PÖNIs: (4/5)
RIDERS OF JUSTICE. Titel = „HELDEN DER WAHRSCHEINLICHKEIT“. Von ANDERS THOMAS JENSEN (B + R), einem der einflussreichsten dänischen Filmemacher. Der mehr als fünfzig Drehbücher verfasst hat und auch als Regisseur – mit Filmen wie „Adams Äpfel“ (s. Kino-KRITIK) oder „Men & Chicken“ (s. Kino-KRITIK) oder „Dänische Delikatessen“ – weit über die skandinavischen Grenzen populär wurde. (Seinen filmischen Durchbruch hatte er mit dem Kurzfilm „Wahlnacht“, für den er 1999 einen „Oscar“ verliehen bekam). Sein aktueller Spielfilm startete 2020 Zuhause mit großem Erfolg in den Kinos und hatte seine internationale Premiere als Eröffnungsfilm des Internationalen Filmfestivals Rotterdam. Bei den kürzlich vergebenen Dänischen Filmpreisen erhielt diese absurde, „drollige“, austeilende, doppelbödige Tief-Komödie mit Thriller-Geschmack insgesamt 15 Nominierungen und konnte davon vier der begehrten ‚Robert Trophäen‘ entgegennehmen. Credits: Dänemark/Schweden 2019; 116 Minuten.
Das Zielwort: „Irgendwas stimmt hier gar nicht“. Stimmt. Es könnte aber auch gelten: „Die Methode ist doch egal, das Resultat zählt“. Zeit: Gestern-Heute. Motto: Trauer-Arbeit rumort. Demzufolge möchte der gerade heimgekehrte Offizier Markus (MADS MIKKELSEN / kürzlich erst in „Der Rausch“/s. Kino-KRITIK) nur seine Ruhe haben. Will sich nur um seine Teenager-Tochter Mathilde (ANDREA HEICK GADEBERG) kümmern und den Verlust seiner Frau mit viel Bier herunterspülen. Doch dann tauchen diese drei Unglücksvögel vor seiner Haus-Tür auf: Der pedantische Mathematiker Otto (NIKOLAJ LIE KAAS / seit 2013 als Detective Inspector Carl Morck in vier Krimis nach Bestseller-Romanen von Jussi Adler-Olsen); sein nervöser Kollege Lennart (LARS BRYGMANN) sowie der exzentrische Hacker Emmenthaler (NICOLAS BRO), allesamt sichtlich vom Leben gebeutelt. Beschädigt. Allerdings haben sie eine Möglichkeit gefunden, dem Schicksal entgegenzutreten: SIE KÖNNEN RECHNEN. Präzise. Auf den Plus-Minus-Punkt detail-genau. Was aufklärerisch wirkt. Und an deren übler Herkunft eine Bande namens ‚Riders of Justice‘ zetert. Mag die Theorie des Trios auch unwahrscheinlich klingen, sie weckt die Rachlust des emotional ansonsten so sparsamen Familienvaters. Also legt die unartige Vierer-Combo los. Mit dem Recherchieren. Übt außerdem eifrig den Umgang mit automatischen Waffen und freut sich auf den Bananenkuchen, wenn das Unrecht endlich aus der Welt geschafft ist. Doch dann passiert das Natürliche, denn diesen ‚Reitern der Gerechtigkeit‘ fällt auf, dass sie verfolgt werden. Feindschaft führt zu Krieg. Also sehen die „Psychologen“, wie sie sich bezeichnen, plus Markus kontra: „Über Rollenspiele und Simulationen wird eine emotionale Reaktion erreicht“! Klar doch. Natürlich.
Was ist hier so inspirierend-hinterfotzig los? Trauer und Traumatisierung werden mit emotionaler Individualität und natürlich intensiver Ursachenforschung in Zusammenhang gebracht. Abgebremstes kurzes Etwas-Lachen. Humor taucht auf in Zusammenhang mit den üblichen Fragen nach dem Sinn des Lebens und Blödsinn vom Sterben. Der Autoren-Regisseur Anders Thomas Jensen breitet inspirierendes Erzählkino mit krachenden Haltungsmodellen aus: „Es ist eine harte Erkenntnis zu akzeptieren, dass alles um uns herum, sogar unsere eigene Existenz, vom Zufall bestimmt wird. Denn, wenn alles zufällig ist, kann man argumentieren, dass alles auch irrelevant ist. Und irrelevant ist nicht weit von bedeutungslos entfernt. Aber vielleicht ist ja gar nicht alles zufällig“, tut der Autoren-Regisseur im Presseheft kund. Genau. So in etwa kann man seinen turbulenten, oft ziemlich ganz schön scharf beißenden Schieß-Streifen annehmen. Schließlich – es muss alles raus, heißt es irgendwann irgendwo an einer Filmstelle. Dänemark kontert grob. Was schon der Filmtitel verheißt: reizvoll (= 4 PÖNIs).