LATE BLOOMERS

LATE BLOOMERS“ von Julie Gavras (Co-B+R; Fr/Belg/GB 2011; 92 Minuten; Start D: 06.09.2012); jahrelang hat man sie im Kino gerne übersehen, ganz vergessen, komisch links liegen lassen und nun, auf einmal, füllen SIE und ihre vielen „Kameraden/Innen“ das aktuelle Kinoprogramm. Die Generation der Alten. Jenseits der 49. Aktuelles Boulevard-Beispiel: Der nach „Fidel ist schuld“ (2006) zweite Spielfilm der Tochter des griechischen Regisseurs Constantin Costa-Gavras („Z“). Der auf eine gutbürgerliche Familie in London blickt.

ER, Adam (WILLIAM HURT), ist anerkannter Architekt, hat gerade eine Auszeichnung „für sein Lebenswerk“ bekommen. Also – eigentlich die üblichen Signale für den beginnenden beruflichen Abschied. Doch im Gegensatz zu seiner attraktiven, bald 60-jährigen Ehefrau Mary (attraktiv wie eh und je: ISABELLA ROSSELINI), erkennt ER diese Signale nicht. Will sie offenbar auch gar nicht erkennen. Zumal der Exzentriker dem „normalen Alltagsleben“ sowieso von skeptisch bis reserviert gegenübersteht. „Damit“ möchte er eigentlich nichts zu tun haben. Er, der Maestro, der einst so grandiose Entwürfe für Flughäfen und Bahnhöfe entwarf. Und nun moderne Wohngebäude für Senioren planen soll. Während Mary schon klarer die schreckliche Zukunft begreift: „Die Gedächtnislücken haben mir die Augen geöffnet“. Was so viel heißen soll wie Alzheimer naht. „Ich bin alt und du bist auch alt“, erläutert sie ihrem begriffsstutzigen, desinteressierten Gatten. Der sich seinerseits aber nicht nur in ein neues Projekt – mit jungen Leuten – schmeißt, sondern auch in eine neue Lederjacke und dann auf eine junge Verehrerin. Aber auch Mary, schließlich mit „beweglichem“ italienischem Familienblut ausgestattet, lässt sich auf ein diskretes Scharmützel mit dem jüngeren Chef des Clubs ein, in dem sie „schwimmerisch“ vorteilhaftere Gedanken und Gesundung zu erlangen glaubt. Kurzum: Die 30-jährige Ehe steckt in einer typischen „späten Krise“. Was die drei erwachsenen Kinder wie die kesse Mama von Mary alarmiert. Scheinbar vergeblich.

Der komische Hickhack um das Alter. Also um das Altern. Mit Falten, ausfallenden Haaren, in gesittetem Umfeld. Keine Existenzsorgen , sondern nur das Hineinschauen. In den eigenen Körper. Und auf die bisweilen trüben Gedanken. Dabei „schmeckt“ das Leben doch noch ganz erklecklich. Wenn da nur nicht diese attraktiven jungen Menschen drum herum wären. Die so toll aussehen. Dynamisch wirken. Gut drauf sind. Und einen ständig an den eigenen „Zerfall“ erinnern. Und wenn man dann auch noch sich selbst mal (öfters) so betrachtet…, ach her je. Ach her jemine.

Jahrgangsbedingte Panik-Attacken und ihre charmanten Folgen. Erträglich angerichtet, weil zwei großartige Könner dramaturgische Schwächen glatt überspielen: ISABELLA ROSSELLINI ist nicht nur herrlich schön, sondern trägt auch weiterhin den ironischen Schalk im Nacken. Und im pointierten Schandmaul. An ihrer feinen Seite, und dabei viel Brubbel-Charme verströmend, „Oscar“-Hero WILLIAM HURT („Der Kuss der Spinnenfrau“), inzwischen auch gute 61. Man teilt aus und mit „auf Augenhöhe“. Man kabbelt und „macht“ nochmal, bevor sich Hormone, Gedanken, die ganze Palette Emotionen, wieder beruhigen. Sollen. Bis vielleicht zum nächsten Mal. ? (= 3 PÖNis).

P.S.: Karl Valentin: Heute wieder in mich geschaut. Nichts gefunden.

 

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