GUT GEGEN NORDWIND

PÖNIs: (2,5/5)

„GUT GEGEN NORDWIND“ von Vanessa Jopp (D 2018; B: Jane Ainscough; nach dem gleichn. Roman von Daniel Glattauer/2006; K: Sten Mende; M: Hauschka; 122 Minuten; deutscher Kino-Start: 12.09.2019); Peter Alexander besang bereits 1965 ein ähnliches Dilemma mit bzw. in seinem Schlager: „Falsch verbunden“ – „Ich drehte eine Nummer und ich war zu meinem Kummer – Falsch verbunden“. Heute wählt man natürlich kaum noch die Telefon-Wählscheibe, sondern versendet E-Mails. So wie Emmi (NORA TSCHIRNER). Deren Mail-Nachricht landet allerdings beim gerade frustrierten, an der Kölner Uni tätigen Linguisten Leo (ALEXANDER FEHLING); er hat gerade erfahren, dass seine Freundin seit Monaten fremdgeht. Emmi dagegen möchte ein Zeitschriften-Abo kündigen und hat sich in der Zeile vertippt. Er kriegt irgendwie Lust ihr zu antworten, sie meldet sich zurück. So entsteht, betulich wie beharrlich, Flirt-„Kommunikation“. Zwischen Fremden. Die, wir ahnen es, sich „entwickelt“. Mail für Mail. Und irgendwann „zu mehr“ führt. Zur NICHT-Fremdheit-mehr. Zu individuellerem Austausch. In Richtung: Nach-Flirten, Freundschaft = sogar: zu „technischer“ Intimität.

Aber erst einmal wird gemailt, dass der Daumen dampft. Flott, fröhlich, fromm, frei. Mit viel Laune und Lust. Tauscht man sich inzwischen täglich aus. Ohne sich persönlich zu nähern. Davor besteht auf beiden Seiten lange Zeit große Angst. Er steckt noch im Problem Liebeskummer mit Folgen, sie ist bürgerlich verheiratet. Mit einem namhaften, angesagten Dirigenten (ULRICH THOMSEN). Der soll natürlich nichts „davon“ erfahren, tut es aber dann doch. Außerdem zählen zwei Kinder zur Familie. Und Emmi und Leo: Man scheut sich vor einer persönlichen Begegnung, weil diese möglicherweise „den charmanten Zauber“ dieser emotionalen maschinell-anonymen Beziehung kaputt machen könnte. Also beginnt man „zusätzlich“ – zu telefonieren.

Der Film ist viel zu lang. Und deshalb auch eine Stunde lang nur mäßig in Fahrt kommend, wenn ausführlich SEINE Seite „behandelt“ wird. Hin und her, man tauscht sich aus und man tauscht sich aus. Andauernd. Nach 60 Minuten geht es dann ab auf „ihre Seite“. Wenn Emmi anfängt, echt neugierig zu werden. Man sich sozusagen nunmehr täglich verbal kitzelt. Und die „Hitze“ auf eine Endlich-Begegnung immer größer wird.

Mühselig ernährt sich das Eichhörnchen, lautet der Spruch. Der hier passt. Eine Stunde zieht sich der Film. Hin. Trotz zweier intensiver Mail- und Phon-Akteure. NORA TSCHIRNER („Keinohrhasen“; „SMS für Dich“; „Tatort“-Kommissarin beim MDR) und ALEXANDER FEHLING (zuletzt bravourös in: „Das Ende der Wahrheit“) mühen sich ab, vermögen aber gegen die zähe, auf der Stelle tretende Inszenierung nichts auszurichten. Merke: Ja, ich habe kapiert, worum es geht, aber wann GEHT es denn endlich „richtig“ weiter? Wie gesagt: dann endlich, nach einer (viel zu langen Einführungs-)Stunde. Spielleiterin VANESSA JOPP, die 2007 das Familien-Drama  „Meine schöne Bescherung“ in den Film-Sand setzte (s. Kino-KRITIK), kriegt erst spät die spannende Kurve, wenn man sich fast schon völlig hiervon verabschiedet hat. Und wenn sich dann doch endlich so etwas wie prickelnde Empathie aufbaut. Auftut. Allerdings – das Dauer-Manko sowieso – es wird viel zu viel – und zu lange – gequatscht. Manchmal tiefsinnig-phrasig („Worte sind Maske und Enthüllung“), manchmal locker-nix, wenn Emmi-Emma „sich wie ein Schokoguss in der Mikrowelle fühlt“. Aha. Beziehungsweise – ist auch nicht so doll kino-like. „Gut gegen Nordwind“ ist halt ein Mail- & dann Handy-Movie. Mit reichlich Hörspiel-Charme.

Ein flotteres Drehbuch mit Kürzungen und eine listigere Inszenierung mit pfiffigeren Pointen, damit wäre besser zu punkten gewesen. So aber ist die Adaption des Briefroman-Bestsellers des österreichischen Schriftstellers DANIEL GLATTAUER von 2006 (bis Anfang 2010 wurden fast 800.000 Exemplare verkauft) nur ein charmantes, aber wenig inspirierendes Beziehungs-Komödien-Drama. Ohne nachhallende Folgen (= 2 1/2 PÖNIs).

Teilen mit: