Heiter bis wolkig Kritik

HEITER BIS WOLKIG“ von Marco Petry (D 2011; 100 Minuten; Start D: 06.09.2012); das ein deutscher Film ohne Bauchschmerzen verläuft, ist selten; hier aber sind es wenigstens „gute Bauchschmerzen“.

MARCO PETRY, 1975 im nordrhein-westfälischen Würselen geboren, hat an der HFF München von 1996 bis 2000 studiert, um dann nach seinem Kurzfilm „Poppen“ (1999) gleich mit seinem ersten Kinofilm „Schule“ (2000/produziert u.a. von Bernd Eichinger) „auf Interesse“ zu stoßen. Die Geschichte um eine „auslaufende“ Abiturienten-Clique (zu der Daniel Brühl, Jasmin Schwiers, Axel Stein und Bettina Zimmermann zählten) besaß viel Identifikationscharme für junge Leute. In „Die Klasse von ´99“, seinem zweiten Langfilm, spielte 2003 Matthias Schweighöfer die Hauptrolle. Danach „verschwand“ Marco Petry als Drehbuch-Autor und Regisseur „beim Fernsehen“. Bei seinem 3. Kinofilm packt der 36jährige, nach einem Drehbuch von Axel Staeck, ein heißes komödiantisches Eisen an. Stichwort: Lustigkeit mit Bedacht. Leben mit Sterben.

Zwei Typen: Tim & Can. Köche wie Freunde im besten Nachwuchs-Alter. Austoben ist täglich angesagt. In Köln. Abends soll die trübe Tages-Schufterei in einer Großküche (mit einem dauercholerischen Chef) übertüncht werden. Stichwort: Mädels aufreißen. Ohne dass sich dabei „etwa“ eine Bindung ergibt. Um schnell und sicher ans Bett-Ziel zu kommen, wurde eine Masche perfektioniert. Einer von Beiden wird zum Krebskranken erklärt. Dessen letzter Wunsch nochmal „das Eine“ ist. Klappt immer. Funktioniert prächtig. Bis Marie auftaucht. Nett, lieb, freundlich. Und „kompliziert“. Weil ihre Schwester Edda, die Marie pflegt, tatsächlich todkrank ist und schnell den Schwindel durchschaut. Diesen aber akzeptiert, damit Tim sich auch um sie kümmert. Mit ihr „draußen“ die letzten „wütenden“ Abenteuer mitmacht. Fortan sind für „Helfer“ Tim, der so langsam ans Erwachsen-Werden denkt, Ausreden, emotionale Verrenkungen, verschiedene Tonlagen angesagt. Zumal er sich mehr und mehr in Marie verliebt, sich aber nicht traut, ihr die Wahrheit zu sagen. Während Edda ihn ganz schön „auf Trapp“ hält. Und Kumpel Can (ELYAS M’BAREK/der aus “Türkisch für Anfänger“) gerne so weitermachen, also täglich abhängen möchte wie bisher. Und dann ist da auch noch Tims Idee von einem eigenen kleinen Restaurant. Viel für einen Burschen mit einigen „Defiziten“.

Die Akteure sind’s. DIE das Interesse, die Neugier hochhalten. Auch wenn die Story mal (zu) fatal „wackelt“: Edda, die „wirklich“ Krebskranke, sieht auch „so“ aus; Tim, der vermeintliche Krebskranke, ständig wie das blühende Leben. Quatsch. Das dies Marie nicht erkennen darf. Zudem: Gibt’s irgendwo Erzeuger? Wo sind die Eltern der beiden Schwestern eigentlich? Nichts Genaues weiß man nicht. Ebenso nervt, als dramaturgische Kleinigkeit, dieser ewig mies gelaunte und ständig „zufällig“ auftauchende Kantinen-Vorgesetzte von Tim + Can. Als blöde eindimensionale Laber-Figur. Na ja, und das brave Klischee mit diesem dann „vorhersehbaren“ eigenen Tim-Restaurant ist letztlich auch nicht sonderlich originell. Aber, dies bleibt hintenan, weil die Schauspieler intensiv überzeugen. Und diese Balance zwischen komischer Tragik und tragischer Komik bestens „stemmen“. Das Trio MAX RIEMELT & ANNA FISCHER & JESSICA SCHWARZ ist beeindruckend offensiv sensibilisiert. Max Riemelt („Die Welle“; TV-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ von Dominik Graf) ist körper-spannend in dem Mix aus lockerem Bubi und engagiertem Boy. Anna Fischer („Wir sind die Nacht“) gibt und zeigt die liebe Seele Marie. Gut. Die Samariterin mit dem sauberen Herzen. Auf den sympathischen Punkt gebracht. Als darstellerische „Granate“ aber erweist sich das Ex-„BRAVO-Girl“ von 1993 JESSICA SCHWARZ (TV-Film „Romy“/2009 als Romy Schneider; zuletzt – wie so oft – unterfordert in den Kindereien „Yoko“ + „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“). Ihr gehört als gequälte, wütende, schmerzvolle Edda „die Bühne“. Sie tritt verbal, rotzt als Todeskandidatin mal laut, mal leise „empört“ herum. Mit und im rüden „Schutzpanzer“. Agiert überzeugend zwischen Sarkasmus und Resignation. Zwischen aufbrausend und Verzweiflung. Riemelt & Schwarz geben dem Film eine bemerkenswerte kluge wie unterhaltsame Denk-Höhe. DIE betroffen Spaß verbreitet. Vermittelt. Donnerwetter.

„Heiter bis wolkig“, ein fader Titel für eine wahrlich bessere deutsche Komödie, ist rührend. Berührend. Komisch. Menschen-spannend. Erstaunlich prima (= 3 PÖNIs).

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