PÖNIs: (2/5)
„GEMINI MAN“ von Ang Lee (USA 2018; B: Bill Ray, Jonathan Hensleigh, Darren Lemke, Andrew Niccol, Stephen J. Rivele, Christopher Wilkinson, David Benioff; Co-Produzenten u.a.: Jerry Bruckheimer, Will Smith; K: Dion Beebe; M: Lorne Balfe; 117 Minuten; deutscher Kino-Start: 03.10.2019; in 3D+); bei gleich sieben genannten Drehbuch-Autoren werde ich erst einmal misstrauisch von wegen – zu viele Köche verderben den Brei. Und in der Tat: diese Hollywood-Blockbuster-Produktion ist tatsächlich ein Mischmasch. Aus zwei völlig unterschiedlichen und entgegengesetzten Engagements: TECHNIK und STORY. Beziehungsweise auch gerne umgekehrt. Dazu, beinahe fassungslos, dass sich hier ein Filmkünstler wie ANG LEE beteiligt.
JEMINEI MAN (= gesprochen) ist ein belangloser Action-Streifen von ANG LEE. Der dreifache „Oscar“-Preisträger (und „Goldener Bären“- und „Goldener Löwen“-Sieger) hat sich mit Werken wie „Sinn und Sinnlichkeit“ (s. Kino-KRITIK); „Gefahr und Begierde“ (s. Kino-KRITIK); „Brokeback Mountain“ (s. Kino-KRITIK); „Taking Woodstock“ (s. Kino-KRITIK) sowie natürlich „Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger“ (s. Kino-KRITIK) verdient gemacht. Dass er sich mit solch – nochmal – belanglosem Radau befasst, hat sicherlich damit zu tun, dass im Hintergrund die reiche, mächtige chinesische Filmfirma „Alibaba Pictures Group“ und deren Beauftragter, der amerikanische Blockbuster-Produzent JERRY BRUCKHEIMER, der wiederholt mit dem US-Militär und der einheimischen Waffen-Industrie bei seinen Filmen kooperierte („Con Air“; „Pearl Harbor“), die Action-Strippen zogen. Damit der Streifen auch „äußerlich“ – geldwert – was hermacht. Denn:
„Innerlich“ wird damit geprotzt, ganz cineastisch-neu mit der Kombination 3D und HFR gehandwerkt zu haben. HFR bedeutet HIGH FRAME RATE. Dabei laufen mehr als die – bislang – obligatorischen 24 Bilder pro Sekunde: Peter Jacksons „Hobbit“-Filme kamen schon auf 48 Bilder pro Sekunde, während Ang Lee jetzt sogar mit 120 arbeitet. Allerdings: Da „so etwas“ derzeit in Deutschland im Kino noch nicht vorführbar ist, bekommen wir „Gemini Man“ in der 60er Bilder-Version zu sehen. Was die Hintergründe viel mehr in den Vordergrund rückt. Schärfer werden lässt. Was eher störend-auffällt, denn genussvoll. Wenn „Bäume“ plötzlich augen-technisch „mitspielen“.
Was mir allerdings ziemlich schnuppe ist, denn die Show, die ich dabei sehe, erlebe, hält dem technischen Spitzen-Niveau nie stand. Ganz im Gegenteil: Sie donnert und brüllt und schießt mit herkömmlicher „blinder“ Aggression. Mit einigen „007-Verfolgungsjagden“. Wobei auffällt, wie einmal mehr geradezu protzig das geballte Waffen-, also Tötungs-Arsenal vorgeführt = präsentiert wird. WILL SMITH, Jahrgang 1968, dessen Kino-(Kassen-)Blütezeit („Men In Black“; „Ali“) schon lange vorbei ist und der zuletzt nur noch Dörr-Niveau erreichte („Focus“/s. Kino-KRITIK oder „Verborgene Schönheit“/s. Kino-KRITIK), mimt einen 50-jährigen CIA-Profi-Killer. Henry Brogan. Dessen absolute Präzision „in der Branche“ geschätzt ist. Der sich aber nun aus dem Geschäft zurückziehen will. 72 Morde sind aber auch genug. Oder? Dann aber ist ER plötzlich der Gejagte. Brogan wird von einem Killer-Bübchen attackiert, das/der wie sein jüngeres Ich ausschaut. Und in der Tat: Junior ist ein Doppelgänger-Klon-Boy. Von IHM. Dafür verantwortlich: ein militärischer Biotech-Tycoon (ungewohnt farblos: CLIVE OWEN), der sich durchaus eine ganze Armee solcher Klon-Krieger vorstellen kann. Und dies demnächst verwirklichen möchte. Doch erst einmal soll das genetische Vorbild Henry – als Altlast – ausgemustert, außer Gefecht gesetzt, also abgemurkst werden. Von wegen: gestrige Augenzeugen unerwünscht. Jüngere an die Front. Die keine moralischen Fragen mehr stellen. Im Alter. Ach so ja – natürlich ist Henry nicht ganz allein als Gejagter, sondern ein kampferprobtes Mädel (MARY ELIZABETH WINSTEAD) und ein asiatischer Veteran (BENEDICT WONG) stehen ihm tapfer zur Seite. Ja doch.
Mit Hilfe der Performance-Capture-Technik, Punkte auf dem Körper, ein 3D-Modell im Computer, mimt Will Smith beide Figuren. Sich und seine jüngere Ausgabe. Das birgt zwar einen verblüffenden, dann aber auch gleich verdauten Überraschungsmoment. Danach geht’s wieder an das eingemachte Action-(Jagd-)Theater. Mit vielen Ballereien. Während die visuellen Effekte flach abfallen. Bis zum netten Finale.
Das Kino wird nicht revolutioniert, menschliche Kopien werden – vorläufig – nicht das darstellerische billigere Zepter übernehmen, sondern das Ganze stellt sich als eher langweilige Genre-Neuerung heraus. Motto: Technik voraus; Geschehen wie gehabt.
„Gemini Man“ ist der bislang schlechteste Film von ANG LEE (= 2 PÖNIs).