JIMMY`S HALL

PÖNIs: (4/5)

„JIMMY’S HALL“ von Ken Loach (GB/Irland/Fr 2013; B: Paul Laverty; K: Robbie Ryan; M: George Fenton; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.08.2014); meine (tolle) Güte, ist der Kerl (immer noch) politisch so wütend. ER ist jetzt 78 und kein bisschen leiser. KEN LOACH, inzwischen Träger von vielen wichtigen internationalen Preisen („Goldene Palme“/Cannes; Berlinale: „Goldener Ehrenbär“; Europäischer Filmpreis: „Ehrenpreis für das Lebenswerk“), und mit Werken wie „Riff-Raff“, „Raining Stones“, „Ladybird Ladybird“ und „The Wind That Shakes the Barley“ oder neulich „Angels‘ Share – Ein Schluck für die Engel“ (s. Kino-KRITIK) Politfilm-Maßstäbe setzend. Dabei bezieht er Stellung: Für DIE, die nichts haben (sollen/dürfen), die sich am unteren Rand der – britischen/irischen – Gesellschaft befinden. Und weiterhin „getreten“ werden. Damit sie stillhalten. Untertanen bleiben. „Jimmy’s Hall“ basiert auf tatsächlichen historischen Fakten.

Irland, 1932. Nach vielen Jahren im amerikanischen Exil kehrt Jimmy Gralton (BARRY WARD) in sein irisches Heimatdorf zurück. Sein „Vergehen“ damals: die Schaffung eines simplen Tanzsaals. In diesem, genannt die „Pearse Connolly Hall“, traf sich die Jugend, um Musik zu hören, zu tanzen, sich auszutauschen. Dies betrachtete die Obrigkeit als „Gefahr“. Und die Kirche als „Sünde“. Als er nun einen neuerlichen Versuch startet, den Saal von einst zu reaktivieren, angestachelt durch den drängenden Wunsch einer neuen, jungen Generation in der Gemeinde, will dies die erzkonservative Kirche wieder nicht zulassen. Von wegen Freigeister, die sich in ausgelassener Stimmung anstatt in dauerhafter Frömmigkeit bewegen, das darf nicht sein. Tanzen ist hier schändlich. Bildung hier zu vermitteln, ist Aufruhr. Sich hier „freihändig“ auszutauschen, gesetzeswidrig. Pater Sheridan (JIM NORTON) setzt alle Hebel & Tricks in gemeine Bewegung, um die Macht der Kirche zu demonstrieren. Und weiterhin zu behaupten.

Ken Loach argumentiert packend emotional. Und lässt an der fiesen Herrschaft der katholischen Kirche von einst kein gutes Erzählhaar. Motto: Mit der Kirche ist das ein Kreuz. Macht und Macht-Erhalt durch Hass gegenüber Andersdenkenden bestimmen ihr Denken und Handeln. Nur der Adel, die Landbesitzer und die selbstgefällige Kirche besitzen das Privileg, moralische wie gesellschaftspolitische Entscheidungen zu treffen. 1932: Reaktionäre Kräfte machen sich auch hier aggressiv bemerkbar. Geduldet von „denen oben“. Der Pöbel hat sich zu ducken. Junge Leute dürfen gar keine Meinungen haben. Äußern. Oder gar Entscheidungen treffen. Doch sie lassen sich nicht mehr alles gefallen. Begehren auf. Mit Teilen liberaler Erwachsener. Aktivist Jimmy Gralton wird zu ihrer Gallionsfigur. Und somit zum erklärten Feind von Kirche und Staat.

Die Macht und die Heuchelei. Damals. Bis heute. Du kriegst einen „Gott“ vorgesetzt, dafür musst du ihnen folgen. Wir führen dich. Wenn du dich uns, unserer Meinung, kritiklos anschließt, unsere Regeln befolgst, wirst du ein behütetes Leben führen. Denn WIR sagen dir, wie du denken und handeln sollst. WIR beschützen dich. Gegenüber allem Übel. Du kannst uns blind vertrauen. Amen.

Was für ein gescheiter, wütend machender, spannender Gedankenspielfilm. Er klärt auf und klagt jedweden Fundamentalismus an. Ist also brandaktuell. Der große KEN LOACH hat gemeinsam mit seinem klugen Autoren PAUL LAVERTY wieder einmal einen wunderbar rebellischen Unterhaltungspolitfilm geschaffen (= 4 PÖNIs).

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