„ICE AGE 4 – VOLL VERSCHOBEN“ von Steve Martino und Mike Thurmeier (USA 2010-2012; B: Michael Berg, Jason Fuchs, Mike Reiss; M: John Powell; 86 Minuten; deutscher Kino-Start: 02.07.2012); im März 2002 tauchten sie hierzulande erstmals auf den Kino-Leinwänden auf („Ice Age“; s. Kino-KRITIK) – das gutmütige Mammut Manni, der nicht minder brummig-freundliche Säbelzahntiger Diego sowie das stetig plappernde Faultier Sid. Als tierische, sozusagen multikulturelle Patchwork-Family. Deren weitere Abenteuer ab April 2006 („Ice Age 2 – Jetzt taut`s“; s. Kino-KRITIK) sowie zuletzt ab Juli 2009 („Ice Age – Die Dinosaurier sind los“; s. Kino-KRITIK) auf viel Sympathiezuspruch stießen. Insgesamt fanden diese drei ICE AGE-Filme bislang rd. 25 Millionen Zuschauer allein bei uns in den Lichtspielhäusern. Die weltweiten Einnahmen für diese drei Animationsspäße betrugen an die zwei Milliarden Dollar (1.920 Milliarde präzise: 380 Mio. Nr. 1; 650 Mio. Nr. 2 sowie 890 Mio. Nr. 3). Klar, dass noch längst nicht Schluss ist mit den prähistorischen Tollhaus-Viechern. Und mit ihrem urigen „Weiter-Machen“.
Von Anfang an auch dabei, zunächst allerdings als reine Außenseiter-Figur: SCRAT. Diese aberwitzige Figur in der kauzigen Mischung aus Eichhörnchen und Ratte (im Presseheft zum 3. Film wurde sie als das „unermüdliche prähistorische Säbelzahneichhörnchen“ analysiert), deren hysterische „Running Gag“-Daueraufgabe es ist, eine (geliebte wie widerborstige) Eichel zu erbeuten, zu verlieren und jagend wiederzubekommen. Um diese zwischenzeitlich immer mal wieder ins Eis zu hauen, woraufhin permanent irdische Kollateralschäden ausgelöst werden, die für neue Karambolagen auf der Ur-Ur-Ur-Erde beziehungsweise unter den „menschelnden“ Tieren sorgen. Die DAS mal wieder alles „auszuhalten“ haben, was Scrat verursacht hat. DER rund um den Kino-Planeten eine riesige Fan-Gemeinde besitzt und deshalb längst auch eine „Hauptrolle“ in dieser filmischen Gemeinschaft übernommen hat. Und dessen chaotisches „Tun“ nun wieder einmal dafür sorgt, dass das vierte „Ice Age“-Abenteuer mit Vollkaracho starten kann.
Denn Scrat bemüht sich einmal mehr, endlich seine Nuss für immer zu „fassen“ zu kriegen. Landet am Mittelpunkt der Erde, beginnt dort munter herum zu hämmern, woraufhin sich die Kontinente „bewegen“. Auseinanderbrechen. Im Erdkern beginnt es zu brodeln. Die Ereignisse von Jahrmillionen reduziert auf spektakuläre, pompöse Action-Minuten. Ein großer Riss verläuft plötzlich durch die Erde. Gletscher bersten, riesige Gebirge stürzen ins Meer. Die Ozeane entstehen. Scrat, der gierige wie einfallsreiche Zerstörer, der wie ein irrer Hedge-Fonds-Manager herumrudert, um endlich seinen „Profit“ zu bekommen. Eine amüsante Metapher. Mit wüstem gedanklichem Aktualitätsgeschmack. Tierische Banker, durch deren Arbeit „Viele“ Schaden erleiden. Wie hier: Die Familie wird getrennt. Manni, der eigentlich schon genügend gestresst ist von seinem reizenden pubertierenden Mammut-Töchterlein Peaches, landet auf einer Eisscholle mit Diego und natürlich Sid, in dessen Schlepptau sich nun aber auch seine ziemlich fidele, ebenso extrem kurzsichtige wie köstlich eigensinnige Oma einfindet.
Während Manni-Frau Ellie mit Peaches und den anderen Urviechern bemüht ist, neues, sicheres Eiland zu finden. Um dort auf die Rückkehr „der Helden“ zu warten. DIE müssen sich unterdessen mit mehr oder weniger bekloppten Piraten herumschlagen, angeführt von einem mit extrem schlechten Zähnen ausgestatteten, sich ungehobelt gebenden, brummigen Orang-Utan-Anführer. Und seiner tierisch „grenzwertigen“ Mannschaft (bestehend unter anderem aus Zombie-Karnickel Squint, einem Dachs, der als Flagge herhält, dem unterbelichteten fetten Seelöwen Flynn sowie der exotischen Albino-Tigerin Shira, was nunmehr den Solisten Diego „aufleben“ lässt). Man kommt sich prächtig – und in echt „wirkendem“, also wirkungsvollem 3D – ins turbulente Gehege. Bevor der immer umfangreicher werdende Familienverbund wieder zusammenkommt. Und Scrat sogleich wieder mit der Eichel-Hämmerei beginnt…
„Ice Age 4 – Voll verschoben“ ist weiterhin Spiel und Spaß, bedeutet prima fröhliche, haarsträubende Turbulenzen. Ein Fortsetzungs-Jux, der wirklich fortsetzt und sich nicht auf Bewährtem wiederholend ausruht. Ganz im Gegenteil: Tolle, flotte, neue Slapstick-Ideen fließen in die „Weiter-Story“ ein; die Visualität bleibt auf komischem, atmosphärischem Spitzenanimations-Niveau, wobei auch „an den Rändern“ mit einigen wunderbar skurrilen Tiertypen – wie versklavte Hamster, die hinreißend tänzelnd (mit Sid) kommunizieren; einem pfiffigen Igel-Freund (von Peaches) oder mit den sich selbst freudig als „bekloppt“ bezeichnenden Opossum-Brüdern Crash und Eddie – wieder für urige Figuren-Stimmung und vortreffliche Situationskomik gesorgt wird. Die beiden Regisseure Steve Martino („Horton hört ein Hu!“) und Mike Thurmeier („Ice Age 3“) und ihr 300 Mitarbeiter-Team sorgen für eine aufwendige (= allein für Diego wurden 4,23 Millionen Haare animiert!) wie clevere Pointenvielfalt, und zwar für jeden Besucher-Jahrgang. Hier kann sich JEDER sein individuelles Vergnügen „herausnehmen“. Herausfühlen. Herausdenken. Heraushören. In Bewegung, Gag oder Ideenvielfalt. Emotional wie cineastisch. Und vor allem auch: in der pointierten Ironie-Sprache. Dies hier ist eine köstliche Show!
Ein Highlight schließlich ist auch der Soundtrack des Briten JOHN POWELL, mit großem Orchester („The Hollywood Studio Symphony“) und Chor eingespielt, und seine komplett überdrehte Bearbeitung des Beethoven-Klassikers „Ode an die Freude“, hier „Scrat’s Fantasia on a Theme by LVB“ genannt. Powells äußerst lesenswerter und aufschlussreicher Text zu seiner Bearbeitung findet sich komplett im Booklet-Text zum Score:
„Eicheln schöner Götterfunken, Muttern aus Elysium,
Wir betreten Eicheln trunken, Himmlische, dein Heiligtum!
Deine Zauber binden wieder, was die Natur streng geteilt,
Nagetiere werden Brüder, wo dein buschigen Schwänze weilt!“
(= 4 PÖNIs).
P.S.: Natürlich, das hätte ich bei vieler Begeisterung beinahe vergessen mitzuteilen – NATÜRLICH sind „im Deutschen“ auch wieder die hervorragend passenden Promi-Stimmen von ARNE ELSHOLTZ (Manni), DANIELA HOFFMANN (die Julia Roberts-Stimme wieder für Ellie), OTTO WAALKES (Sid) und THOMAS FRITSCH (Diego) „vorhanden“. Und sorgen, mit den anderen vom Synchronteam, für erneut schönlustige Tonlaute. Also für die auch gute „hiesige“ Sprachlaune.