PÖNIs: (4/5)
„IM NAMEN MEINER TOCHTER – DER FALL KALINKA“ von Vincent Garenq (Co-B + R; Fr/D 2015; Co-B: Julien Rappeneau; nach dem gleichn. Buch von André Bamberski; K: Renaud Chassaing; M: Nicolas Errèra; 87 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.10.2016); das Recht selber in die Hand nehmen, ohne gesetzmäßige „Rückendeckung“ zu haben oder zu bekommen, das ist in diesen (TV-)Tagen hierzulande ein spannendes Thema. Ausgelöst durch den am letzten Montag (17.10.2016) von der ARD ausgestrahlten Film „Terror“, mit bekannt deutlicher Zuschauer-Abstimmung danach für „Not-Vernunft“ und gegen rechtliche Regeln wie Vorgesetzte-„Anweisungen“. Dieser französisch-deutsche Film erzählt – genauso dramatisch – eine ähnliche, gleichwohl jetzt private und wahre Selbstjustiz-Geschichte.
Kalinka Bamberski. Geboren am 5. August 1967 in Casablanca, Marokko, französische Staatsbürgerin. Ihr Vater: André Bamberski, Buchhalter in Toulouse. Ihre Mutter, Danielle, verheiratet mit Dieter Krombach, einem deutschen Kardiologen, geboren 1935 in Dresden. Am 10. Juli 1982 wird Kalinka Bamberski im Haus ihres Stiefvaters Dieter Krombach (SEBASTIAN KOCH) in Lindau am Bodensee tot aufgefunden. Kalinka verbrachte die Ferien bei ihrer Mutter und deren Ehemann. Die Begleitumstände ihres Todes erscheinen schon bald suspekt. Die Angaben des Schwiegervaters widersprechen sich und lassen viele Fragen offen. Als die deutsche Justiz den Fall schließlich abschließt, beginnt der private Kampf des André Bamberski (DANIEL AUTEUIL) auf Recht und Sühne. Überzeugt, dass der angesehene Arzt Dieter Krombach seine Tochter umgebracht hat, startet er seinen privaten Feldzug, um „den bekannten Täter“ zu überführen. 27 Jahre bemüht er sich über diverse juristische Anläufe und viele Eigeninitiativen in Deutschland und in Frankreich vergeblich um eine endgültige Klärung. Seine Beharrlichkeit und Besessenheit ist für André Bamberski zum Lebensinhalt geworden. 2009 lässt er von Kleinkriminellen Krombach nach Frankreich entführen. 2011 wird dieser in Paris zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Im April 2014 bestätigt das französische Kassationsgericht das Urteil.
Ein aufwühlendes Justiz-Drama. Nicht spektakulär, sondern packend-nüchtern. Dabei nicht minder aufregend. Ein bürgerlicher Mann in der jahrzehntelangen Konfrontation gegen nationale Justiz- und Bürokratie-Arroganz, sowohl in Deutschland wie in Frankreich. Als er sich schließlich völlig „verausgabt“ hat, greift er zu einer illegalen Methode, um mit sich ins Reine zu kommen. Der Film, basierend auf einem Buch von André Bamberski, ist das präzise-ausgefeilte Psychogramm eines normalen Mannes, der aus dem Leben fällt. Frankreichs Star DANIEL AUTEUIL („36 – Tödliche Rivalen“; „Caché“; „MR 73 – Bis dass der Tod dich erlöst“) spielt ihn mit virtuoser Einfühlung, Seelen-poren-tief, als ein rastloser französischer „Michael Kohlhaas“; sich total verausgabend, nach Gerechtigkeit lechzend. „Unser“ SEBASTIAN KOCH („Das Leben der Anderen“) ist gegenwärtig für die „dunklen Typen“ im Kino prädestiniert; eben war er ein Nazi-Todesarzt in „Nebel im August“, jetzt „bewährt“ er sich als charismatischer Verführer und pädophiler Sexualstraftäter nicht minder „fein-furchterregend“.
„Im Namen meiner Tochter – Der Fall Kalinka“ ist ein Spannungsfilm mit viel Wut und Denk-Sprengstoff (= 4 PÖNIs).