HEAR MY SONG

PÖNIs: (4,5/5)

KINO, das ist viel, aber eben nicht nur: HOLLYWOOD! Wer sich in den letzten Wochen neugierig in unseren Lichtspielhäusern umsah, konnte auch tolle „andere“ als nur amerikanische Filme bewundern. Zum Beispiel aus Frankreich „Die Liebenden von Pont-Neuf“, aus China „Rote Laterne“ oder aus Italien „Mediterraneo“. Heute geht diese filmische Niveau-Reise jenseits von Hollywood weiter. Heute läuft in unseren Kinos ein Werk an, das in der Co-Produktion von Irland und Großbritannien entstand. Titel:

„HEAR MY SONG“ von Peter Chelsom (Co-B + R; Irland/GB 1991; Co-B: Adrian Dunbar; K: Sue Gibson; M: John Altman; 104 Minuten; deutscher Kino-Start: 13.08.1992); es ist der 1. Spielfilm des 36-jährigen ehemaligen Fotografen und Schauspielers. Der stammt aus Blackpool. Und dort lebte einst der berühmte irische Tenor Josef Locke.

19 Jahre trat der im berühmten Seebad auf und wurde zum Liebling der Massen. Eines Tages aber war er verschwunden. Steuerschulden, murmelte man enttäuscht im Volksmund. Was blieb, war die Erinnerung an eine Legende. An die geht nun Debütant Peter Chelsom mit „Hear My Song“ heran.

Im zweiten Mittelpunkt seines Films steht der junge, windige Konzertveranstalter Micky. Dessen Laden läuft mehr schlecht als recht, also kündigt er eines Tages den Auftritt eines „Mr. X“ an. Dass sich hinter diesem Pseudonym Josef Locke verbirgt, behauptet er zwar nicht, bestreitet es aber auch nicht. Alle kommen: sowohl die vielen weiblichen Verehrer von einst, aber auch: die Polizei Seiner Majestät. Doch Mr. X ist eine plumpe Fälschung. Micky steht beruflich wie privat vor dem Ruin und fasst einen folgenreichen Entschluss: Er will den echten Sänger auftreiben und zurückholen. Seine Suche führt ihn nach Westirland, wohin sich der Künstler endgültig verabschiedet hat. Dessen Leben besteht nicht mehr aus Gesang, sondern aus dem Vieh. Und dem Whiskey. Aber Micky lässt sich nicht entmutigen, lässt trotz zahlreicher Nackenschläge und Nervenstress nicht locker. „Hear My Song“ ist ein rundum wilder, liebenswerter Film. Es dauert eine ganze Weile, bis man in ihn hereinkommt, bis man mit ihm, seiner Geschichte und den Personen richtig „warm“ wird. Dann aber ist man wunderbar-gefangen.

„Hear My Song“ ist eine prächtige irische Liebeserklärung an originelle Typen und an eine grandiose Landschaft. Und: an deftige Pointen. Da erklingen mitten in rauher Luft und Seele die schönsten Opernarien. Da geht es um „sturmerprobte“, spannende Gesichter, in denen sich all die großen und kleinen Schicksale und Gefühle des Alltags spiegeln. Da geht es um Träume und um wiederaufgelegte Legenden, die so viel Erzählstoff bieten. Kein Wunder, dass die störrische Polizei keine Chance hat, wenn es das „gemeine“ Volk nicht will.

Die eigentliche Hauptrolle dieses feinen, durchtriebenen Films spielt NED BEATTY. Dieser beleibte Hollywood-Schauspieler, der sonst immer für die Schurken-(Neben-)Rollen Modell steht, darf hier endlich einmal zeigen, was für ein vortrefflicher Charakter-Mime und Komödiant er auch ist! Als „Jo“ Locke hat er mit seiner listigen Bauernschläue die Sympathie und Lacher auf seiner Seite. Um ihn herum: gut gelaunte Mitspieler und Stichwortgeber. „Hear My Song“, das ist nach „Local Hero“ eine weitere, traumhaft-schöne irische Film-Ballade (= 4 1/2 PÖNIs).

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