige Outlaw und Außenseiter-Darsteller sowieso, aber auch durch diese phänomenale Newcomerin ANNA PNIOWSKY. Deren körpersprachliche Interpretation als Mädchen-Junge ein kleiner darstellerischer Geniestreich ist von wegen: sensibel wie kraftvoll wie energie-geladen. Während Kamera-Ass ADAM ARKAPAW (1. Staffel von „True Detective“) hervorragende – intime wie landschaftliche – Gefühlsregungen bilderstark auszudrücken in der Lage ist. „Von den emotionalen Wirkungstreffern, die Affleck hier landet, erholt man sich so schnell nicht wieder“, betonen die Macher vom renommierten „Fantasy Filmfest“ zu Recht. Wie sagt man so altklug: Wer sich auf einen überraschenden, ruhigen und dennoch ständig „explodierenden“ „anderen“ Spannungsfilm einzulassen, einzufühlen in der Lage ist, wird hier großartig belohnt (= 4 PÖNIs).
Anbieter: „Universum Film“.